NIGERIA, Lagos, Frozen Food, Markt Ijora, Verkauf von illegal importiertem Huehnerfleisch aus der EU z.B. UK, das Fleisch wird aus Benin nach Nigeria geschmuggelt

Importiertes Billigfleisch ruiniert lokale Züchter

Zwar gilt in Nigeria ein Einfuhrverbot für Hühnerfleisch. Als extrem preiswerte Tiefkühlkost aus Europa, den USA oder Brasilien überschwemmt es aber trotzdem den Markt. In großem Stil wird es aus dem kleinen Nachbarland Benin geschmuggelt.

Auf dem Arena Markt in Lagos Stadtteil Oshodi preisen die Händler lautstark Gemüse, Gewürze, Haushaltswaren oder Fleisch an. Wie ein Fels in der Brandung steht Asinuju Iaybo mit verschränkten Armen zwischen Pfützen und Schlamm. In den Käfigen hinter ihr gackern die Hühner. „Dort drüben verkaufen sie Hühner aus England und Spanien.“ Ein ganzes Huhn für nur eintausend Naira, umgerechnet 2,50 Euro. „So viel bezahle ich im Einkauf beim Bauernhof auf dem Land, hinzukommen Kosten für den Transport und die Standmiete.“ Bei ihr kostet ein Huhn mindestens 1200 Naira, wenn es sich um eine ausgediente Legehenne handelt. Für die kleinen Freilandhähnchen im Käfig daneben müssen die Kunden noch einmal einhundert Naira drauflegen. „Dafür schmecken sie besonders gut“, sagt die Händlerin.

Massenimporte ohne Kühlkette

Doch Nigerias Wirtschaft befindet sich durch den sinkenden Ölpreis auf Talfahrt. Viele Menschen greifen zu den preiswerten Importhühnern, die aus dem Nachbarland Benin nach Nigeria geschmuggelt werden. Zumal diese umgerechnet für kaum mehr als einen Euro pro Kilogramm zu haben sind. Doch sind die aus anderen Kontinenten importierten Hühnerteile in Benin erst einmal vom Schiff, kann von einer Kühlkette keine Rede mehr sein. Die Ware wird in Kleintransportern oder PKW bei tropischen Temperaturen über holperige Landstraßen nach Nigeria gefahren, liegt ungekühlt auf dem Markt oder in alten Kühltruhen, auch beim täglichen Stromausfall. So breiten sich Salmonellen und andere Krankheitserreger aus. Hinzu kommen Belastungen mit Formaldehyd, das gelöst zur Desinfektion sowie Konservierung benutzt wird.

Fleisch birgt gesundheitliche Risiken

„Das importierte Fleisch ist ein großes Risiko für die Gesundheit der Menschen hier in Nigeria. Und es schadet unseren Bauern sowie allen anderen Menschen, die an der lokalen Hühnerproduktion beteiligt sind“, sagt Celine Osukwu vom Christian Council of Nigeria (CCN). Die von Brot für die Welt unterstützte Nichtregierungsorganisation setzt sich mit Kampanen für die lokale Produktion von Lebensmitteln ein. Nigeria mit seinen über 180 Millionen Einwohnern hat die größte Volkswirtschaft Afrikas. Vor der Rezession konnte der westafrikanische Öl-Staat ein beachtliches Wachstum vorweisen. „Trotzdem leiden 2,5 Millionen nigerianische Kinder unter Mangelernährung“, sagt Osukwu. Abhilfe könnte die lokale Produktion von Lebensmitteln schaffen.

Auch deshalb macht der CCN sich gegen das Handelsabkommen mit der Europäischen Union, EPA, stark. „Das Abkommen lässt unseren Bäuerinnen und Bauern keine Chance mehr gegen die importierten Lebensmittel“, fürchtet Celine Osukwu. Nigeria zählt, nachdem Ghana im August 2016 das Abkommen ratifiziert hat, zu den letzten drei westafrikanischen Staaten, die ihre Unterschrift verweigern. Aber genügt das?

Regierung muss handeln

„Die Regierung muss mehr gegen die Importe von Tiefkühlfleisch unternehmen“, fordert auch die Händlerin Asinuju Iaybo. Gerade hat eine Kundin von ihr zwei Hühner gekauft. Mit ihrem Geschäft bestreitet Asinuju Iaybo fast die Hälfte des Familieneinkommens. Ihr Mann ist selbstständiger Ingenieur. „Mein Geschäft ernährt uns gut, und ich kann den Kindern Kleidung sowie die Schulgebühren bezahlen.“

Doch: „Die importierten Tiefkühlhühner verderben unser Geschäft.“ Ähnlich geht es Lateef Jimoh. Nur ein paar Schritte entfernt schlachten er und seine Kollegen die frisch gekauften Hühner, brühen sie ab und rupfen die Tiere. Pro Huhn verdient Lateef Jimoh umgerechnet 30 Cent. „An guten Markttagen habe ich fünfzig Tiere geschlachtet, jetzt sind es häufig nur noch zwanzig bis dreißig – die tiefgekühlten sind ja schon tot und gerupft“, so Jimoh.

