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Chance für die Partnerschaft nutzen

Am 17. Februar beginnt in Brüssel der sechste AU-EU-Gipfel, ein Treffen zwischen der EU und der Afrikanischen Union (AU). Dr. Fidon Mwombeki, Generalsekretär der Allafrikanischen Konferenz der Kirchen, und Helle Dossing, Leiterin der Afrikaabteilung bei Brot für die Welt, hoffen, dass der Gipfel endlich wieder zu mehr Zusammenarbeit führt.

Von Redaktion am
HelleDossing/FidonMwombeki

Helle Dossing, Leiterin Abteilung Afrika, und Fidon Mwombeki, Generalsekretär der Allafrikanischen Konferenz der Kirchen

Was erwarten Sie vom Gipfel?

Fidon Mwombeki: Wir wissen, dass Afrika und Europa als benachbarte Kontinente eine lange gemeinsame Geschichte verbindet, im Guten, wie im Schlechten. Doch der politische Einfluss Europas in Afrika schwindet. Die Beziehung zwischen der EU und AU ist fragil. Andere Akteure wie China, Russland oder die Amerikaner spielen jetzt eine wichtigere Rolle und bieten bei anderen Gipfeltreffen sehr praktische Kooperationen an. Dazu kommt, dass auch das politische Gewicht der AU gegenüber ihrer Mitgliedsstaaten schwach ist. Der Gipfel bietet die Gelegenheit für beide Staatengemeinschaften, zu überprüfen, wo sie stehen und neue Formen der Zusammenarbeit zu beschließen. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Gipfel mehr bewirkt als frühere Treffen, die vor allem viele Seiten von Papier hervorbrachten, die nicht umgesetzt wurden. Europa muss sich anstrengen und ernsthaft bemühen.

Helle Dossing: Da stimme ich Fidon Mwombeki zu. Dieser Gipfel ist eine gute Gelegenheit, die Beziehung zwischen der EU und der AU wieder auf die Schiene zu setzen. Diese hat gerade in letzter Zeit stark gelitten durch die Corona-Pandemie mit ihren ungleichen Folgen und Möglichkeiten zur Eindämmung, vom südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa etwa als „Gesundheits- und Impfstoff-Apartheid“ bezeichnet. Es braucht dringend einen Neustart, um die vielfältigen Herausforderungen und Krisen anzusprechen. Und es braucht einen Dialog auf Augenhöhe

Wie sollte ein solcher Neustart zwischen EU und AU konkret aussehen?

Dossing: Seit dem letzten Gipfel 2017 in Abidjan hat sich einiges getan. Dort wurde eine Veranstaltung zivilgesellschaftlicher Gruppen, die auch Brot für die Welt unterstützt wurde, vom ivorischen Militär brutal beendet. Die afrikanische wie die europäische Zivilgesellschaft wenden sich seitdem verstärkt an EU und AU und fordern eine partnerschaftliche EU-Afrikapolitik sowie eine menschenrechtsbasierte und ökologisch nachhaltige Politik von der AU. Trotzdem sind wir enttäuscht, dass es bei diesem Gipfel in Brüssel wieder keine sehr aktive Einbeziehung der Zivilgesellschaft gibt.

Mwombeki: Dabei gibt es in der Charta der AU eine klare Verpflichtung, zivilgesellschaftliche Beteiligung zuzulassen. Leider beobachten wir auch in den afrikanischen Staaten selbst „Shrinking space“, bedrohte Handlungsräume für zivilgesellschaftliche Gruppen, wie sie beispielsweise im Atlas der Zivilgesellschaft beschrieben werden. Die EU kann und sollte hier unterstützen, in dem sie sich für zivilgesellschaftliche Gruppen einsetzt und Freiräume einfordert.

Dossing: Wir erleben, dass viele unserer Partnerorganisationen kein großes Vertrauen mehr in die EU haben. Die aktuellen Konflikte in der Sahelregion haben dieses Vertrauen weiter erschüttert, die Rolle Frankreichs als Konfliktpartei dabei muss dringend erörtert werden.

Mwombeki: Ja, Frankreich hat die Ratspräsidentschaft, da wäre es wichtig, auf die eigene Rolle und Einflussmöglichkeiten zu schauen.

Dossing: Allgemein beunruhigt unsere Partner auch die unklare Haltung der EU und auch Deutschlands gegenüber Militärregimen, die in einigen Ländern die Macht übernommen haben. Auf Ankündigungen der EU müssen endlich Taten folgen. Dies zu begleiten könnte eine Aufgabe für die Zivilgesellschaft sein.

Welche zentralen Themen sollten aus Ihrer Sicht auf dem Gipfel behandelt werden?

