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Verteidigt die Institutionen!

Menschenrechtsverteidiger:innen in der ganzen Welt leiden unter einer Pandemie der Gewalt und Repression. Jedes Jahr werden mehr Morde an Aktivist:innen dokumentiert. Die neue Bundesregierung muss ihr Engagement zu ihrem Schutz weiter ausbauen. Sie muss vor allem auch die Institutionen des internationalen Menschenrechtssystems stärken, das gerade verstärkt unter Beschuss steht.

Von Dr. Johannes Icking am
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Weltweit nehmen die Morde an Menschenrechtsverteidiger:innen zu. Ihre kritischen Stimmen werden in immer mehr Ländern unterdrückt. Besonders betroffen sind Indigene und Aktivist:innen, die sich für Landrechte und Umweltschutz einsetzen. Die gefährlichsten Länder sind Kolumbien, Brasilien, die Philippinen und Mexiko. Neben Morden und physischer Gewalt sind Menschenrechtsverteidiger:innen auch von Kriminalisierung betroffen.

Schutzprogramme ausbauen

Erfreulicherweise hat die Bundesregierung in der nun zu Ende gehenden Legislatur ihr Engagement zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger:innen deutlich erhöht. So wurde 2020 mit der Elisabeth-Selbert-Initiative ein eigenes Schutzprogramm ins Leben gerufen, das bedrohten Menschenrechtsverteidiger:innen Schutzaufenthalte in Deutschland und ihren Heimatregionen ermöglicht. An zehn ausgewählten deutschen Botschaften wurden Menschenrechtsstellen geschaffen, so z.B. in den Philippinen, ein Land in dem besonders viele Aktivist:innen ermordet werden. Zudem wurde das Budget verdoppelt, mit dem das Auswärtige Amt Menschenrechtsorganisationen im Ausland direkt fördern kann. Diese Strukturen muss die nächste Bundesregierung stärken und weiter ausbauen.

Menschenrechtsverteidiger:innen politisch unterstützen

Es reicht aber nicht, nur einfach mehr Geld für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger:innen bereitzustellen. Denn bedrohte Aktivist:innen brauchen vor allem auch politische Unterstützung. Einige deutsche Botschaften sind aber leider für die lokale Zivilgesellschaft kaum ansprechbar und setzen sich dann auch nicht für bedrohte Menschenrechtsverteidiger:innen ein. Durch die Bank weg haben deutsche Auslandsvertretungen auch zu wenig Kontakt mit der Zivilgesellschaft in ländlichen Gebieten, etwa zu indigenen Gemeinschaften. Gerade Menschenrechtsverteidiger:innen in der Peripherie sind aber besonders bedroht. Es gibt aber auch positive Beispiele von Botschaften, die einen engen und vertrauensvollen Austausch mit Menschenrechtsverteidiger:innen vor Ort pflegen und sich im Bedrohungsfall für diese stark machen. Der deutsche Botschafter in Kolumbien besucht zum Beispiel regelmäßig auch Aktivist:innen in entlegenen Regionen des Landes und setzt sich öffentlichkeitswirksam auf Twitter für sie ein. Der oder die nächste Außenminister:in muss ein solches Engagement für Menschenrechtsverteidiger:innen zur Stellenbeschreibung aller Botschafter:innen machen.

Unterfinanzierung des Menschenrechtssystems

Während Deutschland durchaus mehr Geld in den Menschenrechtsschutz steckt, ist es um die Funktionsfähigkeit des internationalen Menschenrechtssystems insgesamt aber gar nicht gut bestellt. Denn obwohl die Menschenrechte – neben dem Einsatz für Entwicklung und für Frieden – eine von drei in ihrer Charta festgeschriebenen Säulen der Vereinten Nationen sind, geben diese gerade einmal drei Prozent ihres Budgets hierfür aus. Dabei muss hiervon die wichtige Arbeit des Büros der Hohen Kommissarin für Menschenrechte genauso finanziert werden wie das des Menschenrechtsrats und die Organe, die die Einhaltung der Menschenrechtsverträge durch Staaten überwachen. Gerade der Menschenrechtsrat, dessen Untersuchungsmechanismen und Sonderberichterstatter:innen oftmals die internationalen Stellen sind, die Menschenrechtsverletzungen am klarsten benennen, sind finanziell regelrecht ausgeblutet. Hier ist Deutschland gefragt, die eigenen freiwilligen Beiträge für das Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte aufrechtzuerhalten und eine Erhöhung der Zuwendungen für die Vertragsausschüsse und die Sondermechanismen zu prüfen. Vor allem muss sich Deutschland als wichtiges UN-Mitglied aber politisch dafür einsetzen, dass der Menschenrechtssäule der UN ausreichende Mittel zur Verfügung stehen.

Angriffen entschieden entgegentreten

Entschieden entgegenwirken muss Deutschland auch den Bemühungen von Staaten wie China, Russland und Saudi-Arabien, die sich nicht damit begnügen, Kritik an der eigenen Menschenrechtssituation zu blockieren. Sie sind darüber hinaus aktiv bemüht, die Arbeit und Funktionsfähigkeit internationaler Menschenrechtsmechanismen überhaupt zu behindern. Dazu mobilisieren sie eine wachsende Koalition von Staaten, die jegliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen als illegitime und souveränitätsverletzende Einmischung in die inneren Angelegenheiten zurückweist. Das existierende internationale Menschenrechtssystem, das Menschenrechtsverletzungen benennt und die Erfüllung menschenrechtlicher Verpflichtungen deutlich anmahnt, soll durch eine „gegenseitig vorteilhafte Kooperation“ ersetzt werden, die die „Harmonie“ zwischen Staaten nicht gefährdet und für alle ein „win-win“ darstellt. So ist es zumindest in Resolutionen zu lesen, die China regelmäßig in den Menschenrechtsrat einbringt. Zum Schweigen bringen wollen diese Staaten deshalb gerne die Sonderberichterstatter:innen und Arbeitsgruppen des Menschenrechtsrats, die als unabhängige Expert:innen als dessen Augen und Ohren agieren. Mehrfach haben Staaten wie Pakistan und China versucht, die Unabhängigkeit dieser Mechanismen einzuschränken.

Hier muss Deutschland, gemeinsam mit anderen Demokratien, klare Strategien entwickeln, um das internationale Menschenrechtssystem vor diesen Angriffen zu schützen. Und viel öfter als in der Vergangenheit muss Deutschland hier eine Führungsrolle einnehmen: Die internationalen Menschenrechtsinstitutionen sind eine der wesentlichen globalen Errungenschaften seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Deutschland muss alles dafür tun, damit sie auch in Zukunft wirkmächtig werden können.

 

Dieser Text ist ein Beitrag in der Reihe #brotfürdiewahl im Vorfeld der Bundestagswahl 2021. Alle weiteren Beiträge finden Sie hier.

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