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Nahost-Konflikt: Dem Terror sind alle Menschen gleichgültig

Seit dem 7. Oktober 2023 ist im Nahen Osten nichts mehr, wie es einmal war. Es braucht viel, eine solche Aussage mit Blick auf diese Region zu treffen, in der so oft kein Tag wie der andere war und Entwicklungen sich immer wieder überschlagen haben. Aber was die Menschen in Israel in diesen Tagen erleiden mussten, stellt eine absolute Zäsur dar.

Von Dr. Dagmar Pruin am
Kaddisch, Trauergebet

You can find the English version here.

Wir wissen nicht, was die nächsten Monate und Jahre bringen werden, die Folgen für die Region und die Welt sind bisher nicht abzusehen. Darin gleicht die Situation den Tagen und Wochen nach dem 11. September 2001.

Am 7. Oktober hat die Terrororganisation Hamas unter Mithilfe des palästinensischen Islamischen Dschihad einen bestialischen Angriff auf die Zivilbevölkerung in Israel verübt. Menschen wurden gefoltert, vergewaltigt, grausam ermordet. Dieser Terrorangriff war kein Freiheitskampf, sondern diente dem Terror als Selbstzweck. Der Terror macht keinen Unterschied, dem Terror sind alle Menschen gleich. Die Angreifer unterschieden nicht, ob Mann, Frau, Kind, ob Jüdin oder Muslim, ob Agnostikerin oder Christ, Säugling oder Überlebende der Shoah, gesund oder im Rollstuhl – immer mehr Bilder sehe ich, von immer mehr Einzelschicksalen höre ich, da ich seit meinem Studium in Israel mit vielen Menschen dort verbunden bin. Mehr als 1.400 Menschen litten und starben und meine Trauer findet kaum eine Sprache. Ein befreundeter orthodoxer Rabbiner in Israel schildert mir, wie unerträglich schwer ihm die eigene Sprachfindung auf den unzähligen Beerdigungen fällt.

Der Terror der Hamas und des palästinensischen Islamischen Dschihad macht keinen Unterschied. Fast zweihundert Menschen, alte Menschen und Kleinkinder, Gesunde und Verletzte sind in den Gazastreifen entführt worden. Oft wissen die Angehörigen nicht, wie es ihnen geht, ob sie tot oder lebendig sind, ob sie in Gaza medizinisch versorgt oder vergewaltigt und gefoltert werden in jenen Kellern, in denen die Terrororganisation Hamas schon seit vielen Jahren ihre politischen Gegner*innen aus Gaza foltern und ermorden ließ. Und in anderen Fällen sehen wir ihr Leiden, weil es in das Netz übertragen wird.

Der Terror der Hamas nimmt schon immer und gerade auch durch diese Geiselnahme auf perfide Weise die eigene Zivilbevölkerung in Geiselhaft, ob Kind oder alte Frau, ob entschiedener Gegner der Hamas oder Unterstützerin. Dem Terror ist das gleich. In Gaza droht eine humanitäre Katastrophe, die Menschen sind ohne Wasser und Strom, fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gazastreifens folgte dem Aufruf des israelischen Militärs und ist nach Schätzung des UN-Nothilfebüros (UN OCHA) auf der Flucht in den Süden. Mehr als dreitausend Menschen sind nach Auskunft von UN OCHA bisher im Gazastreifen getötet worden. Männer, Frauen, Kinder. Man mag unterschiedlich darüber denken, ob die jetzige Reaktion des israelischen Militärs in Art und Ausmaß die genau richtige, die einzig mögliche, die langfristig klügste ist. Auch darüber, ob Israels Politik diesen jahrzehntelangen Konflikt zu jedem Zeitpunkt einer Lösung nähergebracht hat. Doch klar ist: Die Terroristen des 7. Oktober wussten genau, dass eine solche Reaktion kommen und welche Folgen sie für hunderttausende Zivilist*innen in Gaza haben würde. Sie haben diese Folgen in Kauf genommen. Und tun es noch immer, wenn sie Menschen daran hindern, in den Süden zu fliehen.

