Reportage zur Arbeit von ICRA (Institute for Cultural Research and Action) in der Region um MagadiFoto zeigt:  Treffen einer Selbsthilfegruppe, Spargruppe von Frauen in der "tribal village" in der Region von Magadi, 70 km von Bangalore. Das Dorf Jenukallupaly ist ein tribal village, dessen Bewohner arm und marginalisiert sind. Die Frauen haben Beispiele Ihrer traditionellen Nahrung und traditionelle Heilpflanzen mitgebracht um den Besuchern zu zeigen wie sie sich ernähren und medizinisch versorgen..
Analyse

11 Schritte gegen den Hunger

Die Zahl der Hungernden ist sprunghaft gestiegen und wird sich mit jeder globalen Krise weiter erhöhen. Brot für die Welt hat zusammen mit anderen Entwicklungsorganisationen 11 Schritte benannt, die den Hunger wirksam bekämpfen.

Das Ernährungsproblem gerecht lösen

Der Hunger auf der Welt nimmt seit 2014 wieder zu, seit 2019 sogar rapide. Aktuell hungern rund 830 Millionen Menschen weltweit. Die Gründe für die Essensknappheit sind vielfältig, etwa der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und zunehmende Dürren wegen der Klimakrise. Jede Krise macht aufs Neue deutlich, wie anfällig das globale Ernährungssystem ist, jedes Mal geraten weitere Millionen marginalisierter und armer Menschen in Not. Um diese Entwicklung dauerhaft umzukehren, muss eine nachhaltige Lösung der Welternährungsprobleme her. Deshalb fordern wir von Brot für die Welt die UN und die Bundesregierung auf, die folgenden 11 Empfehlungen umzusetzen und so die politischen Voraussetzungen zu schaffen, um die globalen Ernährungssysteme grundlegend umzugestalten. Sie müssen ökologisch, gerecht, gesund und demokratisch werden.

1. Mit Menschenrechten gegen den Hunger

Die Verwirklichung der Rechte von ausgegrenzten und benachteiligten Menschen muss an erster Stelle stehen. Dafür muss den Hungernden und Fehlernährten die Rolle von aktiv handelnden Subjekten der Hungerbekämpfung zugestanden werden: Nach dem Grundsatz „Nichts über uns ohne uns“ müssen alle Förderansätze an den realen Bedürfnissen der verletzlichen Gruppen ausgerichtet werden.

2. Agrarökologie statt Agrobusiness fördern

Die Bundesregierung muss den Aufbau von ökologischen, gerechten und widerstandsfähigen Ernährungssystemen auf lokaler und regionaler Ebene unterstützen, die die Interessen von Kleinbäuerinnen und Arbeitern vor die Profit-Interessen der Agrar- und Lebensmittelindustrie stellen. Bäuerliche Betriebe könnten so erhalten und Arbeitsplätze geschaffen werden. Jugendliche würden eine Lebensperspektive auf dem Land bekommen. Das BMZ sollte deshalb systematisch agrarökologische Ansätze fördern.

3. Land umverteilen statt Landbesitz konzentrieren

Land ist Leben. Es bildet eine wichtige Grundlage für das Recht auf Nahrung sowie für das Recht auf wohnen, auf Wasser und auf ein Leben in Würde. Land sollte keine Ware und schon gar keine Kapitalanlage sein, das gilt für Städte. Die Konzentration von Landbesitz hat in den vergangenen Jahren wieder rasant zugenommen und Land ist extrem ungleich verteilt. Ein Prozent der Betriebe Lateinamerikas verfügt über genauso viel Land wie die restlichen 99 Prozent. Frauen verfügen über weniger Land als Männer. Diese Landprobleme hängen auch damit zusammen, dass die Entwicklungshilfe in den vergangenen zehn Jahren verstärkt großflächige Landinvestitionen gefördert hat. Das BMZ sollte menschenrechtsbasierter Landpolitik endlich wieder eine zentrale Bedeutung beimessen.

