Anders als der Weltwassertag 2018, der unter dem Motto ‘Die Natur ist die Antwort‘ naturbasierte Lösungen für Wassermangel thematisiert, waren Diskussionen und Empfehlungen auf dem Weltwasserforum von technischen Lösungsansätzen geprägt. Dabei hatten die Vereinten Nationen dort gerade erst ihren neuesten Weltwasserbericht vorgestellt. Darin wird die Zunahme von Wassermangel, Verschmutzung und Zerstörung ganzer Ökosysteme maßgeblich auf die Bewässerungslandwirtschaft zurückgeführt. Der Bericht warnt: Wenn sich hieran nichts ändert, wird zukünftig mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten mit akuten Wassermangel leben müssen.
Bereits heute leben laut der neuen UN-Daten über drei Milliarden Menschen in Regionen mit Wassermangel, diese Zahl könnte bis 2050 auf 4.8–5.7 Miliarden anwachsen. Die Reduzierung von Wasserverbrauch in der künstlichen Bewässerung ist laut Weltwasserbericht die Top-Priorität und Kernherausforderung, um die katastrophale Entwicklung abzuwenden. Zudem müsse der Ausbau des Regenfeldanbaus und naturbasierten Maßnahmen zur Wiederherstellung und Bewahrung von Wasserkreisläufen stark gefördert werden. Wobei positive sozioökonomische Nebeneffekte die Kosten solcher Maßnahmen bei weiten übersteigen würden.
Wenig Raum für UN-Empfehlungen
Für das Weltwasserforum bezeichnend: Der Bericht wurde zwar zu Beginn des Forums vorgestellt, aber in einem so kleinen Raum, dass gut die Hälfte der Teilnehmerinnen, die dabei sein wollten, vor der Tür abgewiesen wurden. Und auch in der Abschlusserklärung erhielten die Warnungen und Empfehlungen des UN-Berichts nicht den Raum, den sie eigentlich verdient hätten. Das Thema Wasserstress und die Rolle der intensiven Bewässerungslandwirtschaft werden dort nicht erwähnt, geschweige denn die Verantwortung der Industrieländer, die Ausweitung der intensiven Exportproduktion in sensiblen Weltregionen zu stoppen. Auch die standortgerechte und naturnahe Landwirtschaft als Lösungsweg zur Bewahrung von Wasserkreisläufen fiel komplett unter den Tisch. Zahlreiche hochrangige Panelveranstaltungen und auch die Abschlusserklärung waren geprägt vom Ruf nach mehr Investments für große Infrastrukturmaßnahmen und größere Beteiligung der Privatwirtschaft.
Das Abschlussdokument zeigt einmal mehr, dass die UN bei dem Weltwasserforum nur ein Akteur unter vielen ist und sicherlich nicht der mächtigste. Dabei hatte die Agrar- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen FAO ein ambitioniertes Konferenzprogramm aufgestellt. Auch bei der Veranstaltung, die Brot für die Welt mit Partnerorganisationen aus Brasilien, Mozambik und Indien zum Thema „Gegenstrategien zum Wasserstress – Last und Lösungen der Landwirtschaft“ veranstaltete, nahm der Vize-Abteilungsleiter der Land and Water Unit der FAO als Redner teil. Die Diskussionsbeiträge und Rückmeldungen zeigten, dass Verteilungsprobleme um Wasser heute dringend politische Lösungen brauchen. Um zu vermeiden, dass Menschen gezwungen werden, ihren Lebensraum zu verlassen, oder dass Konflikte um das knapper werdende Wasser ausbrechen, müssen auf internationaler Ebene dringend klare Richtlinien für eine gerechte Wasserverteilung und für die Überwachung von Wassernutzung geschaffen werden.
Die Zivilgesellschaft kritisiert seit Jahren, dass das Weltwasserforum nicht von einem UN-Organ organisiert wird, um die ausgeglichene Vertretung und Mitsprache aller Länder und damit bindende Entscheidungen zu ermöglichen. Denn auf internationaler Ebene fehlt ein zwischenstaatlich mandatiertes Gremium, um dringende Entschlüsse zu gemeinsamen Prioritäten für die Unterstützung und Überwachung von Initiativen und Investitionen zur Umsetzung des Rechts auf Wasser auszuhandeln. Auch die neue Aktionsdekade „Wasser für nachhaltige Entwicklung“, die am Weltwassertag in New York, dem Sitz der UN, eingeleitet wurde, stellt kein verbindliches Gremium dar.
Wassernot und Vertreibungen Kernthema auf dem Alternativen Wasserforum
Auf dem Alternativen Weltwasserforum kamen parallel ca. 7000 Teilnehmerinnen zusammen. Neben großen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen aus dem städtischen sowie ländlichen Raum traten auch Vertreterinnen von Indigenen und zahlreicher religiöser Gruppen für den Schutz und Erhalt ihres Wasserzugangs als Menschenrecht Quelle des Lebens für Natur und Mensch ein. Zahlreiche bewegende Berichte von Vertreibungen aufgrund von Investitionsprojekten, wie Wasserkraftwerke, Minen oder eben Agrarwirtschaft, prägten das Forum. Erst versiegt der Fluss in einer Gemeinde, und wenn die Menschen versuchen, dagegen zu protestieren, werden sie von einflussreichen Mitbürgern und deren Handlangern bedroht. Nach Global Witness und der Zeitung The Guardian starben letztes Jahr fast 200 Menschenrechtler und Umweltativistinnen. Brasilien führt diese traurige Liste an.