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G7-Vorschläge der Bundesregierung: Zero Vision

"Die Hälfte der globalen Wertschöpfung entfällt auf die G7-Staaten. Internationale Konzerne stehen an der Spitze der globalen Wertschöpfung und haben wesentlichen Einfluss darauf, ob und wie Arbeitsrechte vor Ort umgesetzt werden." Mit diesen Sätzen leitete Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Internationale G7-Stakeholderkonferenz am 10.03.2015 in Berlin ein und folgerte, den Profiteuren von Arbeitsausbeutung müsse dringend das Handwerk gelegt werden. Die Bundesregierung hat das Thema Globale Wertschöpfungsketten auf die Agenda des G7-Treffens gesetzt, denn sie sieht die G7-Staaten in der zentralen Verantwortung, für verlässliche, nachhaltige und tragfähige Bedingungen der Weltwirtschaft zu sorgen. Doch welche Konsequenzen folgen aus diesen klaren Aussagen?

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

„Die Hälfte der globalen Wertschöpfung entfällt auf die G7-Staaten. Internationale Konzerne stehen an der Spitze der globalen Wertschöpfung und haben wesentlichen Einfluss darauf, ob und wie Arbeitsrechte vor Ort umgesetzt werden." Mit diesen Sätzen leitete Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Internationale G7-Stakeholderkonferenz am 10.03.2015 in Berlin ein und folgerte, den Profiteuren von Arbeitsausbeutung müsse dringend das Handwerk gelegt werden. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller fand in seiner Begrüßungsrede klare Worte. Er sprach von globalen Verteilungs- und Gerechtigkeitsproblemen  und forderte mehr Regeln für die globalen Wirtschaftsaktivitäten. Die Bundesregierung hat das Thema Globale Wertschöpfungsketten auf die Agenda des G7-Treffens gesetzt, denn sie sieht die G7-Staaten in der zentralen Verantwortung, für verlässliche, nachhaltige und tragfähige Bedingungen der Weltwirtschaft zu sorgen. In diesem Kontext fand die von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung  gemeinsam organisierte Konferenz zu guter Arbeit durch nachhaltige Lieferketten am 10. und 11.März statt.

Nur heiße Luft?

Die Eingangsreden ließen auf ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik hoffen, leider waren die konkreten Vorschläge im Verlauf der Konferenz mehr als ernüchternd:

Die Ideen beschränken sich auf ein Portal, wo VerbraucherInnen erfahren, was hinter einem Siegel oder Standardssystem wirklich steht, die längst überfällige „Peer Review“ der nationalen Kontaktstellen zu den OECD-Leitsätzen, wo  Betroffene von Unternehmensunrechte eine Beschwerde einreichen und auf ein Mediationsverfahren hoffen können, sowie ein „Vision Zero Fonds“, in den Unternehmen einzahlen können,  um damit zur Finanzierung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz und Sicherheit in den Herstellerländern beizutragen. Diese Initiativen sind durchaus begrüßenswert, doch  leider beschränken sie sich allein auf freiwillige Anreize für Unternehmen. Damit bleiben sie weit hinter den Debatten auf internationaler Ebene und in anderen Ländern zurück. Staaten haben die Pflicht, sicherzustellen, dass Unternehmen die Menschenrechte respektieren. Sowohl die Fachausschüsse der Vereinten Nationen, als auch die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte legen Staaten nahe, auch in Hinblick auf die Auslandsaktivitäten von Unternehmen die Achtung der Menschenrechte einzufordern, auch durch effektive Gesetzgebung und Rechtsprechung. Unter Bezugnahme auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte wird derzeit in Frankreich eine gesetzliche Verankerung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im globalen Geschäftsverkehr diskutiert. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Schadensersatzansprüche. Der Entwurf wird zurzeit überarbeitet und hat in der französischen Nationalversammlung breite Unterstützung. Auch in der Schweiz gibt es ähnliche Debatten im Parlament und in Kürze startet eine Volksinitiative zur verfassungsrechtlichen Verankerung verbindlicher Sorgfaltspflichten.

In Deutschland wird stattdessen über Internetportale und Präventivfonds diskutiert. Dabei hat erst kürzlich eine breit angelegte, von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie gezeigt, dass freiwillige „Corporate Social Responsibility“ Aktivitäten europäischer Unternehmen kaum Wirkung zeigen.  Eines der zentralen Ergebnisse dieser bisher größten Forschung zur Wirkung von CSR unter Beteiligung von 16 europäischen Forschungsinstituten lautet: Mehr Regulierung ist wünschenswert.  

Deutschland blockiert internationale Prozesse für mehr Unternehmensverantwortung

Dennoch lehnt die Bundesregierung jegliche Art von gesetzlicher Regulierung ab, zum Teil unter Verweis auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Wirtschaft. Dabei  hat sich die Bundesregierung sich bislang auch nicht dadurch hervorgetan, auf europäischer und globaler Ebene für einheitliche Menschenrechtsstandards in der globalen Wertschöpfung zu sorgen. In den Verhandlungen zur  europäischen Richtlinie, die Berichtspflichten großer Unternehmen zu sozialen und ökologischen Risiken ihrer Geschäftstätigkeit regelt, hat die Bundesregierung sich lange quergestellt und dadurch die Inhalte maximal verwässert. Auch eine verbindliche Regulierung  der Verarbeitung sogenannter „Konfliktrohstoffe“, wie es sie mit dem „Dodd Frank Act“ in den USA bereits gibt,  ist in weite Ferne gerückt. Die Bundesregierung setzt sich auch hier vehement für einen freiwilligen Ansatz ein und ist damit ganz auf der Linie des Bundesverbands der deutschen Industrie, die schon früh entsprechende Vorschläge einbrachten.

Bei den Vereinten Nationen hat im letzten Jahr eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten dafür gestimmt, verbindliche völkerrechtliche Standards für die globale Wirtschaft zu entwickeln. Deutschland hat ebenso wie die anderen EU-Länder dagegen gestimmt und weigert sich an der im Sommer diesen Jahres beginennden Debatte bei den VN teilzunehmen.

G7 muss sich für gemeinsame internationale Standards einsetzen

Wo bleiben also die Konsequenzen, wenn Herr Müller nach sozialen Standards ruft und Frau Nahles an die Verantwortung der G7-Länder  und der hier ansässigen Unternehmen appelliert. Ein freiwilliger Vision Zero Fonds wird da nicht ausreichen. Die Opfer von Rana Plaza warten fast zwei Jahre nach dem Unglück immer noch darauf, dass sich der Entschädigungsfonds füllt. Statt eines neuen Fonds brauchen wir  verbindliche und sanktionsbewährte Vorgaben. Erst dann werden Unternehmen anfangen, sich ernsthaft um eine menschenrechtskonforme Einkaufspraxis zu bemühen. Die Regierung sollte die G7 Präsidentschaft nutzen, um mit den G7 Staaten Vereinbarungen für eine ambitionierte gemeinsame Regulierung globaler Wertschöpfungsketten zu treffen.  Die bisherigen Vorschläge sind wenig ambitioniert- weswegen es nicht  verwundert, dass der Vision Zero Fonds im Sprachgebrauch auch immer öfter zum Zero Vision wird.

 

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