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UN-Steuerkonvention für ein faires Steuersystem

Mit der Steuerrahmenkonvention verhandeln Staaten Fragen der internationalen Steuerkooperation zum ersten Mal formal gleichberechtigt unter dem Dach der Vereinten Nationen. Die dritte Verhandlungsrunde fand vom 10. bis 19. November in Nairobi statt. Seit Jahrzehnten setzt sich die Zivilgesellschaft für einen solchen inklusiven multilateralen Rahmen ein.

Von Ute Straub am

Zum ersten Mal fanden globale Steuerverhandlungen auf dem afrikanischen Kontinent statt. Bisher wurde internationale Steuerpolitik vor allem in der OECD verhandelt – hinter verschlossenen Türen und in einem exklusiven Teilnehmerkreis. Die Architektur des internationalen Steuersystems gilt als dysfunktional und ungerecht. Schätzungen zufolge sind öffentlichen Haushalten allein in den Jahren 2016 und 2021 insgesamt rund 475 Milliarden US-Dollar entgangen – vor allem durch Steuervermeidung multinationaler Konzerne. Ziel der UN-Verhandlungen ist daher ein globales Steuersystem, das Steuerhinterziehung und Steuervermeidung großer Unternehmen sowie sehr wohlhabender Privatpersonen wirksamer begrenzt. So sollen zusätzliche inländische Einnahmen für öffentliche Aufgaben wie Bildung, Gesundheit, soziale Sicherung und die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) mobilisiert werden.

Viele Staaten des Globalen Südens, die unter erheblichen Finanzierungsengpässen leiden, verbinden mit der Steuerrahmenkonvention die Hoffnung auf mehr fiskalische Souveränität. Aber auch Industrieländern entgehen jährlich hohe Summen, die für die Finanzierung des Wohlfahrtsstaates fehlen. Der aktuelle „State of Tax Justice Report“ zeigt, dass etwa die USA zu den Hauptverlierern aggressiver Steuervermeidungspraktiken gehören. Doch die USA sind an der UN-Steuerkonvention nicht beteiligt. Nach ihrem Rückzug aus dem sogenannten Inclusive Framework der OECD haben sie sich auch aus diesem Prozess zurückgezogen.

Faire Verteilung der Besteuerungsrechte

Ein inhaltlicher Schwerpunkt in Nairobi war die Frage, wie Besteuerungsrechte zwischen Staaten verteilt werden. Der Entwurf von Artikel 4 der Konvention sieht vor, dass Staaten Einkommen dort besteuern, wo wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden, Wertschöpfung erfolgt, Märkte bestehen oder Einkommen entsteht. Die internationale Zivilgesellschaft drängt in diesem Zusammenhang auf die Einführung eines internationalen Systems zur Besteuerung multinationaler Unternehmen auf der Grundlage ihrer weltweiten konsolidierten Gewinne, wobei die Besteuerungsrechte im Sinne einer Gesamtkonzernsteuer auf der Grundlage einer vereinbarten Formel fair zwischen den Staaten aufgeteilt werden sollen.

Dies würde die bisherige Praxis verändern, bei der Besteuerungsrechte häufig an den formalen Sitz multinationaler Unternehmen gekoppelt sind, obwohl Umsatz und Beschäftigte an anderen Orten stattfinden. Eine stärkere Orientierung an wirtschaftlicher Aktivität könnte insbesondere rohstoffexportierenden und konsumstarken Ländern des Globalen Südens ermöglichen, sich besser gegen Gewinnverschiebung und Steuerunterbietungswettläufe zu schützen.

Besteuerung von Superreichen: Fokus auf Transparenz

Artikel 5 des Konventionsentwurfs adressiert die Besteuerung sogenannter „High-Net-Worth Individuals". Diskutiert werden Mechanismen für einen erweiterten Informationsaustausch über Vermögen, Einkommen und grenzüberschreitende Transaktionen sehr vermögender Personen. Ziel ist, Strukturen aufzubrechen, in denen Vermögen über Stiftungen, Trusts und Briefkastengesellschaften schwer nachvollziehbar gehalten werden.

Empirische Analysen zeigen, dass sehr hohe Vermögen oft deutlich niedriger besteuert werden als mittlere und niedrige Einkommen. Es bedarf verbindlicher Transparenz- und Kooperationsstandards wie die öffentliche länderbezogene Berichterstattung (pCbCR) und den Aufbau eines globalen Vermögensregisters, um Steuervermeidung zu begrenzen und Einnahmebasen zu verbreitern. Die Debatte verdeutlicht, dass Transparenzanforderungen in diesem Bereich als sensibel gelten – aber ohne eine verbesserte Datenlage können Schlupflöcher nicht geschlossen werden.

Illegitime Finanzflüsse und schädliche Steuerpraktiken

Artikel 6 des Entwurfs befasst sich mit Transparenz, länderbezogener Berichterstattung und der Bekämpfung illegaler Finanzströme sowie schädlicher Steuerpraktiken. In Nairobi traten hierbei unterschiedliche Positionen zutage:

  • Vertreter*innen des Globalen Südens halten an einer breit gefassten Definition schädlicher Steuerpraktiken und illegitimer Finanzströme im Sinne des Mbeki Panels (eine Expert*innenkommission der Afrikanischen Union und der UN) fest, um aggressive Steuerplanung, Sonderregime und intransparente Strukturen zu begrenzen.
  • Länder des Globalen Nordens betonen die Notwendigkeit der Abstimmung mit bestehenden OECD-Standards und warnen vor Doppelstrukturen.

Im Kern geht es darum, ob die UN-Steuerkonvention eigenständige, verbindliche Mindeststandards setzen soll oder vor allem vorhandene Regelwerke bündelt, ohne substanzielle Änderungen an Macht- und Verteilungsstrukturen im internationalen Steuersystem herbeizuführen.

Es braucht politische Weichenstellungen für eine starke Konvention

Die im Januar 2025 von der UN-Generalversammlung beschlossenen „Terms of Reference“ der Steuerkonvention sehen vor, internationale Steuerkooperation stärker an nachhaltiger Entwicklung zu orientieren. In diesem Sinne ist es notwendig, die Rahmenbedingungen im globalen Steuersystem grundlegend neu zu ordnen. Mehrere Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen heben hervor, dass die Konvention das Potenzial dazu hat. Doch dafür braucht es mutige politische Weichenstellungen. Bisher sind die Beratungen über den Konventionstext und die Zusatzprotokolle allerdings stark technisch geprägt. Zahlreiche Delegierte stammen aus Fachabteilungen von Finanzministerien und Steuerverwaltungen; politische Entscheidungsträger*innen waren nur begrenzt vertreten.

Im Februar 2026 wird in New York weiterverhandelt. Angesichts der schwierigen politischen Rahmenbedingungen wird erwogen, den Kerntext der Konvention inhaltlich vage zu halten und strittige Punkte in den Zusatzprotokollen zu regeln, um eine Verabschiedung im Konsens zu ermöglichen. Zivilgesellschaftliche Akteure warnen jedoch vor einer übermäßigen Auslagerung zentraler Fragen – etwa der Verteilung von Besteuerungsrechten und der Besteuerung von Superreichen – in Protokolle, die von Staaten nicht zwingend ratifiziert werden müssen. Denn für ein gerechteres globales Steuersystem wird entscheidend sein, dass die konkreten politische Weichenstellungen im Konventionstext selbst angelegt und damit verbindlich sein werden. Die internationale Zivilgesellschaft hat in einer Schattenkonvention aufgeschrieben, welche das sein können.

 

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