Interview

"Ich bin sehr stolz auf Brot für die Welt"

Cornelia Füllkrug-Weitzel geht zum Monatsende Februar nach mehr als 20 Jahren in der Leitung von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe in den Ruhestand. Wie sieht der persönliche Rückblick aus? Was waren Höhepunkte in dieser Zeit? Was wünscht sie sich für die Zukunft?

Von Redaktion am
Präsidentin Prof. Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel geht in den Ruhestand

Vor dem Eintritt in den Ruhestand blickt Präsidentin Prof. Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel zurück auf 20 Jahre in der Leitung von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe.

Liebe Frau Füllkrug Weitzel, mehr als 20 Jahre lang haben Sie Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe geleitet – vor Kurzem sagten Sie, es sei „der schönste Job der Welt“. Was hat ihn dazu gemacht?

Cornelia Füllkrug-Weitzel: Verschiedenes: Nur wenige Menschen haben das Privileg, ihre Arbeit jeden Tag neu als sinnhaft erleben zu dürfen. Dafür bin ich extrem dankbar. Weiter: die tägliche Zusammenarbeit mit so vielen motivierten Menschen im direkten Umfeld. Und als dritter Punkt: das Reisen, das Eintauchen in andere Kulturen und Lebenswelten waren ein großes Geschenk. Die Liebe zum Reisen steckt vielleicht in meinen Genen: mein Großvater ist zur See gefahren...

Und schließlich: Ich habe weltweit beeindruckende Menschen kennengelernt, die unter schwierigsten Bedingungen, mit wenig Ressourcen, aber ganz viel Kompetenz, Engagement und Leidenschaft für Menschenrechte, Frieden, Gerechtigkeit gekämpft und vieles erreicht haben. Ich habe Hochachtung vor diesen Menschen

Was waren für Sie Highlights in dieser langen Zeit?

Highlights waren für mich viele Begegnungen auf Reisen zu Partnerorganisationen. Es war berührend zu sehen, wie viel ihnen die Partnerschaft mit Brot für die Welt bedeutet. Brot für die Welt hat einen extrem guten Ruf und wird als wertebasierter und verlässlicher Partner wahrgenommen, der auch bleibt, zuhört und gemeinsam nach Lösungen sucht, wenn es schwierig oder gefährlich wird.

Die Begegnungen mit Partner:innen, die unter Verfolgung und widrigsten Umständen – Stichwort Shrinking Space – unerschrocken ihre Arbeit machen und nie die Hoffnung aufgeben, war für mich vorbildhaft und immer auch eine Quelle für Motivation und Hoffnung! Never give up – das kann man gerade von Menschen lernen, die täglich um ihr Überleben und die Überlebensfähigkeit ihrer Gemeinschaft bangen und ihr ganzes Leben lang kämpfen und dicke Bretter bohren müssen.

Die Gestaltung geschwisterlicher ökumenischer Beziehungen war für mich sehr wichtig. Wir sind Teil eines weltweiten Netzwerkes von Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, wie z.B. der ACT-Alliance, deren Aufbau ich ja wesentlich mitgestalten konnte. Dort sind wir nicht Geber und Nehmer, sondern Mitglieder auf Augenhöhe, die gemeinsam „der Welt Bestes suchen“. Demütig zu erkennen und zu akzeptieren, wie viel wir von den Erkenntnissen und Strategien der Mitglieder aus anderen Kontinenten lernen können und zu lernen haben - das war etwas Besonderes! Solche Demut brauchen wir: Wir im Norden sind nicht diejenigen, die alles wissen, sondern die erstmal zu begreifen haben, wie sehr wir Teil der globalen Probleme sind und wie viel wir vor der eigenen Tür kehren müssen.

Ich habe sehr viel von unseren Partner:innen und den ökumenischen Geschwistern gelernt. Ich bin dafür sehr, sehr dankbar.

Was werden Sie besonders vermissen?

Besonders vermissen werde ich die vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit mit meinem Büro. Wir waren ein sehr gutes Team, hatten viel Spaß und haben oft miteinander gelacht. Ebenfalls sehr vertrauensvoll lief die Zusammenarbeit mit Führungskräften, den Abteilungs- und dann den neuen Bereichsleitenden – auch sie werde ich sehr vermissen.

