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Repressive Staatsapparate führen während Corona Zwangsräumungen durch

In den Armutsvierteln der Städte des Südens herrschen Lebensbedingungen vor, die eine nachhaltige Bekämpfung der Pandemie unmöglich machen. Doch anstatt die Verhältnisse in Slums und informellen Siedlungen strukturell zu verbessern, gehen Ordnungskräfte gegen ihre Bewohnerinnen und Bewohner vor.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am
Ein SChuljunge im Slum Kroo Bay in Sierra Leone versucht trotz Grauwasserpfützen trockenen Fusses nach Hause zu kommen

Niedrige Einkommen zwingen Menschen in unwürdige Wohnverhältnisse

Große Bereiche unserer Wirtschaft sind darauf aufgebaut, dass weltweit Arbeiterinnen und Arbeiter zu Billigstlöhnen Waren für unsere Märkte produzieren. Das dabei erwirtschaftete Einkommen reicht in den Städten des globalen Südens selten aus, um sich die Mieten für angemessene Unterkünfte leisten zu können. Infolgedessen leben viele Beschäftige der Exportindustrien dicht gedrängt in innerstädtischen Slums oder informellen Siedlungen am Stadtrand. Auch die Löhne in der boomenden Bauindustrie oder im touristisch geprägten Dienstleistungssektor sind nur in wenigen Fällen ausreichend, um die rasant steigenden Mieten auf den formalen Wohnungsmärkten der Städte bezahlen zu können.

Die überfüllten Armutsviertel in den Städten des Südens gelten als hot spots der Ausbreitung von COVID 19, denn sie bieten den Menschen keine Möglichkeiten, sich vor Ansteckung zu schützen. Selten gibt es dort ausreichend sauberes Wasser für Hygienemaßnahmen, und Abstandswahrungen sind angesichts der beengten Wohnverhältnisse und der überfüllten Transportmittel für die Wege zur Arbeit eine Farce. Da das Virus so ansteckend ist, strahlt es immer wieder in alle Bereiche des öffentlichen Lebens der Städte aus. Zudem läuft die internationale Reisetätigkeit langsam wieder an, und ist die Gefahr ist groß, dass Geschäftsreisende und Touristen wieder weltweit unterwegs sind, sich anstecken und das Virus in ihre Herkunftsländer zurücktragen.

Staatliche Repression macht Menschen wohnungslos

Insbesondere Stadtregierungen der Städte des Südens, die sich einem neoliberalen Wachstumsmodell verschrieben haben und ihre Stadtentwicklung durch Touristen und internationales Kapital finanzieren wollen, können sich einen Ruf als dauerhafte Krankheitsherde nicht leisten. Um in die Riege der „World-Class-Cities“ aufzusteigen und dort auch zu verbleiben, muss der Welt ein sauberes, investitionsfreudiges Image präsentiert werden. Entsprechend reagieren viele Stadtverwaltungen auf die wachsenden Infektionszahlen in den Armutsvierteln mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Repression. Auf die oft brutal durchgesetzten „lock-downs“, deren Folgen kaum durch die Verteilung von Hygieneartikeln und Nahrungsmitteln abgefedert werden, folgen jetzt Zwangsräumungen und Zerstörungen von informellen Unterkünften und sogenannte „de-densification“ – Maßnahmen, also Umsiedlungen eines Teils der Bewohner aus dicht besiedelten Wohnvierteln.

Laut einem Bericht des Norwegian Refugee Councils wurden in städtischen Gebieten Ostafrikas seit Ausbruch der Pandemie mehr als 40.000 Menschen gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben und wohnungslos. In Südafrika gibt es zwar aufgrund von Corona ein Moratorium auf Zwangsräumungen, aber trotzdem werden informell erbaute Siedlungen teilweise in Nacht- und Nebelaktionen auf brutale Weise geräumt. Dabei wird keine Rücksicht darauf genommen, dass auch schwangere Frauen, kleine Kinder und alte und kranke Menschen ihr Zuhause verlieren. Bei den Maßnahmen zur „de-densification“ wird oft ohne eine Beteiligung und ohne das Einverständnis der Betroffenen vorgegangen. Stadtbewohnerinnen und –bewohner, die auf diese Weise wohnungslos werden, werden sich selbst überlassen oder in weit von der Stadt entfernten Notunterkünften untergebracht. Diese sind oft noch schlechter mit Wasser- und Elektrizitätsanschlüssen ausgestattet als die Wohngebiete, aus denen sie ursprünglich kommen.

Eine andere Stadtentwicklung ist möglich

Dabei liegen Konzepte für die Verbesserung der Lebensbedingungen in Slums und informellen Siedlungen auf dem Tisch. Die Menschen brauchen gesicherte Wohnrechte in den Städten und nahe ihrer Arbeit, egal ob als Hausbesitzer, Mieter oder in temporären Arbeitsunterkünften. Dafür müssen der Staat als Gesetzgeber und Stadtverwaltungen als durchführende Organe den Wildwuchs an oft internationalen Land- und Immobilienspekulationen in den Städten des Südens aktiv unterbinden. Eine sensible Aufwertung informeller Siedlungen durch Infrastrukturmaßnahmen kann die Lebensbedingungen dort so gestalten, dass sie ein Leben in Würde zulassen. Solide, mehrstöckige Bauweisen aus klimatisierenden Baumaterialien, der Einbau von Fenstern, Strom- und Wasseranschlüssen würden den Bewohnern ermöglichen, erforderliche Abstandsregeln einzuhalten und eine Quarantäne durchzustehen.

Da eine entsprechende Stadtentwicklung viel Geld kostet, müssen Finanzierungsmechanismen umgesetzt werden, die die notwendigen Mittel für strukturelle Verbesserungen in den Wohnvierteln bereitstellen. Eine konsequente Besteuerung von städtischem Grund und Boden könnte die Land- und Immobilienspekulation wirksam eindämmen und die Stadtkassen für die Erfüllung sozialer Aufgaben füllen. Vor allem müssen die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte des Südens jedoch durch angemessene Einkommen beispielsweise aus der Exportproduktion und für den internationalen Dienstleistungssektor dazu in die Lage versetzt werden, durch Grundsteuern, Mietzahlungen und eigene Investitionen in die Aufwertung ihrer Viertel beitragen zu können.

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Lachender Junge

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