Wie in vielen anderen Ländern sind auch in Kenia unsere Partnerorganisationen direkt von den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betroffen. Die Mitarbeiter*innen müssen, so weit es geht, von zu Hause arbeiten. Der reguläre Kontakt zur Zielgrupppe wird zur Herausforderung.
Der Direktor unserer kenianischen Partnerorganisation Uhuru Community Development Project (UCDP), Davies Okombo, beschreibt die Lage folgendermaßen: „Viele Menschen hier leben von der Hand in den Mund und ihre Lebensgrundlage wurde zerstört. Der Staat hat ein Verbot der Straßenmärkte erlassen, wo die Mehrheit der Frauen Gemüse verkauft. Nun haben sie keine Einnahmequelle mehr. Ich will mir nicht ausmalen, was passieren wird, wenn es einen kompletten Lockdown gibt. Manche Menschen sagen, dass sie lieber an Corona sterben, als zu verhungern. Ich will mir auch nicht vorstellen, was passieren wird, wenn die Infektionswelle so stark wird wie in Italien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein totaler Lockdown furchtbares Leid erzeugen wird, da viele Haushalte nicht in der Lage sind, genügend Essen vorrätig zu haben. Ich befürchte, dass es soziale Unruhen geben wird.”
UCDPs Ziel ist die Verbesserung der Lebensbedingungen von benachteiligten Kindern und Jugendlichen. Das aktuelle Projekt mit Brot für die Welt richtet sich an rund 300 Straßenkinder in Kisumu, im Westen Kenias. Sie werden im Rahmen der mobilen Sozialarbeit betreut. Jugendlichen wird es ermöglicht, eine weiterführende Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu absolvieren. Im April sollte ein gemeinsam mit Brot für die Welt gebauter Gebäudekomplex eröffnet werden, der unter anderem mehr Platz für den von UCDP betriebenen Kindergarten bieten soll. Die Organisation betreut dort etwa 140 Kinder, die vorwiegend im nahegelegenen Slum leben. Viele von ihnen sind Waisenkinder. Eine warme Mahlzeit war ihnen hier sicher.
Maßnahmen nicht an die Realität der Armen angepasst
Die Betreuung der Kindergarten- und Straßenkinder durch UCDP kann nun nicht mehr gewährleistet werden. „Aufgrund dieser nie dagewesenen Situation bin ich besonders besorgt über die Situation der nun noch schutzloseren Kinder, um unsere Kindergartenkinder, die im nahegelegenen Manyata Slum leben“, berichtet Okombo weiter. „Ich verstehe den Aufruf zu mehr Hygienevorkehrungen und social distancing. Aber diese Privilegien genießen die Menschen nicht, die im Manyata Slum leben: Wie viele Menschen dort haben schon Zugang zu sauberem Wasser? Wie viele Menschen können sich Desinfektionsmittel oder Seife leisten? Wie können sie social distancing praktizieren, wenn sie zusammen mit fünf weiteren Menschen auf drei mal drei Meter wohnen müssen, dicht gedrängt an die Behausungen der Nachbarn? Selbstisolation ist ein Privileg, dass sich die Armen nicht leisten können. Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Maßnahmen der Regierung sind nicht der Wirklichkeit der Armen angepasst, die auf engstem Raum leben müssen.“ Auch die Situation der Straßenkinder verschlechtere sich, so Okombo. „Sie haben keinen Platz zum Schlafen. Sie schlafen irgendwo in der Stadt auf dem Boden, dicht aneinandergedrängt und damit dem Virus schutzlos ausgesetzt. Zudem trifft die Ausgangssperre von 19 bis 5 Uhr die Straßenkinder besonders. Die Polizei geht teilweise brutal gegen die vor, die die Ausgangssperre missachten. Deswegen, so berichten es uns die Kinder, laufen sie etwa zehn Kilometer aus dem Stadtzentrum heraus, um dort zu übernachten. Doch auch dort sind sie nicht sicher vor Übergriffen seitens der Polizei und rennen weiter weg. Morgens ziehen sie dann wieder ins Stadtzentrum“, berichtet Okombo.
Brot für die Welt und UCDP überlegen nun, wie sie ihr gemeinsames Projekt der Krise anpassen und bestmöglich den Kindern auch in dieser schweren Zeit beistehen können.