„Financing sustainable urban future for all", Finanzierung einer nachhaltigen städtischen Zukunft für alle, – unter diesem Motto wurde der diesjährige „Urban October“ der Vereinten Nationen ausgerufen. Ziel dieser Initiative ist eine generelle Stärkung der Widerstandkraft städtischer Ökonomien. Städte sollen in die Lage versetzt werden, die Folgen der Krisen abzumildern, die durch COVID 19, den Klimawandel und zunehmende weltweite Konflikte ausgelöst werden. Gleichzeitig sollen sie auf zukünftige Krisen besser vorbereitet sein. Davon soll die gesamte Bevölkerung profitieren, die in den Städten lebt und arbeitet.
Nachhaltige Stadtentwicklung kostet Geld
Städte brauchen viel Geld, um dies zu erreichen. Das elfte Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen zur Stadtentwicklung gibt vor, dass bis 2030 allen Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern der Zugang zu angemessenem und bezahlbarem Wohnraum, zu Wasser, Elektrizität und öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werden soll. Dafür wird für den Zeitraum von 2020 bis 2030 ein Finanzbedarf von mindestens 38 Billionen Euro veranschlagt. Zwar sind auch Maßnahmen zum Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels Teil dieses Nachhaltigkeitsziels, die zunehmend notwendigen Ausgaben in den klimawandelbedingten Katastrophenschutz sind in dieser Kalkulation jedoch nicht enthalten.
Ruinöser Wettbewerb um private Investoren
Viele Städte setzen auf privates Kapital, um Investitionen in Stadtentwicklungsprojekte im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften durchführen zu können. Dabei kommt es oft zu einem ruinösen Wettbewerb unter den Städten. Um die attraktivsten Bedingungen für private Investoren bereitzustellen, bieten sie Steuererleichterungen, stellen staatliche Infrastruktur kostenlos zur Verfügung oder veräußern besonders attraktive Grundstücke zu geringen Preisen. Davon profitieren insbesondere weltweit agierende Pensionsfonds und börsennotierte Aktienunternehmen, deren Zweck und Daseinsberechtigung es ist, hohe Renditen zu erzielen. Ihre Aktivitäten sind darauf ausgerichtet, Werte aus von ihnen finanzierten Projekten abzuschöpfen, um sie an ihre Geldgeber auszuzahlen. Für eine Orientierung am Gemeinwohl bleibt dabei wenig Raum.
Städtische Wertschöpfung muss dem Gemeinwohl dienen
Um einem Ausverkauf der Städte entgegenzuwirken, sollten sich Stadtparlamente dafür einsetzen, dass die städtische Wertschöpfung für gemeinwohlorientierte Zwecke genutzt wird. Ein effizientes Mittel dafür sind fiskalische und ordnungspolitische Maßnahmen, die sich auf das städtische Landmanagement beziehen. Sie sind in der fachlichen Diskussion unter dem Namen „land-based value capture“ zusammengefasst und basieren auf der Idee, dass Steigerungen der Bodenpreise, die durch staatliche Investitionen in städtische Infrastruktur oder in den Klimaschutz entstehen, wieder in das Stadtbudget zurückfließen und für eine nachhaltige Stadtentwicklung nutzbar gemacht werden. Wenn beispielsweise ein Busbahnhof aus städtischen Mitteln finanziert wird und dadurch die Bodenpreise und Geschäftsmieten in der Umgebung steigen, sollte ein Teil der zusätzlichen Gewinne von den städtischen Verwaltungen zurückgefordert werden.
Eindämmung von Gebäude- und Baulandspekulation
In peri-urbanen und urbanen Räumen unterliegen Gebäudebestände und Bauland einer permanenten Preissteigerung, die die Spekulation mit diesen Wirtschaftsgütern anheizt. Folge dieser Spekulationen sind rasant steigende Mieten und Gebäudepreise und der Verlust von Land, welches besonders in den städtischen Grüngürteln des Globalen Südens für die städtische Nahrungsmittelproduktion gebraucht wird. Dadurch verteuern sich Mieten und in den Südmetropolen auch die Nahrungsmittelpreise. Einkommensschwache Städterinnen und Städter, Gewerbetreibende und soziale Einrichtungen geraten unter enormen finanziellen Druck.
In den Städten des Globalen Südens sind sie kaum in der Lage, Steuern oder Abgaben für Infrastrukturmaßnahmen zu bezahlen und abhängig von staatlichen Subventionen. Durch eine hohe Besteuerung von brachliegendem Land oder Gebäudeleerstand und durch Transaktionssteuern auf häufige Land- und Gebäudeverkäufe kann Spekulation als Gewinnmaximierungsstrategie eingedämmt werden. Gleichzeitig wird den Städten eine weitere landbasierte Einkommensquelle erschlossen.
Städte als starke Akteure in städtischen Land- und Gebäudemärkten
Zentral für die Teilhabe an städtischer Wertschöpfung ist jedoch, dass die Städte selber als starke Akteure an städtischen Boden- und Gebäudemärkten beteiligt sind. Dafür müssen sie über einen hohen Anteil an städtischem Gebäude- und Landeigentum verfügen. Städte können so Einkommen generieren und Einfluss auf städtische Miet- und Bodenpreise nehmen, sie können aber auch wertvolles Ackerland vor Umwidmung in Bauland schützen. Zusätzlich können sie für die einkommensschwache Stadtbevölkerung und für soziale Einrichtungen Mietraum bereitstellen und Land für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stellen. Einkünfte aus besonders lukrativen Geschäftsbezirken können dabei kostenintensive Stadtentwicklungsprogramme querfinanzieren.
Sicher ist: Der Markt allein regelt die massiven Finanzierungsprobleme der Städte nicht. Um eine größere Gemeinwohlorientierung der Städte zu erreichen, braucht es systemische Veränderungen der Stadtfinanzierung. Erforderlich sind ein starker politischer Wille der Stadtparlamente, Durchhaltevermögen und die Risikobereitschaft, sich über regulatorische und fiskalische Maßnahmen dem Einfluss von Großinvestoren zu entziehen. Besonderes Augenmerk muss auf die Stärkung der städtischen Verwaltungen gelegt werden, um diese in die Lage zu versetzen, entsprechende Programme und Maßnahmen professionell durchzuführen.