Damals stürmten Milizionäre in ihre Hütte in dem Dorf Kibabi und umzingelten das Bett, in dem Basenya und ihr Mann schliefen. Die Bewaffneten zerrten ihren Mann aus der Hütte und vergewaltigten Basenya, die damals im siebten Monat schwanger war. Als die Männer sie später in den Busch schleppten, sah sie noch einige andere Opfer aus dem Dorf: Verletzte, Verstümmelte und Tote.
Im Osten des Kongo gibt es bis heute viele bewaffnete Gruppen, die Verbrechen an der Bevölkerung verüben. In der rohstoffreichen Gegend hält die Gewalt noch immer an, obwohl der Krieg in den anderen Gebieten des Landes nach sechs Jahren 2002 beendet wurde. Aber in den östlichen Provinzen Nord und Süd-Kivu kämpfen Milizen um Bodenschätze wie Gold, Kassiterit und Koltan.
Vergewaltigung wird als Kriegswaffe eingesetzt
Die Milizionäre überfallen die Dörfer, plündern und morden. Und sie setzen schwerste sexuelle Gewalt als Kriegswaffe ein. Das gilt für die ursprünglich aus Ruanda stammenden Rebellen der "Demokratischen Kräfte zur Befreiung zur Ruandas" (FDLR) ebenso, wie für die kongolesische Armee oder die Mai-Mai-Milizionäre.
Die FDLR hat sich bis heute in den Wäldern des Kongo verschanzt. Ihre Anführer, Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni, leben seit langem in Deutschland und sind in Stuttgart wegen Kriegsverbrechen angeklagt. In den vergangenen Monaten soll die Zahl der Busch-Kämpfer nach Schätzungen von 6.000 auf 1.500 Mann gesunken sein. Womöglich ist das der
Erfolg einer großangelegten Kampagne der Vereinten Nationen, die die Kämpfer auffordert, ihre Waffen abzugeben und sich ins zivile Leben einzugliedern. Doch die verbliebenen versprengten FDLR-Einheiten sollen noch brutaler als früher sein.
Überlebende leiden lebenslang
Die Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. "Sie vergewaltigen, um den Gegner auszulöschen", sagt der kongolesische Gynäkologe Denis Mukwege Mukengere, der sich auf die Behandlung der am schwersten verletzten Frauen sexueller Gewalt spezialisiert hat. Er spricht von mindestens 500.000 Opfern.
Oft werden die Frauen so schwer verletzt, dass sie trotz vieler Operationen nie wieder Kinder bekommen können. Viele Frauen haben ihr Leben lang gesundheitliche Probleme wie beispielsweise Fisteln, so dass sie den Urin nicht mehr halten können. Darunter leidet auch Hélène Basenya. Wer in ihrem Fall die Täter waren, weiß sie nicht. "Sie kamen ja nachts, ich habe keinen erkannt."
Nachdem die Milizionäre von ihr abgelassen hatten, blieb sie schwer verletzt und zunächst ohne Bewusstsein vier Tage allein im Wald zurück. "Ich war wie eine Tote", sagt sie. Schließlich wurde sie von Dorfbewohnern gefunden. Sie brachten sie zurück und gaben ihr Medikamente. Ihrem Ungeborenen allerdings war nicht mehr zu helfen, Basenya hatte eine Fehlgeburt.
"HEAL Africa" bietet Hilfe an
Sie hörte von der Klinik "HEAL Africa", die auch vom Evangelischen Entwicklungsdienst unterstützt wird. Dort werden die Frauen medizinisch behandelt, psychologisch begleitet, juristisch beraten und bei der Rückkehr in ein Leben außerhalb des Krankenhauses unterstützt.
Basenya wurde schon fünf Mal operiert, bisher ohne Erfolg. Der ständige Uringeruch, der sie umgibt, macht Frauen mit Fisteln leicht zu Außenseiterinnen. "HEAL Africa" bietet deshalb auch eine neue Heimat: Basenya lebt jetzt mit 17 anderen Frauen Buhimba in der Nähe der Stadt Goma zusammen. "Wir trösten einander und hoffen immer noch, dass wir eines Tages geheilt werden", sagt Basenya. Ihre wichtigste Botschaft liegt nicht in Worten. Sie liegt in der Würde, mit der sie Fremden in die Augen sieht.
© Bettina Rühl / epd