KENIA Fluechtlingslager Kakuma in der Turkana Region , hier werden ca. 80.000 Fluechtlinge vom UNHCR versorgt, JRS Jesuit Refugee Service, Computer Training und Fernstudium fuer Fluechtlinge / KENYA Turkana Region, refugee camp Kakuma, where 80.000 refugees receive shelter and food from UNHCR, JRS Jesuit Refugee Service, Computer Training for refugees
Digitalisierung

Digitalisierung für alle, weltweit und fair

Afrikanische Start-Ups begeistern die digitale Szene, während die meisten Menschen dort gar keinen Internet-Zugang haben. Um den digitalen Graben zu schließen, müssen arme Länder die gleichen Rechte und Hilfen haben, die reiche Länder genießen.

Digitalisierung in Afrika und Deutschland

Auf dem afrikanischen Kontinent entstehen vielversprechende digitale Initiativen, die den lang ersehnten wirtschaftlichen Aufstieg bringen könnten. Die größte Digitalisierungskonferenz re:publica hat 2018 sehr optimistisch auf den digitalen Aufbruch in Afrika geschaut. Politischer Beistand bleibt jedoch aus: Das BMZ und andere meinen, Kenia, Ghana oder Niger könne der Aufschwung von unten gelingen, allein durch unternehmerische Tätigkeit. Die Digitalisierung soll also schaffen, was noch keiner technischen Revolution zuvor gelungen war.

Dabei vertrauen selbst führende Industrie-Nationen wie Deutschland nicht darauf, den digitalen Wandel ohne staatliche Unterstützung zu schaffen. Die Unternehmen fordern große Hilfsprogramme wie den Breitband-Ausbau und den Schutz vor der Übernahme ausländischer Firmen. Andernfalls drohe Deutschland der Abstieg zu einem „digitalen Entwicklungsland“. Aber der Globale Süden soll den Entwicklungsprozess der Industrieländer einfach überspringen und gleich in der vierten industriellen Revolution landen. Bisherige Daten und Erkenntnisse machen skeptisch.

„Wir müssen die Digitalisierung fair gestalten, damit Arm und Reich nicht weiter auseinanderdriften.“

Sven Hilbig

Experte für digitale Ökonomie bei Brot für die Welt

Keine digitale Dividende für die Armen

Eine Untersuchung der Weltbank zeigt, dass die digitale Dividende aus höherem Wachstum, mehr Arbeitsplätzen und besseren öffentlichen Dienstleistungen im Globalen Süden bislang ausbleibt. Die Vorteile 4.0 kommen nur einer kleinen Gruppe Wohlhabender und gut Ausgebildeter zugute. Auch die Liberalisierung des Informationsmarkts, welche die Industrie-Nationen bereits 1995 durchgesetzt haben, hat den Süden nicht vorangebracht. Im E-Commerce-Index der UN-Organisation UNCTAD liegen die Entwicklungsländer durchgehend auf den letzten Plätzen, es fehlt vor allem die nötige Infrastruktur. In Afrika südlich der Sahara zum Beispiel haben 75 Prozent der Menschen keinen Internet-Zugang, in Niger, Burundi und dem Tschad sogar 95 Prozent. Doch es gibt auch erfolgreiche Länder.

Erfolgsrezept: staatliche Hilfe bei der Digitalisierung

Indien und China sind im Bereich Digitalisierung Ausnahme-Staaten. Ihre enormen Erfolge verdanken sie jedoch nicht dem sich selbst regulierenden Markt, sondern massiver staatlicher Unterstützung. Der Aufstieg der Stadt Bangalore zum Silicon Valley Indiens beruht ganz klar auf wirtschaftspolitischen Hilfen wie dem Aufbau von Technologieparks, Export-Anreizen und Steuer-Erleichterungen.

China war in den 1990er Jahren noch ein Niemand bei der Herstellung digitaler Waren. 2017 liegt es mit einem Marktwert von rund 13 Milliarden US-Dollar bei der Ausfuhr immaterieller Güter unangefochten an der Spitze, weit vor Deutschland (8 Milliarden US-Dollar) und den USA (6 Milliarden US-Dollar). Das Land schützte sich vor ausländischen Unternehmen, baute eine eigene digitale Infrastruktur auf und schuf erfolgreich chinesische Internet-Plattformen.

Für digitale Chancengleichheit

Politischer Rückenwind hat bereits beim analogen Handel über Gewinner und Verlierer entschieden. Deshalb benötigen wir dringend eine kooperativ ausgerichtete Handels- und Wirtschaftspolitik, die im digitalen Wettbewerb Chancengleichheit herstellt. Egal ob Industrie-Produkte oder digitale Güter, die Handelsbeziehungen müssen fairer werden. Das heißt unter anderem:

  • Aufbau einer eigenen digitalen Wirtschaft
  • Schutz der Datenhoheit eines jeden Landes
  • moderne und angepasste IT-Infrastruktur für Entwicklungsländer
  • gleicher Zugang für alle zum Internet
  • Förderung heimischer Start-Ups
  • Unterstützung traditioneller Unternehmen beim digitalen Wandel

Damit bekämen Entwicklungsländer den gleichen politischen Rückhalt wie Deutschland.

Was Brot für die Welt tut

Wir untersuchen die gegenwärtigen Auswirkungen der Digitalisierung auf den Globalen Süden und machen der Politik Vorschläge für eine zukunftsweisende und faire Digitalisierung. Zusammen mit unseren Projektpartnern bringen wir unsere Ideen auf nationaler und internationaler Ebene ein. So berät unser Partner SEATINI aus Uganda die Regierung bei Handelsabkommen und warnt sie davor, sich nationale Regelungen beim Daten-Austausch verbieten zu lassen. In Indien arbeitet IT for Change unter anderem an Rahmenbedingungen zur Kontrolle digitaler Monopole aus den USA und China. Die „Just Net Coalition“ ist ein globales Netzwerk, das sich seit Jahren erfolgreich darum bemüht, die gesellschaftliche Teilhabe benachteiligter Gruppen und Staaten zu verbessern. Sie engagiert sich beim Internet Governance Forum (IGF), einem Multi-Stakeholder Forum, das bei den Vereinten Nationen angesiedelt ist.

Was Sie tun können

Nutzen Sie freie Software. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für ein demokratisches Internet, in dem nicht einige wenige Großkonzerne dominieren und die Regeln bestimmen. Surfen können Sie zum Beispiel mit Firefox, das Web durchsuchen mit Start Page, und für Computer wie Handys gibt es das Betriebssystem Linux. Fordern Sie von Ihren Wahlkreis-Abgeordneten eine gerechte Gestaltung der Digitalisierung. Fragen Sie Ihre Vertreterinnen und Vertreter in Berlin und Brüssel, ob sie in den Debatten um die Digitalisierung auch entwicklungspolitische Anliegen verfolgen. Außerdem können Sie Brot für die Welt mit einer Spende unterstützen, damit unsere Partnerorganisationen im Globalen Süden weiter ihre wichtige Arbeit leisten können und die Länder vorankommen.

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