Siegel im fairen Handel

Im Einzelhandel gibt es immer mehr Produkte mit dem Fairtrade-Siegel oder anderen Soziallabels. Doch nicht jedes Siegel hält, was es auf den ersten Blick verspricht. Dieser Label-Dschungel verunsichert Verbraucherinnen und Verbraucher zusehends. Welche Siegel sind seriös? Ein Überblick.

Brot für die Welt setzt sich seit mehr als 50 Jahren auf vielen Ebenen für den fairen Handel ein. Auch wenn längst nicht alle Produkte im Einzelhandel gekennzeichnet sind, so gibt es mittlerweile doch zahlreiche Siegel für Fair-Trade-Produkte. Doch welches Siegel ist seriös? Was genau sind die Richtlinien hinter der Vergabe? Anders als die Kennzeichnung „bio“ ist der Begriff „fair“ nämlich nicht geschützt. Hier finden Sie eine Auswahl an seriösen Siegel, deren Maßstäbe sowie Hintergrundinformationen.

Faire Siegel im Überblick

GEPA ist eine der größten Fairhandelsorganisationen. Seit rund 45 Jahren arbeitet das Unternehmen mit Genossenschaften und Vermarktungsorganisationen in Afrika, Asien und Lateinamerika zusammen und berät diese auch. Im Sortiment befinden sich Lebensmittel wie Kaffee, Tee oder Schokolade sowie Handwerksartikel wie Schals und Bälle; sie tragen das Zeichen "Fair Plus".

Brot für die Welt ist Gesellschafter der GEPA; Mitbegründer waren 1975 auch evangelische Hilfswerke. GEPA-Produkte werden in Weltläden und im eigenen Onlineshop sowie in vielen herkömmlichen Supermärkten, Drogerien, Kantinen, Naturkostläden, Restaurants und kirchlichen Einrichtungen angeboten.

GEPA

… verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

… hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

… zahlt den Erzeugern für zahlreiche Rohstoffe einen garantierten Mindestpreis

… zahlt eine Fair-Handelsprämie und Bio-Aufschläge

… setzt auf lange Handelsbeziehungen

… fördert die Bildung von Kooperativen

Seit 1988 importiert WeltPartner – früher dwp - Lebensmittel (fast alle auch bio) und Handwerksprodukte zu fairen Preisen und Konditionen aus weltweit 40 Ländern des Globalen Südens. WeltPartner beliefert als Großhändler vor allem Welt- und Naturkostläden.

Etliche Produkte sind Naturland Fair zertifiziert, darunter etwa Pesto oder Studentenfutter mit Zutaten aus dem Globalen Norden. WeltPartner unterzieht sich unabhängigen Monitoringverfahren nationaler und internationaler Fairhandelsverbände und lässt sich von der WFTO überprüfen. Am Firmenstandort Ravensburg füllen seit den neunziger Jahren 50 Männer und Frauen mit psychischen Erkrankungen der BruderhausDiakonie die Produkte ab, verpacken und etikettieren sie.

WeltPartner

… verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

… hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

… kauft direkt von den Erzeugern zu fairen Konditionen

… gewährt Erzeugern in der Regel einen zinsfreien Vorschuss

… zahlt Bio-Aufschläge und Sozialzuschläge

… setzt auf langfristige Handelsbeziehungen

… fördert die Bildung von Kooperativen

Die Fairhandelsorganisation El Puente sieht sich seit 1972 als Brücke zwischen Nord und Süd. Sie berät Kleinbetriebe und Genossenschaften in armen Ländern und importiert deren Produkte direkt nach Deutschland. Im Sortiment sind Lebensmittel wie Kaffee, Wein oder Gewürze sowie Kunsthandwerk wie Musikinstrumente, Schals, Textilien oder Korbwaren.

Vertrieben werden diese europaweit über Weltläden, Aktionsgruppen, Kirchengemeinden sowie einen Onlineshop. El Puente kontrolliert seine Lieferanten über ein internes Monitoringsystem, Produkte mit dem Fairtrade-Zeichen über FLOCERT, sowie seit 2013 extern über das Guarantee System der WFTO.