Gemeinsame Reisen mit Mitarbeitenden haben - glaube ich - allen Seiten Spaß gemacht und gemeinsames Nachdenken und Lernen gefördert. Schließlich werde ich natürlich auch die Begegnungen mit den Menschen in den Projektregionen vermissen: Ihr Glaube, ihre Lebensfreude, ihr Kampfesgeist, ihre oft sehr große mentale und psychische Stärke haben auch mich gestärkt. Besonders unter den Vertreter:innen der Partnerorganisationen von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe und im ACT-Netzwerk sind sehr beeindruckende Persönlichkeiten, die mir fehlen werden.

Was möchten Sie den Mitarbeitenden von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe mit auf den Weg geben?

Drei Dinge sind mir wichtig: 1. Den besonderen Charakter der beiden christlichen Hilfswerke Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe als Teil eines ökumenischen Verbundes ernst zu nehmen und lieben. Wir haben dieses Alleinstellungsmerkmal: unsere Wertebasiertheit und Verbundenheit mit der weltweiten Christenheit, die den Menschen, speziell den Marginalisierten, Notleidenden, Schwachen und Bedrohten sehr nahe ist. Verlässlichkeit und Augenhöhe in der Partnerschaft. Wir sind kein ‚Social Business‘, es geht uns nicht um Profit,, sondern um die Menschen, ihre Rechte und Würde! .

2. Das zu schätzen, was wir haben. Wir haben in Deutschland unglaubliche Privilegien und gute Arbeitsbedingungen, im Vergleich zu so vielen Menschen in der Welt. Und wir haben bei Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe eine sinnstiftende und erfüllende Arbeit.

3. Never give up! Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, die Apartheid nicht in einem Jahrzehnt niedergerungen. Wir haben einen ‚Vorkämpfer‘, der uns unaufhaltsam und immer wieder neu den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden bahnt, Jesus Christus. Wie sollten wir da unseren Weg nicht zuversichtlich gehen – trotz aller Rückschläge in Zeiten von Corona, Klimawandel, Gewaltkonflikten? Langer Atem, Hoffnung und gute Wegzehrung (wozu ich den Glauben rechne) geben unserem Weg einen weiten zeitlichen und geographischen Horizont!

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit?

Ich wünsche mir für die nächste Zukunft, dass wir gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen aus Kirche und Zivilgesellschaft unsere guten Projekte und Ziele trotz und nach Corona weiterverfolgen und mit ihnen dazu beitragen, dass die Zivilgesellschaft eine starke Rolle behält, bzw. zurückgewinnt. Die wird gebraucht, wenn es um ‚building back better‘ geht. Und wenn wir die Machtambitionen autoritärer und repressiver Regierungen begrenzen und die Demokratisierung internationaler Strukturen erreichen wollen.

Für die Katastrophenhilfe wünsche ich mir das, was der Weltgipfel für Humanitäre Hilfe 2016 in Istanbul beschlossen hat: eine Lokalisierung. Das bedeutet, dass zivilgesellschaftliche Organisationen und Kirchen vor Ort mehr Gewicht und Mitsprache bei Entscheidungen haben. Sie sollen das Hilfsgeschehen selbst in der Hand haben, den Mitteleinsatz selbst organisieren und den Katastrophenschutz gemeinsam mit starken internationalen Organisationen planen.

Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin, Frau Dr. Pruin?

Ich wünsche Frau Pruin, dass sie von den Mitarbeitenden genauso vertrauensvoll unterstützt wird, wie ich unterstützt worden bin. Und ich wünsche ihr, dass sie in allem, was sie tut, von Gottes Segen geleitet wird und mutig bleibt.

Ein Blick in die Zukunft: Was möchten Sie in zehn Jahren über Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe lesen?

Dass beide Werke weiterhin bei Spendenden, Gesellschaft und Politik hoch angesehen sind und im weltweiten Partnernetzwerk eine wichtige Rolle wahrnehmen, z.B. auch als Unterstützer von Netzwerkstrukturen in der Lobbyarbeit. Beide Werke sollten sich ‚modernisieren‘ in ihren Methoden und Werkzeugen (Stichwort: Digitalisierung) und Jüngere ansprechen.

Doch bei alledem sollten sie ihrem Spezifikum treu bleiben: christlicher Wertebasierung, Partner- und Menschenrechtsorientierung.

Welche Aufgaben warten auf Sie? Wie sieht Ihr Unruhestand aus?

Ich werde meine im letzten Jahr begonnene Honorarprofessur an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg fortsetzen. Ich werde außerdem meine Stimme weiter einbringen und meinen Beitrag dazu leisten, zivilgesellschaftliche Kräfte zu stärken. Ich werde mir aber auch Zeit nehmen, um meine Liebe zur Natur auszuleben und um Sport zu machen.

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Lachender Junge

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