Mwombeki: Natürlich die wirtschaftliche Zusammenarbeit, denn die afrikanischen Staaten wollen sich entwickeln, wollen sich industrialisieren, wollen sich modernisieren. Dafür gab es von europäischer Seite nie Unterstützung. Warum gibt es zum Beispiel keine eigene Schokoladenfabrik in Afrika, wo dir doch seit Jahrhunderten Kakao exportieren? Hier sollte es technische Zusammenarbeit geben. Und wir brauchen Fairness im Handel untereinander. Es gibt zu viele Hürden für afrikanische Produkte durch die Handelshemmnisse, durch vorgegebene EU-Standards. Und natürlich Klimagerechtigkeit. Wir wissen, auch wir Afrikaner:innen sind Emitent:innen und tragen zum Klimawandel bei. Aber Europa hat das in der Vergangenheit in viel größerem Umfang getan. Deshalb sollte sich Europa dafür einsetzen, dass die afrikanischen Länder genügend Mittel aus dem globalen Fonds für Klimaschutz und Anpassung bekommen, um die stärksten Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Wir brauchen Hilfen bei der Energie-Umstellung, noch wird überwiegend mit Holz gekocht. Auch beim Thema Frieden begrüßen wir europäische Unterstützung, denn leider gibt es aktuell etliche gewalttätige Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent.

Dossing: Die Wichtigkeit den Raum für die Zivilgesellschaft zu erhalten und erweitern hat für mich große Priorität. Die Zivilgesellschacht muss bei wichtigen politischen Prozessen einbezogen sein. Darüberhinaus setzen sich viele Partnerorganisationen von Brot für die Welt dafür ein, dass die Lebensbedingungen der Landbevölkerung, die Familien, die von der Landwirtschaft abhängig sind, verbessert werden. Diese Menschen müssen vor Handelsabkommen, die europäischen Agrarprodukten ungehinderten Marktzugang gewähren, geschützt werden. Ebenso stellt die Befriedung der genannten bewaffneten Konflikte in verschiedenen Regionen des Kontinents und die Konfliktprävention eine zentrale Herausforderung dar, damit Entwicklung überhaupt möglich wird. Es geht dabei darum, den ganzheitlichen Aspekt von „menschlicher Sicherheit“ in den Blick zu nehmen. Die Menschen in Afrika wollen ein Leben in Frieden und Sicherheit, sie wollen ein Leben ohne wirtschaftliche Not, dass ihnen und ihren Familien Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Sie wollen Zugang zu medizinischer Versorgung und Schutz vor Umweltkatastrophen und sie wollen demokratische Rechte haben. Es geht ihnen darum, ein Leben in Würde führen zu können.

Mwombeki: Für das Thema Migration müssen beide Seiten Lösungen erarbeiten. Sehr viele Menschen aus Afrika versuchen, nach Europa zu gelangen. Die Würde dieser Migrant:innen muss geschützt werden und Rassismus in Europa ist nicht zu akzeptieren. Die AU ist aber auch verantwortlich dafür, ein realistisches Bild Europas zu vermitteln und die Gefahren auf dem Weg zu benennen. Das Geschäft der Menschenhändler muss beendet werden. Und natürlich müssen auch die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Ländern, die zu Migration führen, thematisiert werden. Ein aus meiner Sicht weiteres wichtiges Thema stellt die Bevölkerungsentwicklung insgesamt dar. Sie hat Auswirkungen auf die genannten Herausforderungen und Themen.

Welche Rolle haben Kirchen und Glaubensgemeinschaften bei der Beziehung zwischen EU und AU?

Mwombeki: Die Hauptaufgabe der Kirchen liegt darin, sich als Anwälte für die Belange der Armen einzusetzen. Die Kirchen sind ein starker Teil der Zivilgesellschaft, sie haben feste Strukturen und Einfluss sowie Zugänge sowohl zur EU, beispielsweise über die EKD, als auch zur AU. Anders als Nichtregierungsorganisationen können sie so ihre Forderungen im Dialog mit der Politik vortragen – diese Möglichkeiten haben andere zivilgesellschaftliche Akteure nicht. Außerdem sind europäische und afrikanische Kirchen miteinander verbunden und dies zum Teil schon seit Jahrhunderten. Diese Netzwerke funktionieren zum Teil bis auf die Gemeindeebene durch enge Partnerschaften und können gemeinsam etwas bewirken. Deshalb können Kirchen Einfluss nehmen und haben auch Verantwortung, sich einzubringen.

Dossing: Ja, die Kirchen können in vielen Ländern einen großen Anteil der Bevölkerung mobilisieren, die sonst nicht politisch aktiv sind. Es geht darum, dass Menschen merken, dass ihre Stimmen gehört und ernst genommen werden.

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