El Puente

… verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

… hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

… zahlt seinen Lieferanten einen Mindestpreis meist über Weltmarktniveau

… gewährt Erzeugern einen zinsfreien Vorschuss

… zahlt eine faire Prämie und einen Bio-Aufschlag

… setzt auf lange Handelsbeziehungen

… fördert die Bildung von Kooperativen

Die Weltläden waren in den siebziger Jahren neben den Kirchen die ersten Anbieter von fair erzeugten Produkten. Heute bieten deutschlandweit rund 900 Weltläden ein breites Spektrum fair gehandelter Produkte an – von Lebensmitteln über Kunsthandwerk bis hin zu Geschirr, Textilien und Kosmetikartikeln. Ihre Produkte beziehen die Weltläden meist von Importorganisationen des Fairen Handels, zum Teil auch direkt von Produzentenvereinigungen. Viele Produkte tragen das WFTO-Label „Guaranteed Fair Trade“.

Erzeuger der in Weltläden verkauften Produkte

…verzichten auf Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…halten die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…haben für zahlreiche Rohstoffe einen festen oder gemeinsam ausgehandelten Mindestpreis erhalten

…profitieren von langen Handelsbeziehungen

…sind überwiegend Kooperativen

Das von Fairtrade International entwickelte und von der deutschen Siegelorganisation TransFair e.V. vergebene und vermarktete Fairtrade-Siegel ist das bekannteste Gütezeichen des Fairen Handels. Das blau-grüne Siegel kennzeichnet einen Großteil der fair erzeugten Produkte - Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Bananen, Kekse, Orangensaft, aber auch Textilien mit fairer Baumwolle oder Blumen. Verkauft werden sie in Supermärkten und Discountern, aber auch in Cafés, Kantinen, bei Floristen. Der Zertifizierer FLOCERT kontrolliert entlang der Lieferkette, ob die fairen Kriterien eingehalten werden.

Fairtrade

...zahlt garantierte, kostendeckende Mindestpreise für Produzentengruppen; diese liegen oftmals über dem lokalen Marktpreis und Weltmarktpreis. Bei Tee, Reis, Fußbällen wird nur ein „kostendeckender“ Mindestpreis gezahlt.

...zahlt eine Fairtrade-Prämie, die Bauernkooperativen und Plantagenarbeitervertretungen nach einer Mehrheitsentscheidung frei verwenden dürfen

...Zahlt einen Bio-Aufschlag

...verbietet Zwangsarbeit und ausbeuterische Kinderarbeit

...hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

...setzt auf lange Handelsbeziehungen

...berät Kooperativen sowie Plantagen-Arbeiterkomitees und fördert Gewerkschaftsbildung

Die Genossenschaft mit Sitz in Berlin ist der deutsche Partner der französischen Fairhandelsimportorganisation Ethiquable. Alle Lebensmittel sind sowohl fair als auch bio-zertifiziert. Die Preise orientieren sich am Mindestpreis von Fairtrade International. Partner sind Kleinproduzentenorganisationen in Lateinamerika, Asien und Afrika.

Die Genossenschaft bevorzugt eine Wertschöpfung vor Ort: Produkte sollen im Ursprungsland von lokalen Betrieben und Produzenten weiterverarbeitet und verpackt werden. Das gelingt bislang etwa bei Zucker und Bananenchips.

Ethiquable

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…zahlt den Erzeugern für zahlreiche Rohstoffe einen garantierten Mindestpreis

…zahlt eine Fair-Handelsprämie und Bio-Aufschläge

…setzt auf lange Handelsbeziehungen

…fördert die Bildung von Kooperativen

Die World Fairtrade Organization (WFTO) hat das Label „Guaranteed Fair Trade“ für alle fairen Erzeugnisse von Unternehmen entwickelt, die die Prinzipien des Fairen Handels erfüllen. Ob die Lieferanten von Lebensmitteln oder Kunsthandwerk dies entlang der kompletten Wertschöpfungskette tun, kontrolliert die WFTO über ihr eigenes Guarantee-System.

