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Covid-19: Lokal angepasste Maßnahmen statt Ausgangssperren

Die Lebensumstände in den Armutsvierteln der Städte des Südens lassen befürchten, dass COVID -19 dort viele Menschenleben fordern wird. Staatliche Gegenmaßnahmen haben gegenwärtig aber schlimmere Folgen als die Krankheit selbst. Die Bekämpfung der Pandemie bedarf lokaler Lösungen und internationaler Hilfe.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am
Slum in Dhaka, Bangladesch

Slum an einer Eisenbahnlinie in Dhaka, Bangladesch

Städte sind Brennpunkte der Epidemie

Wie durch ein Brennglas werden durch die Corona-Pandemie die Missstände in den von Armut betroffenen Wohnquartieren der Städte des globalen Südens sichtbar. Beengtes Wohnen, die strukturelle Unterversorgung mit Trinkwasser und sanitären Einrichtungen und nicht zuletzt die fehlende Gesundheitsinfrastruktur gehören zum Alltag der Menschen, die häufig in prekären und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen in der Bau- und Textilindustrie ein Auskommen suchen oder im Dienstleistungssektor die Funktionstüchtigkeit der Städte aufrechterhalten. Unter diesen Rahmenbedingungen lassen sich die allseits empfohlenen Maßnahmen der Abstandswahrung und der Hygiene nicht einhalten. Solange es keinen Impfstoff gibt, bleibt jedoch eine konsequente Eindämmung der Infektionsketten die einzige Option, auch in den dicht besiedelten Wohngebieten der Städte des globalen Südens.

Verheerende Folgen von Ausgangsperren

Obwohl es in den meisten Wohngebieten noch keine Krankheitsfälle gibt und die Gefahr durch COVID - 19 für ihre Bewohner nicht spürbar ist, wird weltweit vor allem darauf gesetzt, mögliche Infektionsketten durch rigide Ausgangsperren zu unterbrechen. Jegliche Aktivitäten außerhalb der Unterkünfte werden unterbunden und damit das Erwirtschaften von Einkommen für Tagelöhner und Tagelöhnerinnen unmöglich gemacht. Auch der informelle Lebensmittelhandel, der die städtische Bevölkerung mit erschwinglichen Nahrungsmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs wie Seife und Feuerholz versorgt, wurde aus den Straßen verbannt. Dieses Vorgehen führte in vielen Städten schon nach wenigen Tagen zu akutem Hunger. Auch die sozialen Auswirkungen der Ausgangssperren sind beträchtlich. Die kleinen Wellblechbaracken, die in vielen informellen Siedlungen das Bild bestimmen, sind nicht drauf ausgelegt, dass ganze Familien für viele Tage auf enstem Raum zusammenleben. Unsere Partner berichten von einer massiven Zunahme häuslicher Gewalt.

Der Widerstand wächst

Diese unerträgliche Situation führt zu den unterschiedlichsten Formen des Widerstandes. So bilden sich in den Slums von Nairobi und Kisumu in Kenia sogenannte „Coronamärkte“, das sind verbotene informelle Lebensmittelmärkte, die sich beim Auftreten von Kontrolleuren schnell auflösen. In Südafrika ignorieren verzweifelte Städter die Ausgangssperren und liefern sich gewaltsame Gefechte mit der Polizei, bei denen schon weit mehr Menschen als durch eine Infektion mit Corona ums Leben gekommen sind. In den Großstädten Indiens und der Philippinen bedarf es massiver militärischer Präsenz, um die Ausgangsperren aufrecht zu erhalten. Dabei nutzen viele repressive Staatsapparate die Angst vor der Pandemie aus, um eine zunehmend selbstbewusste städtische Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Umso länger die Ausgangsperren dauern, umso deutlicher wird jedoch, dass sie nicht das richtige Werkzeug sind, die Verbreitung von COVID-19 in den Städten des Südens einzudämmen, und dass jetzt schnell weitgehende Lockerungen erfolgen müssen.

Lokal angepasste Lösungen und internationale Hilfe erforderlich

Kurzfristig geht es darum, die Nahrungsmittelversorgung sicher zu stellen und das Geldverdienen für den täglichen Nahrungsmittelbedarf und informelle Lebensmittelmärkte wieder möglich zu machen. Das kann aber durchaus mit Maßnahmen einhergehen, die helfen, die Übertragung einzudämmen. An erster Stelle steht dabei eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren und die Ausbreitungswege der Krankheit. Wird die Gefahr von den Betroffenen verstanden, wird es leichter werden, lokal etwickelte Maßnahmen umzusetzen, die Infektionsketten unterbrechen helfen. All dies wird jedoch nichts nützen, wenn die Mittel fehlen, Hygieneregeln anzuwenden, Testungen durchzuführen und Kranke menschwürdig zu isolieren und fachgerecht zu behandeln. Dafür ist internationale Unterstützung gefragt.

„Wir bezwingen die Pandemie weltweit oder wir bezwingen sie gar nicht“ (Bundesentwicklungshilfeminister Dr. Gerd Müller anlässlich der Vorstellung eines Corona Sofortprogramms am 22.04.2020)

Langfristig muss es strukturelle Verbesserungen in den verarmten innerstädtischen Wohnquartieren und informellen Siedlungen in den Städten des Südens geben. Diese befinden sich in einem konstanten Zustand der Verweigerung von fundamentalen Menschenrechten, wie das Recht auf Wasser, das Recht auf eine adäquate Unterkunft und das Recht auf eine gesunde Lebensweise. Die durch die Pandemie ausgelöste Krise sollte ein Weckruf an die internationale Gemeinschaft sein, die häufig menschenunwürdigen Lebensumstände in diesen Gebieten zu verbessern.

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