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Freiwilligkeit ist bei Gesundheit keine Option

Auch zukünftig setzen die G7-Staaten bezüglich der Versorgung mit Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten gegen Covid-19 auf die Freiwilligkeit von Pharmakonzernen – auf Kosten der Gesundheit von Millionen Menschen im globalen Süden.

Von Mareike Haase am
Eine aufgezogene Spritze einer Impfdosis

Impfaktion in Guatemala.

Zwar beschlossen die G7-Gesundheits- und Entwicklungsminister*innen in ihrem gemeinsamen Vortreffen, die „Unterstützung von Impfgerechtigkeit und Pandemievorsorge in Entwicklungsländern“. Erforderliche Maßnahmen dafür bleiben allerdings weitgehend aus. Wohin die bisherige Politik der G7 führt, zeigen die letzten zwei Jahre: große Impfungerechtigkeit. Denn nach Meinung der G7 dürfen Pharma-Unternehmen selbst entscheiden, an wen sie Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente verkaufen, wie viel sie davon produzieren und ob sie das Knowhow zur Herstellung mit anderen teilen. Dadurch konnte die Produktion der notwendigen Produkte bisher nicht ausreichend verstärkt werden, mit all den Folgen für die weltweite Verfügbarkeit.

Dabei haben Pharmaunternehmen insgesamt Milliarden öffentlicher Gelder für die Entwicklung und die Herstellung von Arzneimitteln gegen Covid-19 erhalten und konnten für die mRNA-Impfstoffe auf Ergebnisse der jahrzehntelangen Forschung an öffentlichen Einrichtungen zurückgreifen. Trotz dieser massiven Unterstützung mit Fördermitteln, profitiert die öffentliche Gesundheit nur in Maßen. Es ist dringend an der Zeit, das Medikamentensystem an die weltweiten Gesundheitsbedürfnisse anzupassen und den Zugang zu Arzneimitteln anders zu regeln.

Pharmakonzerne teilen nicht freiwillig

Appelle von Regierungen und der WHO an Pharmaunternehmen, die Produktion aller Covid-19 Gesundheitstechnologien durch freiwillige Kooperationen wie die Weitergabe von Knowhow und Technologien auszuweiten, sind weitgehend verpufft. Weiterhin gibt es weder verlässlichen Nachschub an Vakzinen, noch sind Diagnostika oder Medikamente ausreichend verfügbar. Besonders Menschen in wirtschaftlich ärmeren Ländern bleiben unversorgt.

Es wäre aber zu einfach, die Verantwortung auf Pharmaunternehmen abzuwälzen, die qua Mandat dazu verpflichtet sind, Profite zu erwirtschaften. Die Verantwortung liegt besonders bei Regierungen, die richtigen politischen Vorgaben an Unternehmen zu machen. In der Verlautbarung der G7 Gesundheits- und Entwicklungsminister*innen findet sich dazu jedoch nichts. Vielmehr ist zu lesen, dass die G7 „die Rolle, die pharmazeutische Betriebe beim freiwilligen Technologietransfer und der Zulassung spielen können erörterten“.

Fehler im globalen Medikamentensystem

Dabei weist die Covid-19-Pandemie auf grundsätzliche Fehler im globalen Medikamentensystem hin. Für viele Arzneimittel gilt, dass sie zu teuer für ärmere Regionen sind, wenn sie dort überhaupt vermarktet werden. Und selbst in der EU kommen Gesundheitssysteme zunehmend an die Grenzen der Finanzierbarkeit, was Beispiele wie Sofosbuvir, ein Medikament gegen Hepatitis C, oder einige Krebsmedikamente zeigen. Die Preise für Medikamente sind in der Regel nicht nachvollziehbar, Unternehmen müssen die Preisgestaltung nicht darlegen. Allerdings werden die meisten medizinischen Innovationen durch die öffentliche Hand mitfinanziert sind, sei es durch konkrete Förderung einzelner Produkte oder dadurch, dass der Großteil der Grundlagenforschung an öffentlichen Institutionen stattfindet. Die öffentliche Hand bezahlt Medikamente somit doppelt, durch die Bezuschussung der Entwicklung und den späteren Kauf für die Versorgung der eigenen Bevölkerung. Gewinne aus den Innovationen hingegen werden privatisiert, ebenso Entscheidungen über Vertrieb, Preissetzung und Produktionsmengen.

Dieses System ist besonders in einer globalen Gesundheitskrise unzureichend. Statt in einer Krisensituation kostbare Zeit und Menschenleben durch Verhandlungen über Patentfragen zu verlieren, sollten Regierungen vorausschauend handeln. Dazu gehört, in den nationalen Förderrichtlinien festzulegen, dass immer dann, wenn öffentliche Gelder in die Entwicklung von Arzneimitteln investiert werden, bestimmte Bedingungen für den späteren Zugang zu diesen Produkten geknüpft sind. Diese können unter anderem sein:

  • Gesundheitstechnologien müssen zugänglich, verfügbar und erschwinglich sein. Öffentlich geförderte Forschung und Entwicklung muss zu Gesundheitstechnologien führen, die für diejenigen, die sie benötigen, rechtzeitig zugänglich und verfügbar sind und in angemessener Menge und Preis zur Verfügung stehen.
  • Umfassende Transparenz muss gewährleistet sein, sodass Forschung und Entwicklung, ihre Finanzierungsprozesse und die Preise der daraus resultierenden Technologien, sowie Abnahmeverträge, nachvollzogen und bewertet werden können.
  • Eigentum an den Produkten, wie Patentrechte, muss im Sinne der öffentlichen Gesundheit geregelt sein. Es sollten verschiedene Formen der Verwaltung und Lizenzierung von geistigem Eigentumsrechten in Erwägung gezogen werden, wie eine Veröffentlichung von Daten und Informationen, nicht-exklusive Lizenzierungen an anderen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen, Schenkung von geistigem Eigentum und Beteiligung an öffentlichen Patentpools, wie C-TAP oder dem mRNA-Hub. Dies gilt besonders im Falle einer Gesundheitskrise wie Covid-19

Deutschland als Vorreiter?

Laut deutschem Förderrecht wäre es möglich, entsprechende Bedingungen an die Vergabe öffentlicher Mittel für Arzneimittel zu knüpfen. Die Bundesregierung sollte davon Gebrauch machen und auch in der Runde der G7 entsprechende Entwicklungen anstoßen. Schließlich gibt es mit dem aktuell bei der WHO verhandelten Pandemievertrag und der Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften zwei globale Regulierungsprozesse, bei denen genau dies Kernelement der Verhandlungen sein wird. Im Mai auf der Weltgesundheitsversammlung hat eine Vielzahl von Regierungen darauf gedrängt, dass sich solche strukturelle Ungerechtigkeiten wie aktuell in der Pandemie nie wiederholen dürften. Die G7 haben die Verantwortung, genau das sicherzustellen.

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