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Europäische Migrationspolitik mit afrikanischen Staaten – Kernelemente kurz erklärt

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Die Kontrolle und Steuerung von Migration und die verstärkte Rückübernahme und Rückführung derer, die in der EU kein Bleiberecht haben, stehen neben der Bekämpfung von Menschenhandel und Menschenschmuggel an erster Stelle der EU bei der Migrationspolitik mit afrikanischen Staaten. Diese Politik wird über Dialoge und operative Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Rahmen des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität umgesetzt, bei dem es eigentlich auch um legale Migration, gut gesteuerte Mobilität und Asylfragen gehen soll.

Innerhalb dieses Gesamtansatzes hat die EU mit zahlreichen Ländern in direkter und entfernterer Nachbarschaft Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsame Agenden für Migration und Mobilität verabschiedet.

Im Folgenden sollen einige der besonders häufigen Schlagworte und Begriffe vorgestellt werden:

EU-Afrika Dialog über Migration und Mobilität: wurde 2007 auf einem Afrika-EU Gipfel ins Leben gerufen und gewann spätestens ab dem Jahr 2014 - als eine gesonderte  Erklärung zum Thema Migration und Mobilität verabschiedet wurde - an politischer Relevanz. Die Schwerpunkte liegen – wenig überraschend - auf der Bekämpfung von Menschenhandel und „illegaler“ Migration, der entwicklungsförderlichen Nutzung von Rücküberweisungen für Herkunftsländer, der Rolle von Diaspora und Mobilität (innerhalb Afrikas). Arbeitsmigration und internationaler Schutz stehen weniger prominent, aber doch auch auf der Agenda. Diese Inhalte schlagen sich in gemeinsamen, mehrjährigen Aktionsplänen und –projekten nieder – so wurde z.B. im Oktober 2015 ein Programm über 18 Mio. EUR vorgestellt, durch das der Dialog über Migrationsfragen mit Afrika im Rahmen des Panafrikanischen Programms unterstützt werden soll.

Regionale Entwicklungs- und Schutzprogramme für Nordafrika und am Horn von Afrika wurden eingeleitet und die EU Kommission stellte mehr als 75 Mio. EUR für die Durchführung konkreter Projekte bereit.

EU-AKP Migrationsdialog: das EU/AKP Partnerschaftsabkommen auch bekannt als Cotonou Abkommen regelt die Partnerschaft zwischen der EU, und 78 Staaten im afrikanischen und im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP-Staaten), es wird im Jahr 2020 auslaufen. Es regelt die Beziehungen zwischen der EU und Entwicklungsländern. Neben der politischen Dimension enthält es Bestimmungen über die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit sowie die Entwicklungszusammenarbeit und den zugehörigen Entwicklungsfonds.

Artikel 13 des Abkommens sieht einen AKP-EU-Dialog über Migration vor, der seit 2010 geführt wird, und in dessen Rahmen vor allem das Vorgehen gegen irreguläre Migration und die Bekämpfung von Schleppernetzen diskutiert werden. Außerdem geht es um die Rückkehr und Rückübernahme von irregulären Migrantinnen und Migranten von der EU in AKP Staaten. Beklagt wird von zivilgesellschaftlicher Seite die europäische Dominanz, die eher auf Einschränkung denn auf Ermöglichung von Migration zielt. Auch der Schutz und die Rechte von Migrantinnen und Migranten stehen kaum auf der Agenda.

Die EU vergibt allerdings zunehmend Gelder außerhalb der Zusammenarbeit mit den AKP-Staaten – etwa über den => EU Notfall Treuhandfonds für Afrika.

