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Die Kleinfischerei ging in Nizza nicht unter

In Zeiten globaler Spannungen setzte die dritte UN-Meereskonferenz in Nizza ein Zeichen: 130 Staaten traten gemeinsam für den Schutz der Ozeane und Küsten ein. Mit dem verabschiedeten „Aktionsplan von Nizza“ soll das UN-Nachhaltigkeitsziel 14 „Leben unter Wasser“ vorangebracht werden.

 

Von Francisco Marí am
Handwerkliche Fischerei auf UNOC 25

Versammlung der handwerklichen Fischerei aus dem Globalen Süden zum Abschluss der 3. UN-Meereskonferenz in Nizza am 12. Juni 2025

Eine Woche lang bot Nizza die große Bühne für das Leben in und mit den Ozeanen. Delegationen wurden von schwarzen Limousinen mit Polizeischutz zu den Plenarsitzungen und thematischen Podien im alten Jachthafen von Nizza gebracht. Das Interesse war so groß, dass manche Veranstaltungen geschlossen werden mussten. Zum Auftakt betonte der französische Präsident Emmanuel Macron, dass der Ozean als gemeinsames Erbe der Menschheit geschützt werden müsse. Im Fokus standen Plastikmüll, Meeresschutzgebiete auf Hoher See und die umstrittene Nutzung von Rohstoffen aus der Tiefsee. Aus Deutschland war Umweltminister Carsten Schneider (SPD) angereist.

Allen Beteiligten war klar: Die Zeit drängt. Nur noch fünf Jahre bleiben, um die ambitionierten Ziele zur Verringerung der Meeresverschmutzung durch Plastik, gegen die Übersäuerung der Ozeane und gegen Überfischung zu erreichen. Für die handwerkliche Fischerei ist besonders das Unterziel 14b wichtig, das ihren Zugang zu Fischgründen und Märkten sichern soll – denn große Fischereikonzerne und Offshore-Projekte gefährden den Zugang zunehmend.

Heiße Luft oder ehrliches Bekenntnis zum Meeresschutz?

Nach der offiziellen Abschlusserklärung zogen deutsche NGOs wie Brot für die Welt eine positive Bilanz: „Ein ehrliches Bekenntnis der Staaten zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meere ist zu erkennen.“ Besonders wichtig war die Konferenz für das UN-Hochseeschutzabkommen (BBNJ), das die Meeresgebiete außerhalb nationaler Verwaltungen – immerhin 60 Prozent der Weltmeere – besser schützen soll. Auch wenn die notwendige Anzahl von 60 Staaten zur Ratifizierung noch nicht erreicht wurde, haben viele Staaten zugesagt, dies bis zur nächsten UN-Generalversammlung zu tun. Das wäre ein Meilenstein für den Schutz und die nachhaltige Nutzung dieser riesigen Meeresgebiete.

Ein weiteres großes Thema war der Tiefseebergbau. Inzwischen lehnen 37 Staaten einen sofortigen Abbau am Meeresboden aus ökologischen Gründen ab. Es ist noch zu wenig bekannt, was in bis zu 5.000 Metern Tiefe unwiederbringlich zerstört werden könnte.

Das deutsche Forschungsschiff – eine Plattform für Meeresgespräche

Die Bundesregierung stellte das deutsche Forschungsschiff METEOR als Begegnungsstätte für die deutsche Meeres-Community zur Verfügung. NGOs, Forschungseinrichtungen und Politiker*innen aus Deutschland boten den internationalen Gästen ein vielfältiges Bild der Meeresdiskurse und Kontroversen in Deutschland dar, nicht nur über die Konflikte an Nord- und Ostsee, sondern auch über Forschung und Engagement in und an den Meeren des Globalen Südens.

Im Ergebnisdokument der Konferenz werden die „enormen Chancen“ für eine nachhaltige Meereswirtschaft in so genannten Entwicklungsländern anerkannt, um Armut und Mangelernährung zu bekämpfen und Wirtschaftswachstum sowie soziale Entwicklung zu fördern. Es fehlen jedoch weiterhin konkrete Schritte zur Eindämmung illegaler Fischerei und zum Schutz der Küsten vor dem steigenden Meeresspiegel. Im Dokument heißt es auch, dass Maßnahmen zum Schutz der Ozeane auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und traditionellem Wissen von Küstengemeinschaften basieren müssen. Die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften auf Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung der Meere und Meeresressourcen sollen anerkannt und geachtet werden.

Die Kleinfischerei – diesmal unüberhörbar

„Zu unverbindlich“, sagt allerdings Gaoussou Gueye dazu, Präsident des afrikanischen Kleinfischerei-Verbandes CAOPA: „Es fehlen verbindliche Zusagen und Schritte zur Überwindung der Klimawirkungen auf die Fischpopulationen und damit auf die Fangmenge, von der auch die Arbeit von Frauen in der Verarbeitung abhängt. Millionen Menschen sind auf Fisch aus handwerklichem Fang als einzige erschwingliche und nahrhafte tierische Eiweißquelle angewiesen.“

Vertreter*innen der Fischerei aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa erhoben in Nizza lautstark ihre Stimme. Sie forderten mehr Anerkennung für die gemeinsame Bewirtschaftung der Fischressourcen und gesicherte Zugangsrechte zu den Fischgründen. „In Afrika wird die maritime Raumplanung als Instrument nachhaltiger Meerespolitik präsentiert. Allzu oft wird sie jedoch für mächtige Akteure der blauen Wirtschaft zu einem Mittel, um Küsten und Meere für Häfen, Tourismus, Energie und Industrieflotten aufzuteilen und dabei die handwerklichen Fischergemeinden an den Rand zu drängen. Der Ozean und die Küsten sind kein leerer Raum, der zwischen Investoren aufgeteilt werden kann. Wir arbeiten und leben dort“, sagte Raïssa Madou, Fischhändlerin aus Côte d’Ivoire und Vertreterin von CAOPA.

Handwerkliche Fischerei als Zukunftssektor

Es waren bewegende Momente im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal der Schlussveranstaltung der Kleinfischerei. Andreas Schaumayer, Referatsleiter Ernährungssicherung und nachhaltige Fischerei im BMZ, sagte zu den Aktivist*innen: „Die Energie, die hier zu spüren ist, muss über diesen Raum hinausgetragen werden. Wir sorgen dafür, dass die Regeln, die wir unterstützen, auch für die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften funktionieren. Transparenz ist dabei der Schlüssel. Und Wissen ist ein Hebel für Veränderungen.“

Müssten solche Regeln im Sinne einer gerechten Meerespolitik nicht Eingang finden in den neuen European Ocean Pact, der in Nizza vorgestellt wurde? Das Vorhaben signalisiert den Willen der EU-Kommission, beim Schutz der Ozeane und in einer florierenden Blauen Wirtschaft eine Führungsrolle zu übernehmen – und dabei auch die Interessen der Menschen in Küstengebieten nicht zu übersehen. Doch diese wollen künftig vor mächtigen Industrien geschützt werden und bekräftigen eine inklusive, gerechte und nachhaltige blaue Wirtschaft, die auf Menschenrechten und der Achtung ihrer traditionellen Zugangsrechte basiert. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Cornelia Wilß (Passage-Agentur für WeltThemen) hat das Verfassen dieses Berichts unterstützt.

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