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Südafrika und Russland: Zivilgesellschaft unter Druck

Eine unabhängige und engagierte Zivilgesellschaft ist unentbehrlich für gerechte und nachhaltige Entwicklung, Demokratie und den Schutz der Menschenrechte. Doch gerade die notwendigen Rechte zur Entfaltung zivilgesellschaftlichen Engagements geraten in immer mehr Ländern unter Druck, u. a durch sogenannte NGO-Gesetze, die das zivilgesellschaftliche Engagement in vielfältiger Weise einschränken. Damit werden finanzielle Grundlagen entzogen und die Arbeit in manchen Bereichen wie Menschenrechte, Demokratisierung und Umweltschutz unmöglich gemacht. Für eine zukünftige nachhaltige und gerechte Entwicklung, und die Rolle, die Zivilgesellschaft dabei spielen kann, wird auch der Umgang mit zugrunde liegenden Ursachen wie ökonomische Machtasymmetrien, Konflikte um Ressourcen sowie fehlende Rechtsstaatlichkeit und Governance entscheidend sein. Das ist das Ergebnis einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Zwischen Partizipation und Repression – Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft in Südafrika und Russland" am 7.5.2013 bei Brot für die Welt in Berlin.

 

Von Christine Meissler am

Eine unabhängige und engagierte Zivilgesellschaft ist unentbehrlich für gerechte und nachhaltige Entwicklung, Demokratie und den Schutz der Menschenrechte. Sie hilft, gesellschaftliche Veränderungsprozesse anzustoßen und zu begleiten, kann durch die Teilhabe an Meinungsbildungsprozessen zur Legitimation von politischen Entscheidungen beitragen und wichtige Kontrollfunktionen wahrnehmen. Diese Rolle wurde auch bei den hochrangigen Foren zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Paris, Accra und Busan (zwischen 2005 und 2011) von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt. Doch gerade die notwendigen Rechte zur Entfaltung zivilgesellschaftlichen Engagements geraten in immer mehr Ländern unter Druck, u. a durch sogenannte NGO-Gesetze, die das zivilgesellschaftliche Engagement in vielfältiger Weise einschränken. Damit werden finanzielle Grundlagen entzogen und die Arbeit in manchen Bereichen wie Menschenrechte, Demokratisierung und Umweltschutz unmöglich gemacht.  Gleichzeitig belegen Studien, dass sich weltweit auf lokaler und nationaler Ebene in den letzten Jahren auch neue Handlungsräume für politische Partizipation ergeben haben.

Wie verändern sich die Rahmenbedingungen für Zivilgesellschaft? Welche Trends und Dynamiken gibt es? Welche Möglichkeiten bleiben, gesellschaftlichen Wandel mitzugestalten und den Raum für Engagement zu erhalten? Diese Fragen wurden am 7. Mai 2013 bei einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Zwischen Partizipation und Repression – Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft in Südafrika und Russland" mit  Martin Jansen, Workers‘ World Media Productions, Rima Sharifullina, EGIDA, und Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Brot für die Welt, an den Beispielen von Russland und Südafrika diskutiert.

Beide BRICS-Staaten, Südafrika und Russland, haben als wirtschaftliche und politische Schwergewichte in ihren Regionen häufig Vorbildfunktion und eine große Wirkung auf ihre Nachbarländer, aber auch auf globale Trends. Dies gilt nicht nur für die Wirtschaftspolitik, sondern auch für wichtige Governancefragen und den Umgang mit Menschenrechten. Darüber hinaus hat seit den 90er Jahren in beiden Ländern die Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle bei den Transformationsprozessen gespielt.