EU Notfall Treuhandfonds für Afrika: wurde im November 2015 auf dem Gipfel von => Valletta geschaffen und hat massiv Gelder des Europäischen Entwicklungsfonds beansprucht, darunter auch 395 Millionen Euro aus den regionalen und nationalen Programmen – eine Abkehr von langfristiger Entwicklungszusammenarbeit mit den AKP Staaten, die Mitspracherechte eingebüßt haben. Bewilligt wurden bislang

  • Programme zur „Förderung der nachhaltigen Entwicklung“ und „Schutzprogramme für Flüchtlinge und deren Aufnahmegemeinschaften“ in Äthiopien, Sudan und Kenia (60 Mio. EUR),
  • „Beschäftigungsmöglichkeiten und technische Ausbildung für junge Menschen, die in abgelegenen Gebieten der Küstenregion und des Nordostens von Kenia“ leben (12 Mio. EUR),
  • „Förderung einer Kultur der Toleranz und des Dialogs in Somalia“ (5 Mio. EUR),
  • „Unterstützung der Menschen in Sudan mit zwei Projekten zur „Stärkung der Resilienz von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und Rückkehrern“ (19 Mio. EUR),
  • ein Projekt zur Verbesserung der Politikgestaltung und Entscheidungsfindung in Fragen der Ernährungssicherheit durch Datenerhebung und -analyse (6 Mio. EUR). ,
  • ein Regionalprojekt zur Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen für legale Migration und Mobilität in den Ländern am Horn von Afrika (10 Mio. EUR),
  • ein Regionalprojekt zur Unterstützung des Kapazitätsaufbaus, um die Resilienz in der Region zu fördern (5 Mio. EUR),
  • „Better Migration Management“ (40 Mio. Euro) am Horn von Afrika,
  • „Stärkung der Kapazitäten zum nachhaltigen Management der Folgen von Migrationsbewegungen“ in Niger (25 Mio. Euro),
  • in Kamerun „Beschäftigungsförderung und Stärkung der Resilienz in Nord-Kamerun“ (7 Mio. Euro),
  • „Stärkung der Resilienz und des friedlichen Zusammenlebens im Tschad“ (18 Mio. Euro).

 

Rückübernahmeabkommen: Insgesamt bestehen siebzehn EU Rückübernahmeabkommen. Im September 2015 hat die EU Kommission einen Aktionsplan für Rückkehr vorgestellt und seitdem Verhandlungen über Rückübernahmeabkommen vor allem mit afrikanischen Staaten intensiv vorangetrieben. Ziel ist es, die Rückführung irregulärer Migranten und deren Rückübernahme durch die betreffenden Länder schnell und möglichst unbürokratisch durchzusetzen und damit die Quoten für Rückkehr und den Kampf gegen irreguläre Migration sichtbar zu machen. Positive und negative Anreize werden nun gesetzt, um die Abkommen abzuschließen.

Siehe auch => EU/AKP Migrationsdialog, und => Migrationspartnerschaften

Khartoum-Prozess: Der im November 2014 initiierte Khartoum-Prozess - auch EU Horn of Africa Migration Route Initivative - soll die Kooperation zwischen der EU und Herkunfts- sowie Transitländern von Flüchtlingen intensivieren, die vom Horn von Afrika aus versuchen, Schutz in Europa zu finden.

Dabei geht es vor allem um die Bekämpfung von „irregulärer Migration“, Menschenhandel und der Schleusung von Flüchtlingen und Migranten. Kooperiert wird mit den Herkunfts- und Transitländern Äthiopien, Sudan, Eritrea, Süd Sudan, Somalia, Djibouti und Kenia sowie Libyen, Ägypten und Tunesien. => Rabat- und Khartoum-Prozess sollen effektivere Grenzkontrollen garantieren, Schmuggel und Menschenhandel ebenso angehen.  

Sie suchen vor allem nach Wegen, dass diejenigen, die nach Asyl suchen, dies näher an ihren Herkunftsländern tun und Migration verhindert wird. Die Bundesregierung spielt eine federführende Rolle, sitzt im Lenkungsausschuss und begleitet Treffen informeller Arbeitsgruppen.

Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, Migrantinnen, Migranten und Menschenrechtsexperten kritisieren die Prozesse, weil sie intransparent bleiben Schutzansprüche der Migranten kaum in den Blick nehmen. Vor allem wird auf Migrationskontrolle abgezielt. Die Prozesse sollen gewährleisten, dass Migranten nicht an das Mittelmeer bzw. in die EU gelangen – die menschenrechtlich bedenklichen Folgen werden nicht berücksichtigt. Der Ansatz trägt dazu bei, dass Migrantinnen und Migranten weiter illegalisiert werden, sich in die Hände von Schmugglern begeben und so in noch verletzlichere Situationen geraten und noch häufiger zu Opfern von Menschenrechtsverletzungen werden lassen.

Rabat-Prozess: Am Rabat-Prozess sind alle 28 EU-Länder sowie Norwegen und die Schweiz beteiligt. Dazu kommen 28 Staaten in Zentral-, West- und Nordafrika. Seit 2008 geht es darum reguläre Migration organisieren zu wollen, bei der Eindämmung irregulärer Migration zu kooperieren, aber auch die Synergien zwischen Migration und Entwicklung besser zu nutzen.

Valletta-Gipfel 2015: Der Gipfel vom 11.-12. November 2015 in Valletta war sichtbarer Ausdruck der neuen Vehemenz und Intensität, mit der sich Staats- und Regierungschefs der EU dafür einsetzen, Migrationsbewegungen aus Afrika Richtung zu unterbinden. So ging es um die Rückführung Migranten und Flüchtlingen in ihre Herkunftsstaaten, die Schaffung von "Zentren" entlang der Migrationsrouten, den Kampf gegen Menschenschmuggler und zu guter letzt um die Bekämpfung von Fluchtursachen. Auch dafür wurde ein Aktionsplan geschaffen, der durch den neu ins Leben gerufenen => Nothilfe-Treuhandfonds der EU finanziert werden soll (derzeitiger Umfang: insgesamt 1,8 Mrd. EUR).

Migrationspakete - und partnerschaften: Die EU will Rücknahmeabkommen mit neun Ländern erreichen. Neben Niger sind das Tunesien, Äthiopien, Mali, Senegal, Nigeria, Libyen, Jordanien und Libanon. Länder, die bereit sind zu kooperieren, sollen mit Finanzhilfen und Investitionsprogrammen belohnt werden. Ländern, die nicht mitarbeiten, sollen Entwicklungshilfe und Zollvorteile gestrichen werden. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen, die finanzielle »Hebelwirkung unter Einsatz aller entwicklungs- und handelspolitischen Maßnahmen« zu nutzen. Diese Partnerschaften wurden auf dem => Valletta-Gipfel vereinbart und werden derzeit konkretisiert

Mobilitätspartnerschaften: Mobilitätspartnerschaften sollen eigentlich migrations- und entwicklungspolitische Ziele miteinander verbinden und einen fairen Interessenausgleich mit den Partnerländern ermöglichen. Der Begriff Mobilitätspartnerschaft klingt gut, ist jedoch eine Verschleierung des erklärten Ziels: Über Rücknahmeabkommen sollen unerwünschte Migrantinnen und Migranten möglichst reibungslos von Europa aus in Transit- und Herkunftsstaaten zurückverfrachtet werden. Im Gegenzug werden Visaerleichterungen in Aussicht gestellt. Mit ins Paket gehört auch die Stärkung der Kapazitäten der Länder im „Bereich Grenzmanagement, Dokumentensicherheit und Korruptionsbekämpfung, um irreguläre Migration weiter einzudämmen“. Die Partnerschaften sind bisher einseitig auf die Reduzierung irregulärer Wanderung ausgerichtet und zu wenig auf die Förderung geregelter Migration und Mobilität. Damit bleiben sie hinter ihrem Potential zurück.

Mit Marokko kam es im Juni 2013 zur Unterzeichnung einer solchen Partnerschaft, mit Tunesien am 3. März 2014. Seit 2007 besteht bereits eine Mobilitätspartnerschaft mit Cap Verde – weiterhin sind Rückübernahmen und Visaerleichterungen die dominanten Themen dieser Partnerschaft. Einige Staaten wehren sich zunächst gegen Vorschläge zur Zusammenarbeit bei der Migrationskontrolle und gehen dann doch unter Druck darauf ein.

 

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