Nach der von ungarischer Seite beschlossene Abriegelung des Grenzuebergangs Horgos-Roeszke lagern die zumeist aus Syrien, Irak und Afghanistan kommenden Fluechtlinge im Niemandsland. Viele der Fluechtlinge demonstrieren gegen Schliessung der Grenze. Foto: Fluechtlinge lassen sich in ihrem Protest vom Stacheldrahtverhau der urgarischen Grenzanlage nicht abhalten.

#BTW17: Ihre Wahl wirkt weltweit

Expertinnen und Experten schreiben in einer Blog-Serie vor der Bundestagswahl 2017 über globale Zukunftsthemen. Migration wird es immer geben - der Umgang damit bleibt eine politische Gestaltungsaufgabe.

Solange gewaltsame Konflikte und Bürgerkriege in vielen Teilen der Welt das Leben der Bevölkerung zur Hölle machen, solange Menschenrechtsverletzungen, Armut und Not anhalten und solange die Kluft zwischen Arm und Reich sich weiter vertieft, werden sich Menschen auf den Weg machen, um ihr Leben zu retten oder für sich und ihre Familien bessere Lebensbedingungen zu suchen.

Migration wird es immer geben und auch die Auswirkungen von Flucht werden uns weiter beschäftigen. Der Umgang damit ist eine bleibende politische Gestaltungsaufgabe, die weitsichtige Lösungen verlangt.Hauruckaktionen, wie sie in Wahlkampfzeiten gerne angekündigt werden, sind fehl am Platze.

Wanderungsbewegungen nehmen weltweit zu – auch wenn ihr Ausmaß meist überschätzt wird. Heute leben mehr als 240 Millionen Menschen in einem Land, das nicht ihre ursprüngliche Heimat ist. Das sind 3,3 Prozent der Weltbevölkerung. Drastisch gestiegen ist die Zahl der Flüchtlinge. Sie hat mit über 65 Millionen Menschen den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Allerdings flieht nur ein Bruchteil derer, die ihre Heimat verlassen müssen, nach Europa. Die meisten Menschen sind als Binnenvertriebene innerhalb des eigenen Landes auf der Suche nach Schutz. Neun von zehn Flüchtlingen leben in Entwicklungsländern.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Dennoch prägt der Impuls, den Zuzug nach Europa begrenzen zu wollen, die Stimmung hierzulande. Innerhalb der EU wurden zahlreiche Programme aufgelegt, die das Ziel haben, Flüchtlinge noch vor Erreichen der europäischen Außengrenzen aufzuhalten. Dabei schreckt die Bundesregierung auch nicht davor zurück, die Einrichtung sogenannter Asylzentren selbst in Staaten wie Tschad oder Libyen, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, zu erwägen. Die Abschottungsprogramme zeigen Wirkung: die Zahl der Menschen, die es noch schaffen, nach Europa zu kommen, ist deutlich zurückgegangen. Aber in Libyen sitzen vermutlich mehr als 700 000 Menschen unter unerträglichen Bedingungen fest. Gleichzeitig wird in Deutschland das Asylrecht eingeschränkt, wird der Familiennachzug ausgesetzt und werden Abschiebungen beschleunigt. Aus den Augen, aus dem Sinn?

Auch die Entwicklungspolitik wird für die Migrationskontrolle in die Pflicht genommen. „Migrationspartnerschaftsabkommen“ der EU koppeln Entwicklungsleistungen an die Zusage der Transitstaaten, Migration zu unterbinden. Das steht im Gegensatz zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG). Darin haben sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (VN) verpflichtet, bis 2030 eine „geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen zu erleichtern, unter anderem durch (…) eine gut gesteuerte Migrationspolitik“.

Konfliktlinien in den Wahlprogrammen

Wenngleich sich auch Deutschland zu diesen Zielen bekannt hat, findet man in den Wahlprogrammen keinen Bezug darauf. Dabei haben die VN mittlerweile darüber hinausgehend auch die Erarbeitung von zwei globalen Rahmenwerken bis 2018 beschlossen, eines zur gemeinsamen Verantwortung in Flüchtlingskrisen, ein weiteres für „sichere, geordnete und reguläre Migration“. Doch auf diese Gestaltungsaufgabe mag man sich im Wahlkampf offenbar nicht einlassen. Im Vordergrund steht vielfach das Anliegen, die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, möglichst niedrig zu halten. Immerhin bekennen sich fast alle Parteien dazu, dass die Ursachen von Flucht bekämpft und die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern verbessert werden müssen. Unterschiede zeigen sich, inwieweit hierfür Entwicklungsmaßnahmen als ausreichend erachtet werden, oder aber ob auch Schwerpunkte auf den Abbau der entwicklungsschädlichen Auswirkungen unserer Handels-, Wirtschafts- und Außenpolitik gelegt werden sollen.

Gegensätze werden in der Einschätzung der gegenwärtigen Praxis der Auslagerung der Migrationskontrolle sichtbar: während z.B. die CDU ausdrücklich fordert, nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens ähnliche Abkommen mit anderen Ländern der Region zu schließen, lehnen z.B. Linke und Grüne dergleichen Abkommen ab oder plädieren, wie auch die SPD, für den Ausbau legaler Fluchtwege und Einwanderungsmöglichkeiten. Im Blick auf die Regelung von Zuwanderung unterscheiden sich die Parteien darin, wie stark die Auswahl der Einwanderer an dem Fachkräftebedarf unserer Wirtschaft orientiert werden oder auch weniger Qualifizierten die Einwanderung ermöglicht werden soll. In keinem Wahlprogramm wird die Frage aufgegriffen, inwieweit Migration im Sinne der SDGs auch als triple-win-Konstellation gestaltet werden kann, die sowohl den Interessen der Zielländer, als auch der Entwicklung der Herkunftsländer und nicht zuletzt den Anliegen der Migranten und Migrantinnen selbst dienen kann.

Was Brot für die Welt von der neuen Bundesregierung erwartet

Wir erwarten von einer zukünftigen Bundesregierung, dass sie

  • sich in die Aushandlungsprozesse der VN für einen „Global Compact für sichere, geordnete und reguläre Migration“ und ein Rahmenwerk für Flüchtlinge konstruktiv einbringt und sich dafür einsetzt, dass alle Staaten ihrer Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen gerecht werden, sowie Rahmenbedingungen schaffen, unter denen freiwillige Migration nutzbringend für alle gestaltet werden kann;
  • legale und sichere Fluchtwege nach Europa eröffnet, für Schutzsuchende den Zugang zu einem Asylverfahren in Europa sicherstellt und Erstaufnahmeländer von Flüchtlingen unterstützt;
  • die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte wieder aufhebt;
  • zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern und zum Abbau von Fluchtursachen beiträgt, einerseits durch die Verstärkung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, andererseits durch ihr Eintreten für eine faire Handelspolitik, für die Unterbindung von Rüstungsexporten und für konsequenten Klimaschutz.

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Lachender Junge

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