Es umfasst Selbstauskunft, internes Monitoring und externe Audits. Importeure und Weltläden können somit sicher sein, dass ihre Lieferanten überprüft wurden und ihre Waren die Kriterien des Fairen Handels erfüllen.

Wer mit dem WFTO-Zeichen wirbt

…verpflichtet sich zu fairen Preisen und sozialverträglichen Arbeitsbedingungen, nicht jedoch zu garantierten Mindestpreisen oder Fairhandelsprämien

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…setzt auf lange Handelsbeziehungen

…fördert die Bildung von Produzentenorganisationen

…fördert Geschlechtergleichheit und Vereinigungsfreiheit

…fördert die Weiterbildung der Produzenten

Etliche Produkte wie etwa Kakao, Nüsse oder Kaffee der Naturkost-Firma Rapunzel sind nicht nur bio, sie tragen auch das firmeneigene Hand-in-Hand-Siegel für fair gehandelte Produkte. Verbraucherinnen und Verbraucher finden diese Produkte in Bio- und Naturkostläden. Rapunzel lässt alle zwei Jahre kontrollieren, ob die Kriterien eingehalten werden. Die Zertifizierungskosten übernimmt Rapunzel. Über den Hand-in-Hand-Fonds unterstützt das Unternehmen soziale und ökologische Projekte.

Rapunzel Hand in Hand

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…zahlt Produktpreise über dem Weltmarktniveau, aber keine garantierte Mindestpreise

…zahlt Bio-Aufschläge

…setzt auf lange Handelsbeziehungen

…garantiert Gewerkschaftsfreiheit

Das SPP-Gütezeichen wird nicht von Siegelorganisationen im globalen Norden, sondern von den Kleinbauern in Lateinamerika selbst verwaltet. Mit dem Kleinbauernsymbol möchte das Netzwerk auf die Qualität von fairen Agrarprodukten von Farmern aufmerksam machen und sich von fairen Produkten abgrenzen, die auf großen Plantagen angebaut werden. Unabhängige Zertifizierer wie Biolatina in Peru, Mayacert in Guatemala oder IMO Control Latinoamérica in Bolivien überwachen die Einhaltung der Siegelkriterien.

SPP

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…produziert nur Bio

…zahlt den Erzeugern für zahlreiche Rohstoffe einen fairen Mindestpreis

…fördert die Bildung von Kooperativen

Die Contigo Fairtrade Handelsgruppe hat mehrere Läden in Deutschland und verkauft dort neben selbst geröstetem Kaffee auch Schmuck, Leder und Kunsthandwerk. Contigo durchläuft das Monitoringverfahren des Weltladen-Dachverbands und beliefert als Importunternehmen die Läden der Contigo-Gruppe und Weltläden.

Contigo

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…zahlt den Erzeugern einen fairen Preis

…setzt auf lange und direkte Handelsbeziehungen

…zahlt 50 Prozent des Bestellwertes im Voraus

Der Öko-Verband Naturland hat mit Naturland Fair ein eigenes Zeichen für öko-faire Produkte entwickelt. Verbraucher finden es auf Lebensmitteln wie Schokolade der Gepa, Früchten von BanaFair oder Rooibostee von WeltPartner, aber auch auf Brot des Nord-Erzeugers Hofpfisterei oder auf Milchtüten heimischer Molkereien wie Berchtesgadener Land.

Lebensmittel mit dem Naturland Fair-Logo gibt es im Weltladen, in Biomärkten, bei Rewe und Edeka sowie bei den Naturland-Betrieben. Das Zeichen steht auf dem Produkt, bezieht sich aber auf das gesamte Unternehmen. Soziales Engagement, Unternehmensstrategie, Rohstoffbezug und Wertschöpfungskette werden mindestens einmal im Jahr überprüft.

Naturland Fair

…verbietet Zwangs- und ausbeuterische Kinderarbeit

…hält die ILO-Kernarbeitsnormen ein

…zahlt faire Erzeugerpreise über dem durchschnittlichen Marktpreis

…setzen auf lange Handelsbeziehungen

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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