Dauerhaft helfen mit einer Patenschaft

4. Saatgut-Vielfalt statt Gentechnik und Patente

Die Grüne Revolution und der Einsatz von Gentechnik fördern die Uniformität beim Saatgut und im Anbau, die biologische und genetische Vielfalt gehen dabei verloren. Patent- und Saatgutgesetze schützen Konzernprofite und können kleinbäuerliche Erzeuger daran hindern, Saatgut zu erhalten, zu handeln und zu tauschen und einen Teil ihrer Ernte als Aussaat für die nächste Ernte zu verwenden. Dabei stammt mehr als 80 Prozent des Saatguts für den Anbau von Lebensmitteln im globalen Süden von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Die Bundesregierung sollte den Erhalt der biologischen Vielfalt und der Saatgutvielfalt ins Zentrum ihrer Anstrengungen stellen und den Anbau von traditionellen Sorten finanziell fördern.

5. Agrarökologie statt Klima anheizen durch Agrobusiness

Die industrialisierte Landwirtschaft und der weltweite Handel mit Agrar-Rohstoffen gefährden das Klima: In den vergangenen Jahren wurde die Anbaufläche vor allem für Soja und Palmöl immer weiter ausgeweitet. Beim Anbau von Futtermitteln für die Massentierhaltung und anderen Agrar-Rohstoffen kommen gewaltige Mengen an chemisch-synthetischem Mineraldünger und Pestiziden zum Einsatz, die unter dem Einsatz von fossiler Energie gewonnen werden. Noch immer werden tropische Regenwälder und andere ökologisch wertvolle Gebiete in Ackerflächen und Plantagen für diese klimaschädliche Art der Landwirtschaft umgewandelt. Dabei könnte eine andere Landbewirtschaftung das Gegenteil bewirken und erheblich zum Klima- und Biodiversitätsschutz beitragen. Bei agrarökologischen Ansätzen wird vielfältiges Saatgut eingesetzt, die Bodenfruchtbarkeit verbessert und Humus im Boden aufgebaut. Das bringt viele Vorteile: stabilere Ernten, weniger Krankheits- und Schädlingsdruck, eine verbesserte Wasserregulierung und mehr gespeicherter Kohlenstoff im Boden. Die Bundesregierung sollte sich deswegen national und international für Agrarökologie als zentrales Förderkonzept bei Klimaschutz und Klimaanpassung im Agrar- und Ernährungsbereich einsetzen.

6. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen statt Hungerlöhne

Weltweit leiden viele Landarbeiterinnen und -arbeiter unter katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen und sind hochgefährlichen Pestiziden ausgesetzt. Viele sind weder sozial abgesichert noch staatlich registriert. Oft werden sie unterdrückt, sobald sie sich in Gewerkschaften oder anderen Organisationen zusammenschließen. Sie gehören zu den ärmsten Menschen im ländlichen Raum, und viele von ihnen hungern – obwohl sie dort leben, wo Lebensmittel produziert werden oder diese gar selbst für internationale Märkte produzieren. Selbst in Hochlohnländern wie Deutschland sind Landarbeiter billige Produktionsfaktoren, die oft aus Osteuropa kommen. Das BMZ sollte sich zunehmend für existenzsichernde Löhne in der Landwirtschaft einsetzen. Entscheidend ist ein Dialog mit Agrar-Gewerkschaften vor Ort, der bislang vernachlässigt wird.

7. Nachhaltige Ernährungssysteme statt Abhängigkeit vom Weltagrarmarkt

Der forcierte Abbau von Schutzzöllen und die marktradikale Freihandelspolitik haben viele Länder des globalen Südens abhängig von Nahrungsmittelimporten und dem Weltagrarmarkt gemacht. Das hat lokale Ernährungssysteme zerstört und kleinbäuerliche Erzeugerinnen und Viehhalter verdrängt, die für den lokalen Markt produzierten. Gleichzeitig hat die Macht von multinationalen Konzernen zugenommen, sie kontrollieren wichtige Märkte vom Acker bis zur Ladentheke. Zudem schafft die Politik Anreize für bäuerliche Erzeuger, sich auf einzelne Agrarprodukte für den Export zu spezialisieren, statt die einheimische Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen. Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine haben gezeit, wie wichtig eine stabile und krisensichere Versorgung mit gesunden Lebensmitteln für eine gute Ernährung ist. Es müssen daher – bei uns und weltweit – politische Anreize geschaffen werden für regionale und ökologische Wertschöpfungsketten sowie existenzsichernde Preise.