In beiden Staaten manifestieren sich wirtschaftliche Machtkonzentrationen, Privilegien und große soziale Unterschiede, die mit Korruption und immer häufiger auch mit Konflikten um Ressourcen einhergehen. Gerade diese Faktoren machen die unabhängige Kritik und  konstruktive Korrektivfunktion einer lebendigen Zivilgesellschaft umso wichtiger. Im Umkehrschluss kann dieses Engagement für alle politischen und wirtschaftlichen Akteure, die von den Machtasymmetrien, sozialen Ungerechtigkeiten und der Korruption profitieren umso unbequemer werden: Auch wenn Südafrika in der deutschen und europäischen Wahrnehmung oft als Rainbow Nation mit einer politischen Kultur der Demokratie, Menschenrechte und Transparenz gesehen wird, so wird dies heute den Realitäten von sozioökonomischen und politischen Krisen, Korruption und v.a. auch der Gewalt gegen Frauen nicht mehr gerecht. Weitere Anzeichen dafür sind die jüngsten Benennungen von rechtskonservativen Richtern sowie das exzessive und unverhältnismäßige gewalttätige Vorgehen von Polizei und Militär bei Protesten. Neue Gesetze schränken die Rechte noch mehr ein: Der Protection of State Information Act macht unabhängigen Journalismus und Kritik der Zivilgesellschaft gegenüber Korruption von Staatsbeamten und Politikern in Zukunft unmöglich bzw. belegt diese mit hohen Haftstrafen, die  Traditional Courts Bill trägt zur systematischen Diskriminierung der Frauenrechte in den ländlichen Gegenden bei.

Neue Gesetze und Regulierungen, die wichtige politische und bürgerliche Menschenrechte einschränken, sind in Russland seit dem Beginn der dritten Präsidentschaft von Valdimir Putin in Kraft getreten (z.B. das Dima Yakovlev Gesetz, die Änderung des Gesetzes zum Landesverrat). Vor allem aber das Gesetz zu ausländischen Agenten entwickelt sich als wirkungsvolles Instrument, um zivilgesellschaftliche Initiativen und Engagement zu kontrollieren oder ganz zu unterbinden. Wenn Nichtregierungsorganisationen finanzielle Mittel aus dem Ausland erhalten und sich politisch betätigen, müssen sie sich als “ausländische Agenten” registrieren zu lassen. Seit Februar werden deswegen NGOs in ganz Russland von der Staatsanwaltschaft überprüft, gegen einige von ihnen wurden bereits hohe Geldstrafen verhängt. Wegen der Aktualität des Gesetzes bleibt vorerst unklar, welche genauen Konsequenzen die Gesetze auf die Zivilgesellschaft haben werden. Bisher zeigt sich, dass die Maßnahmen nicht nur der Schließung und Zerschlagung von NGOs dienen, die sich für Umweltschutz und Menschenrechte einsetzen, sondern auch zur Diffamierung der gesamten Zivilgesellschaft und ihres Bildes in Russland genutzt werden.

Reaktionen gegen Repression und Möglichkeiten Handlungsräume von Zivilgesellschaft zu erhalten und zu erweitern wurden auf drei Ebenen gesehen: Zum einen muss der Schutz von bedrohten und gefährdeten Menschenrechtsverteidigern sowie Repräsentanten der Zivilgesellschaft verbessert werden. Dazu können Solidarität und die internationale Öffentlichkeit sowie die Sensibilisierung für die Menschenrechtsprobleme auch auf Ebene der Vereinten Nationen beitragen. Ganz konkret arbeitet Brot für die Welt/Evangelischer Entwicklungsdienst im Rahmen der ACT Alliance gerade an einem Handbuch für Mitglieds- und Partnerorganisationen, die von Einschränkungen direkt betroffen sind. Zweitens ist es besonders wichtig, lokale zivilgesellschaftliche Initiativen und (grass root) Bewegungen aber auch deren Vernetzung, Partnerschaften und Austausch durch Projekte und Programme zu stärken. Bei alle dem darf aber auch die Bekämpfung der zugrunde liegenden Ursachen wie ökonomische Machtasymmetrien, Konflikte um Ressourcen sowie fehlende Rechtsstaatlichkeit und Governance nicht vergessen werden. Für eine zukünftige nachhaltige und gerechte Entwicklung, und die Rolle, die Zivilgesellschaft dabei spielen kann, wird der Umgang mit diesen Herausforderungen entscheidend sein.

 

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