Ein Bericht von Tobias Stelzer, Deutsches Institut für Menschenrechte
Der philippinische Staat unterdrückt Menschenrechtsverteidiger*innen
Philippinische Menschenrechtsverteidiger*innen feierten in diesem Jahr einen unerwarteten Erfolg: Der philippinische Ex-Präsident Rodrigo Duterte, verantwortlich für den Tod von über 27.000 Menschen im sogenannten „Krieg gegen die Drogen“, wurde verhaftet und dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überstellt. Die Festnahme stellt einen bedeutenden Fortschritt im Kampf gegen Straflosigkeit bei Menschenrechtsverbrechen im Inselstaat dar. Doch der geopolitische Konflikt zwischen den USA und China setzt Drittstaaten – wie auch Deutschland – unter Druck, ihre Menschenrechtspolitik auch an strategischen Interessen auszurichten.
Doch in den Philippinen kann es sehr gefährlich sein, sich für Menschenrechte einzusetzen. Ein Beispiel dafür ist die Organisation CERNET, die sich um marginalisierte ländliche Gemeinschaften kümmert. 27 ihrer Mitglieder wurden angeklagt, weil man ihnen Verstöße gegen das Terrorfinanzierungsgesetz vorwirft. Der philippinische Staat unterstellt Menschenrechtsverteidiger*innen, kommunistische Rebell*innen zu unterstützen, ein Vorgehen, das als „red tagging“ bekannt ist. Sie selbst und ihr Lebenspartner seien im Oktober 2023 von Sicherheitskräften verschleppt und erst der Druck der Zivilgesellschaft habe zu ihrer Freilassung geführt, betonte sie. Trotz dieses Falls gewaltsamen Verschwindenlassens setzt sie ihr Engagement fort. „Das Mindeste, was wir tun können, ist, unsere Stimme zu erheben“, so die Menschenrechtsverteidigerin.
Wie entwickelt sich die Menschenrechtssituation auf den Philippinen?
Die Mittel, mit denen Staaten wie Deutschland Menschenrechtsverteidiger*innen auf den Philippinen unterstützen können, seien begrenzt, argumentierte Stefan Stähle, Leiter des Referats Südostasien/ASEAN im Auswärtigen Amt, in der nachfolgenden Diskussion. Die Außenpolitik Deutschlands und der EU in Südostasien seien heute insbesondere davon bestimmt, die Staaten dieser Region im US-amerikanisch-chinesischen Konflikt im westlichen Lager zu halten beziehungsweise sie dorthin zurückzuholen. Das mache es schwieriger, Druck auf die philippinische Regierung auszuüben, indem beispielsweise Handelspräferenzen entzogen oder Sanktionen verhängt werden.
Deutschland könne allerdings direkt über die Deutsche Botschaft in der Hauptstadt Manila unterstützen. Laut Stähle hält sie die Kontakte zur Zivilgesellschaft aufrecht und berichtet über die Situation vor Ort. Zudem zeige sich die neue philippinischen Regierung unter Marcos Junior menschenrechtlich aufgeschlossener, wodurch Möglichkeiten der Einflussnahme durch bilaterale Gespräche bestehen.
Internationale Unterstützung ist weiterhin nötig
Verbesserte Möglichkeiten zum Dialog mit der Regierung von Marcos Junior sah auch Astrud Beringer. Die Koordinatorin des Aktionsbündnisses Menschenrechte – Philippinen (AMP) merkte aber auch an, dass der neue Regierungschef Chancen ungenutzt ließe, den „Krieg gegen die Drogen“ klar zu verurteilen. Die Straffreiheit für Täter*innen bleibe hoch. „Bis heute wurden nur vier Personen wegen außergerichtlicher Tötungen im Zuge des Kriegs gegen die Drogen verurteilt. Das ist bei weitem nicht ausreichend“, stellte Beringer fest. Deutschland würde sie insgesamt gern in einer noch aktiveren Rolle sehen. Das Argument, dass viele Menschenrechtsmechanismen und mögliche Sanktionen vonseiten Deutschlands und anderer Staaten wenig erfolgreich wären, zähle für sie insofern nicht, als dass diese Mechanismen auch angepasst werden können und sollten. Deutschland habe darauf Einfluss.
Internationale Unterstützung wünschte sich auch Gumanao. Menschenrechtsverteidiger*innen in den Philippinen benötigten nach wie vor internationale Aufmerksamkeit, da sie ganz auf sich allein gestellt nicht erfolgreich sein könnten, so die Aktivistin. Ein Positivbeispiel sei hier die Arbeit der Deutschen Botschaft. Externer Druck habe sich auch insgesamt als sehr effektiv erwiesen. Was philippinische Menschenrechtsverteidiger*innen aktuell brauchen würden, sei die Möglichkeit, ihre Arbeit mit den lokalen Gemeinschaften und mit Graswurzelorganisationen wieder aufnehmen zu können – und das frei von staatlicher Unterdrückung. Trotz der Herausforderungen gab sich Gumanao zuversichtlich: „Für mich gehören Menschenrechtsverteidiger*innen zu den optimistischsten Menschen überhaupt. Denn trotz all der Dunkelheit, mit der sie konfrontiert sind, sehen sie weiterhin eine lichte Zukunft vor sich.“