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Agenda 2030 UN-Nachhaltigkeitsbericht 2020 Sustainable Development Goals Report

Der neuen UN-Nachhaltigkeitsbericht der Agenda 2030 stellt fest: Mehr als 90% der Covid-19-Infektionen finden sich in den Städten dieser Welt. Gleichzeitig wird vor allem durch die Corona-Pandemie die Zahl der Menschen, die unter extremer Armut leiden, wieder steigen – um 71 Millionen.

Von Dr. Luise Steinwachs am
informal settlement

Zur Eröffnung der High Level Political Forum HLPF wurde der neue Fortschrittsbericht zur Erreichung der Agenda 2030 am 7. Juli 2020 in New York vorgestellt. Insbesondere durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die die strukturellen Probleme umso deutlicher werden lassen, rückt die Erreichung vieler Ziele in weite Ferne.

Die Armut steigt wieder

Das gab es seit 1998 nicht mehr – einen Anstieg der globalen Armut. Dies trifft besonders Personen, die informell ihr Einkommen erwirtschaften. Die Hälfte der weltweit arbeitenden Bevölkerung lebt von informellem Einkommen – 1,6 Milliarden Menschen, so der Sustainable Development Goals Report 2020 (SDGR), der jährliche Nachhaltigkeitsbericht der Vereinten Nationen. Genau dieses informelle Einkommen ist durch die Corona-Pandemie besonders gefährdet. Zwar ist der höchste Grand an Informalität von Arbeit in der Landwirtschaft zu finden (mehr als 90 Prozent), doch da die Pandemie vor allem das städtische Leben betrifft, leiden hier auch besonders viele Menschen unter den verheerenden Auswirkungen. Insbesondere die städtische Bevölkerung, die in slums und unter beengten und gesundheitsschädigenden Verhältnissen lebt, ist besonders betroffen. Der Schutz vor einer Ansteckung ist so gut wie unmöglich. Die Pandemie trifft genau diese Menschen – eine Milliarde – am härtesten.

Die Urbanisierung schreitet voran

Das schnellste Städtewachstum findet in Afrika und Asien statt – genau hier wird laut SDGR auch die Zunahme extremer Armut erwartet: 32 Millionen Menschen in Südasien, 26 Millionen in Sub-Sahara-Afrika werden in die extreme Armut - die Verfügbarkeit von weniger als 1,9 USD pro Tag (Kaufkraftparität) - geraten. Zwar konnten in den Jahren 2000 – 2014 Erfolge erreicht werden, so dass durch das Zusammenwirken von nationalen und städtischen Regierungen der Anteil der städtischen Bevölkerung, der in slums leben muss, von 28 auf 23 Prozent fiel. Diese Entwicklung hat sich inzwischen wieder umgekehrt: In 2018 waren es wieder 24 Prozent, vor allem durch das Wachstum in Nordafrika, im westlichen Asien und in Sub-Sahara-Afrika. Das Wachstum findet schneller statt als die Entwicklung der entsprechenden Infrastruktur und Services wie Wohnungen, Straßen, Sanitärversorgung, Strom, Wasser.

Der Zugang zu Wasser ist entscheidend

Das Händewaschen ist eine der einfachsten und effektivsten Maßnahmen zur Bekämpfugn der Pandemie. Wie der SDGR 2020 feststellt, hatten in 2017 lediglich 60 Prozent der Menschen weltweit in ihrem Zuhause die Möglichkeit, sich mit Wasser und Seife die Hände zu waschen. In armen Ländern waren es sogar nur 28 Prozent, das heißt, 3 Milliarden Menschen hatten keine Möglichkeit, sich die Hände zu Hause zu waschen, in Sub-Sahara Afrika sogar 75 Prozent. Und selbst in Gesundheitseinrichtungen sind Wasser und Sanitärversorgung keine Selbstverständlichkeit. Eine von vier Gesundheitseinrichtungen hatte keine Basiswasserversorgung, eine von fünf keine Sanitärversorgung und zwei von fünf keine Seife und Wasser oder andere Möglichkeiten zur Reinigung (alkoholbasiert).

Der Hunger nimmt weiter zu

Durch die Vorschriften zur Eindämmung des Virus‘ mussten vielen Unternehmen und lokale Märkte schließen – auch Nahrungsmittelmärkte. Kleinbäuerliche Erzeuger können ihre Produkte nicht verkaufen, und die Ernährungsunsicherheit steigt weiter an. Der aktuelle Bericht stellt fest, dass zwischen 40 und 85 Prozent der Nahrungsmittel in Afrika, Asien und Lateinamerika durch kleinbäuerliche Betriebe erzeugt werden. Durch den Rückgang der Produktion, durch die Unterbrechung der Lieferketten und die Schließung von Märkten wird die ohnehin schon seit einigen Jahren andauernde Verschärfung des Hungers weltweit andauern. Heute leidet ein Viertel (24.4%) der Bevölkerung Sub-Sahara-Afrikas unter Hunger („severe food insecurity“), weitere 33 Prozent haben nicht ausreichend zu essen oder nur Essen sehr mangelhafter Qualität und in unregelmäßiger Verfügbarkeit.

Notwendig sind soziale Sicherungssysteme

Die Corona-Pandemie macht in vielen Bereichen extrem deutlich, was ohnehin schon bekannt ist: Für die Sicherung der Lebensgrundlagen ist Solidarität unabdingbar - soziale Sicherungssysteme. Und auch wenn dies schon lange klar ist, hat es noch nicht dazu geführt, dass solche Systeme tatsächlich kreiert werden. In 2016 hatten 55 Prozent – ca. 4 Milliarden Menschen – keinerlei Zugang zu sozialen Sicherungssystemen. 22 Prozent der weltweiten Beschäftigten hatten eine Arbeitslosenversicherung – in Sub-Sahara-Afrika nur 3 Prozent.

Wie weiter?

Die Agenda 2030 wurde 2015 erarbeitet, die Ziele gesteckt, die Wege dahin definiert. Jedes Jahr findet auf dem HLPF ein umfassendes Monitoring statt mit Berichten, Themenveranstaltungen, Diskussionen. Auch im letzten Jahr – vor Corona – waren schon viele Entwicklungen bedenklich, gingen in die falsche Richtung. Der auf dem Nachhaltigkeitsgipfel 2019 in New York vorgestellte umfassende Bericht (Global Sustainable Development Report) zeigte dies eindringlich auf. Nun wieder ein neuer Bericht – in Zeiten von Corona. Viele Lebensbereiche verschlechtern sich in unerwartetem Maße, doch letztendlich nicht wirklich überraschend. Denn die Auswirkungen der Pandemie zeigen nur noch klarer, wo die weltweiten Lebens- und Wirtschaftsweisen destruktiv sind - für Mensch und Natur. Vielleicht macht die Corona-Krise endlich deutlich, dass es Zeit ist für Veränderung, für scharfe Analyse, für grundlegenden Wandel.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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