Tiefkühlware trotz Importverbot

Eigentlich gilt in Nigeria ein Importverbot für Hühnerfleisch. Erlassen hat es bereits im Jahr 2000 der damalige Präsident Olusegun Obasanjo, einer der größten Geflügelhalter Westafrikas. Seine Nachfolger haben das Verbot mehrmals bekräftigt, zuletzt im Juni 2015. Wie wenig das hilft, zeigt ein Gang über den Ijora Market auf dem Festland, kurz vor Lagos Island. Im Schatten eines mächtigen Betonviaduktes reihen sich alte Tiefkühltruhen aneinander. Hier wird Tiefkühlkost für Schnäppchenjäger angeboten. Auf groben Holztischen hacken die Händler mit Macheten gefrorene Fleisch-, Fisch- und Garnelenklumpen in die gewünschten Portionen. Auf die Frage nach importiertem Huhn wuchtet einer von ihnen drei Kartons mit gefrorenen Hähnchenschenkeln auf die Tischplatte. Auf den durchgeweichten Verpackungen stehen die Herkunftsländer: USA, Brasilien und Großbritannien.

Das Fleisch einiger Schenkel ist bereits angetaut. Ob er auch Huhn aus Frankreich oder Deutschland besorgen könne? „Kein Problem, geben Sie mir etwas Zeit“, sagt der Händler. Offen erklärt er sein Geschäft. Er unterhält ein Kühllager in Benin, nur eineinhalb Stunden Autofahrt von Lagos entfernt. Im Nachbarland ist der Import von Fleisch erlaubt. Geschäftspartner aus den jeweiligen Ländern schicken ihm die Tiefkühlkost über den Hafen Cotonou. Täglich fahren der Händler oder einer seiner Brüder über die Grenze, um die Ware für ihren Stand auf dem Ijora Market zu holen. Den Zollbeamten stecken sie einfach ein paar Geldscheine zu.

Hühner in Käfigen werden von dem Farmer gefüttert
Joshua Olajide Olufeme hält 850 Hühner, deren Eier er auf dem Markt anbietet. Außerdem verkauft er das Fleisch ausgedienter Legehennen und Masthähnchen.

Grenzen schwer kontrollierbar

 

Nach den Angaben der Poultry Association of Nigeria wird so Geflügelfleisch im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar pro Jahr ins Land geschmuggelt. Rund eine Million Jobs in der Futterindustrie, in landwirtschaftlichen Betrieben und in anderen Berufen könnten entstehen, wenn die geschätzten 0,8 Millionen Tonnen illegal eingeführten Geflügels im Land produziert würden. Die Zollbehörde würde alles ihr Mögliche unternehmen, um den Schmuggel zu unterbinden, erklärt ein leitender Zollbeamter. Doch die lange Grenze zu Benin sei zu durchlässig und schwierig zu kontrollieren. Und die zahlreichen Schmuggler sind gewieft.

Mit medienwirksamen Aktionen versucht der Nigeria Customs Service die Gemüter zu beruhigen. So verbrannte der Zoll beispielsweise 2016 im Bundesstaat Oyo im Beisein vieler Journalisten 1.600 Kartons geschmuggelten Geflügels. „Das bringt doch nichts“, findet Victor Olowe. „Geschmuggeltes Geflügel wird überall auf unseren Märkten verkauft, ohne dass Zoll oder Polizei einschreiten.“ Der Schaden für die Mitglieder seiner Farmers Developement Union (FADU) sei groß, so der Direktor der von Brot für die Welt unterstützten Vereinigung mit Sitz in Ibadan. Von den 500.000 Mitgliedern FADUs hält ein Fünftel Hühner. Die Organisation vermittelt ihnen Kunden, vergibt Kleinkredite und veranstaltet Kurse zu Tiergesundheit, Hygiene oder Buchhaltung. Einer der Bauern ist Joshua Olajide Olufeme aus Shukuru. Sein Dorf liegt eineinhalb Stunden mit dem Auto von Ibadan entfernt. In seinem Stall gackern 850 Hühner, daneben steht Olufemes Kleinbus, mit dem er seine Produkte ausliefert: Eier, Fleisch, Cassava, Mais, Bananen, Zitrusfrüchte sowie die Ernte seiner Ölpalmen.

Die sechsköpfige Familie lebt ganz gut von ihrem Bauernhof. Seit zwanzig Jahren sorgt die Geflügelmast für die Hälfte des Einkommens. Der Verkauf der Eier bringt regelmäßige Einnahmen. Mit dem Fleisch ausgedienter Legehennen und einiger Broiler erzielt die Familie zu den christlichen und muslimischen Feiertagen Extraeinnahmen für Investitionen oder andere, größere Ausgaben. Doch rasant gestiegene Futterpreise fressen in letzter Zeit den gesamten Gewinn der Geflügelmast auf. Dass die Menschen aufgrund der Rezession nun auch noch verstärkt nach geschmuggeltem Hühnerfleisch greifen, könnte ihm den Rest geben. „Vielleicht muss ich die Geflügelmast bald aufgeben“, sagt Olufeme.

 

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