Das vierte thematische Plenum der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK ) in Busan widmete sich dem Thema Gerechtigkeit und griff damit das Leitmotiv der gesamten Vollversammlung auf, die unter dem Titel "Gott des Lebens, führe uns zu Gerechtigkeit und Frieden" stattfindet.
Nachdem an den Vortagen Reflektionen und Überlegungen auf die Einheit der Christen weltweit, Asien und Mission die Plena bestimmten, standen hier die Kernaspekte von Gerechtigkeit in der heutigen Welt im Vordergrund.
Fragen der (Un-)Gerechtigkeit im globalen Wirtschaftsystem und dem internationalen Finanzwesen wurden ebenso aufgeworfen, wie die nach Klimagerechtigkeit, Recht und Unrecht im Kampf gegen die Überwindung von Krankheiten und die Rolle der Menschenrechte.
Martin Khor aus Malaysia, Geschäftsführer des South Centre forderte in seinem Eingangsstatement eine grundlegende Reform des globalen Finanzsystems. Er verwies auf die Verantwortung reicher Länder in Nordamerika und Europa für das gierige und undurchsichtige Agieren der Finanzinstitute, die die weltweite Finanzkrise verursacht haben und sich verheerend auf die Volkswirtschaften vieler Entwicklungsländer in vielen Regionen der Welt ausgewirkt haben.
Dr. Julia Duchrow, Leiterin des Referats Menschenrechte und Frieden von Brot für die Welt, stellte den Beitrag der Menschenrechte im Kampf für Gerechtigkeit dar. Sie wies darauf hin, dass der Weltkirchenrat selbst in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich Menschenrechtsarbeit geleistet hat, etwa im Anti-Rassismus-Programm. Sie betonte, dass die Menschenrechte im Kampf für Gerechtigkeit nicht an Wichtigkeit eingebüßt haben. Die Menschenrechte müssen immer wieder verteidigt werden. Die Bedingungen der Menschenrechtsarbeit haben sich in den vergangenen Jahren allerdings erheblich verändert. Zwei große Herausforderungen liegen einerseits in der Schwierigkeit menschenrechtliche Verantwortung multinationaler Konzerne effektiv einzufordern und andererseits in der Einschüchterung und Kriminalisierung zivilgesellschaftlicher Akteure. Menschenrechtsverteidiger stehen zunehmend unter Druck. Hier muss die Kirche ansetzen und Seite an Seite mit denen gehen, die in ihrem Einsatz für Menschenrechte von staatlichen Akteuren oder dem Privatsektor bedroht sind.
Der argentinische Bischof Patara nahm in einer theologischen Reflexion die Umwelt und die Heiligkeit der Natur in den Fokus und betonte die Notwendigkeit der Erneuerung der Beziehung der Menschen und zur Schöpfung.
Besonders eindrücklich waren die Beiträge von Phumzile Mabizela aus Südafrika, die deutlich machten, dass weiterhin massive Ungerechtigkeiten beim Umgang mit HIV positiven Menschen fortbestehen. Mabizela betonte, dass HIV nicht nur ein medizinisches Problem ist, sondern eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Gerade die Rolle vieler Kirchen und kirchlicher Würdenträger im Blick auf geschlechtsspezifische Ungerechtigkeit und auch Vergewaltigung, ist alles andere als rühmlich.
Drei weitere Personen aus dem Plenum teilten ihre persönlichen Zeugnisse über Rechte und Unrecht: Reverend Tafue Lusama aus dem kleinen Inselstaat Tuvalu schilderte, wie seine Heimat dem steigenden Meeresspiegel, der Folge des menschengemachten Klimawandels zum Opfer fällt.
Dr. Lukas Andrianos rief angesichts der Wirtschaftskrise in Griechenland und der Tatsache, dass viele Griechen Hunger leiden müssen zu ökumenischer Solidarität auf. Schließlich beeindruckte Shyreen Mvula, ein 16-jähriges Mädchen aus Malawi, das mit HIV geboren wurde über ihre eigenen Kämpfe für Gerechtigkeit. Sie betonte, dass der Virus nicht als Fluch Gottes begriffen werden darf, sondern eine Krankheit ist, die verstanden und behandelt werden muss.