Verschwindenlassen
Die grausame Macht geheimer Entführungen

Wenn Menschen verschwinden, bleiben die Angehörigen in Ungewissheit zurück. Deshalb lassen viele Regime heimlich Gegner entführen und umbringen, was in den betroffenen Gesellschaften eine schwer zu greifende Angst erzeugt.
Verschwindenlassen verbreitet Angst und Schrecken
Menschen verschwinden zu lassen ist eines der grausamsten Mittel, Macht und Kontrolle auszuüben. Es verbreitet Angst und Schrecken, zermürbt die Angehörigen und gehört zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen. Es trifft in erster Linie Regime-Kritiker, politische Gegner und Menschen, die sich für ihre Rechte einsetzen, aber manchmal auch unpolitische Personen. Die Umstände des Verschwindens bleiben für die Familienangehörigen im Dunkeln, mit voller Absicht. Sie bleiben zurück, gequält von der Ungewissheit und häufig in einer wirtschaftlich prekären Lage. Obwohl man davon ausgeht, dass politische Opfer meist ermordet werden, geben die wenigsten Angehörigen die Hoffnung auf. Das macht Verschwindenlassen so grausam.
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Wer Menschen verschwinden lässt
In der UN-Resolution 47/133 von 1992 definieren die Vereinten Nationen Verschwindenlassen als Freiheitsberaubung durch Bedienstete des Staates oder Personen, die mit seiner Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung handeln. Außerdem verheimlichen die staatlichen Organe anschließend die Entführungen oder verschleiern das weitere Schicksal der Opfer, was sie dem Schutz der Gesetze entzieht und bei anderen Kritikern Angst erzeugt.
Häufig nutzen verbrecherische Regime dieses Mittel oder Konfliktparteien in Ländern, deren staatliche Ordnung sich auflöst. So sind in Syrien allein in der ersten Hälfte des Kriegs schätzungsweise 75.000 Menschen verschwunden. In Sri Lanka sind während des Bürgerkriegs zwischen dem Militär und der Rebellen-Armee „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ mehr als hunderttausend Menschen gewaltsam verschwunden. In Mexiko, wo offiziell Frieden herrscht und dennoch ein Krieg gegen die Drogen tobt, liegt die offizielle Zahl Verschwunder inzwischen auch bei mehr als Hunderttausend.
Die Verschwundenen gemeinsam suchen
In vielen Ländern Lateinamerikas haben sich Familienkomitees gegründet, um sich bei der Suche nach den Verschwundenen zu unterstützen. Gegenüber staatlichen Behörden fordern sie ihr Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit ein. Familienangehörige sind wichtig, um schnell und koordiniert nach den Verschwundenen zu suchen. Sie liefern wertvolle Hinweise, kennen die lokalen Verhältnisse und können die Opfer identifizieren. Die nötige Mithilfe des Staats sollen internationale Abkommen gegen das Verschwindenlassen verbessern. Die strafrechtliche Verfolgung der Täter und eine genaue Aufklärung der Hintergründe sind ebenfalls notwendig, denn nur so können Betroffene und Gesellschaft die Traumatisierung aufarbeiten.
Was Brot für die Welt tut
Wir unterstützen Partnerorganisationen, die gegen das Verschwindenlassen arbeiten. Auf lokaler Ebene fördern wir Projekte mit Familienkomitees und deren Zusammenschluss auf nationaler Ebene. Die Familienangehörigen erhalten zudem psychologische Begleitung. Außerdem unterstützen wir die Vernetzung von Partnerorganisationen, um Erfahrungen auszutauschen und wirksame Netzwerke zu bilden. Mit Publikationen und Pressemitteilungen erinnern wir an die Verschwundenen und analysieren die Menschenrechtslage in verschiedenen Ländern. Damit machen wir das Thema sichtbar, decken Hintergründe auf und setzen Staaten politisch unter Druck.
Was Sie tun können
Unterschreiben Sie Online-Petitionen, die sich für die Aufklärung der Schicksale Verschwundener einsetzen. Nehmen Sie an öffentlichen Erinnerungsveranstaltungen teil und besuchen Sie Ausstellungen über das Verschwindenlassen. Dadurch verleihen Sie dem Thema Gewicht und setzen so ein sichtbares Zeichen für Politiker. Und Sie können natürlich spenden. Mit Ihrer Hilfe können wir Projekte fördern, um den Kampf der Familien auf der Suche nach ihren verschwundenen Angehörigen zu unterstützen.
Material zum Mitnehmen

Verschwindenlassen in Mexiko
International spielt der mexikanische Staat die hohe Zahl der Fälle verschwundener und ermordeter Menschen herunter, ebenso die Beteiligung staatlicher Behörden. Doch die Zahl der Opfer steigt ununterbrochen und Mexikos Antwort ist absolut unzureichend. Eine beispielhafte Analyse.
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