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8. Gerechter Agrarhandel statt neo-liberale Handelspolitik

Seit Jahrzehnten treiben Internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Welthandelsorganisation sowie Regierungen in Industrie- und Schwellenländern auf allen Ebenen eine neo-liberale Handelspolitik voran, die an den Interessen der großen Konzerne ausgerichtet ist und die soziale Ungleichheit verschärft. Es sollten aber alternative Ansätze entwickelt werden, die den Handel mit Gütern auf ein Niveau beschränken, das die planetarischen Grenzen ebenso respektiert wie die Menschen- und Arbeitsrechte.

9. Vorrang der Menschenrechte vor Profitgier, Nahrungsmittelspekulation und Schuldendienst

Mit Essen spielt man nicht! Das gilt bei den Warenterminmärkten spätestens seit Anfang 2000 nicht mehr. Agrarkonzerne, Hedge- und Investmentfonds und andere Finanzakteure spekulieren mit Lebensmitteln oder Land. Die EU hat mit einer Finanzmarktrichtlinie zwar den Wertpapierhandel reguliert, doch diese Regelung enthält zu viele Schlupflöcher. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die Schlupflöcher geschlossen und niedrigere Positionslimits festgelegt werden, das heißt die maximal erlaubte Anzahl von Warenterminkontrakten für den Handel mit einer bestimmten Ware herabgesetzt werden. Entwicklungsinstitutionen wie die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG sollten ihre Beteiligung an Investmentfonds, die mit Landbesitz spekulieren, einstellen. 

Bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie war die Verschuldungssituation in 124 von 154 untersuchten Entwicklungs- und Schwellenländern kritisch. Der Zusammenbruch der Wirtschaft, Rezessionen und die Kapitalflucht in sichere Währungen schränken die Handlungsfähigkeit vieler Länder noch weiter ein. Die verschuldeten Länder haben beispielsweise zu wenig Spielraum für Investitionen in Gesundheitsversorgung, Bildung und soziale Absicherung. Die Bundesregierung sollte deswegen ärmeren Ländern alle Schuldendienstzahlungen für einige Jahre erlassen und den Vorrang der Menschenrechte über den Schuldendienst anerkennen. Außerdem sollte sie sich ebenso für ein faires und geordnetes Staateninsolvenzverfahren unter dem Dach der UN einsetzen.

10. Rechte von Frauen stärken statt patriarchale Strukturen

Überall auf der Welt sichern vor allem Frauen die Ernährung ihrer Familien. Trotzdem sind Bäuerinnen oft nicht anerkannt, weil Landwirtschaft weltweit männlich geprägt ist. Patriarchale Strukturen erschweren oder unterbinden gar ihre Teilhabe und machen die Arbeit der Frauen unsichtbar. Die damit verbundene strukturelle Benachteiligung verhindert, dass Frauen all ihre Potenziale und Fähigkeiten zur Überwindung des Hungers einsetzen können. Das BMZ sollte aus der Geschichte des Hungers lernen und mehr investieren in Projekte, die schwerpunktmäßig Frauen fördern, vor allem im Agrarbereich.

11. Soziale Sicherung ausbauen

Die internationale Gemeinschaft hat sich dazu verpflichtet, sozialen Basisschutz für alle Menschen sicherzustellen. Nur 0,23 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts wären notwendig, um soziale Grundsicherung in den 57 Ländern mit niedrigstem Einkommen sicherzustellen und damit allen Menschen in diesen Ländern auf dem Land und in der Stadt das Recht auf Nahrung zu gewährleisten. Doch dieses Ziel wird bislang verfehlt. Noch immer verdienen viele Menschen zu wenig Geld, um sich und ihre Familien zu ernähren, insbesondere jene, die im informellen Sektor arbeiten, im Arbeitsleben diskriminiert werden und aufgrund einer Behinderung oder ihres Alters keine Arbeit finden oder nicht mehr arbeiten können. Deshalb muss man das Recht auf soziale Sicherheit und das Recht auf Nahrung zusammen betrachten. Um allen den Zugang zu angemessener und ausreichender Nahrung flächendeckend und situationsunabhängig sicherzustellen, sind rechtebasierte, universelle soziale Sicherungssysteme unabdingbar.

Fragen und Antworten

Material zum Mitnehmen

Hunger abschaffen in 11 Schritten

Unser Positionspapier für eine bessere Welternährung stellt elf klare Forderungen, um den Hunger in der Welt bis 2030 abzuschaffen.

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