Am Abend des 17. Oktober hat es eine Explosion gegeben auf dem Gelände des Krankenhauses Al Ahli Arab Hospital in Gaza-Stadt, in dem zuvor hunderte Menschen Schutz gesucht hatten. Viele Tote sind zu beklagen. Das Krankenhaus ist Projektpartner der Diakonie Katastrophenhilfe. Wir sind den Menschen, die dort arbeiten, tief verbunden. Ich trauere um die zerstörten Leben.

Krankenhäuser sind nach humanitären Prinzipien sakrosankt, sie müssen geschützte Räume bleiben. Die humanitären Prinzipien müssen eingehalten werden, das humanitäre Völkerrecht muss eingehalten werden, es braucht sichere Zonen für die Zivilbevölkerung, braucht Fluchtkorridore und Versorgung – am besten verlässlich über den Grenzübergang nach Ägypten – und die zivile Bevölkerung in Gaza muss geschützt werden! Ich hoffe, dass die Appelle gehört werden und befürchte, dass sie insbesondere bei der Hamas auf taube Ohren stoßen werden. Denn dem Terror sind die zivilen Opfer egal. Die Tragödie des Krankenhauses wird die Hamas und extremistisches Denken stärken – und die Anstrengungen derer, die eine Lösung suchen, erschweren. Daher ist es in dieser aufgeheizten medialen Situation unbedingt notwendig, nicht auf jede Schlagzeile zu reagieren, sondern Nachdenken und auch Zweifel zuzulassen. Mich hat es tief beeindruckt, wie ein Arzt des Krankenhauses, der die Toten und Verletzten versorgt und sicherlich unter einem unglaublichen Druck stand, im Fernsehen sagte, dass er nicht wisse, von wem die Rakete zu verantworten ist – in einer Zeit, wo viele andere schon ganz genau zu wissen meinten, was passiert sei und was sich daraus zu ergeben habe.

Unsere Projektpartner in Israel und den Palästinensischen Gebieten arbeiten für eine Zukunft, haben Lösungen für friedliches Miteinander in der Region seit Jahren als Ziel. Wir unterstützen vier Projektpartnerschaften im Gazastreifen. Unsere langjährigen Partner arbeiten in den Bereichen Mutter-Kind-Gesundheit, psychologische und therapeutische Unterstützung, gewaltfreie Konfliktbearbeitung, berufliche sowie außerschulische Bildung. Unsere Partner setzen sich gegen Gewalt und Extremismus und für Frieden, Menschenrechte und Perspektiven für junge Menschen ein. Sie verstehen ihre Arbeit als Stärkung der Zivilgesellschaft und es braucht eine starke Zivilgesellschaft für die Zukunft der Region.

Der Krieg zeigt Wirkung auch bei uns. In den letzten Jahren hat der Antisemitismus in Deutschland und Europa sich lauter und brutaler Bahn gebrochen. Jüdische Menschen wurden auch in Deutschland angegriffen und der Anschlag auf die Synagoge in Halle schien einen traurigen Höhepunkt darzustellen. Der Terror in Israel weckt weitere Ängste auch hier. „Wir können ja gar nichts tun“, das ist eine Aussage, die ich in den vergangenen Tagen oft gehört habe. Das stimmt - und gleichzeitig stimmt es nicht. Denn was jeder und jede von uns tun kann, ist gerade in diesen Tagen ganz konkret gegen den Antisemitismus in Deutschland aufzustehen. Viele jüdische Kinder waren am letzten Freitag nicht in der Schule, weil ihre Eltern Angst hatten. Davidsterne an Wohnungstüren, Anschläge auf jüdische Einrichtungen, Hassparolen auf der Sonnenallee in Berlin, antimuslimischer Rassismus vor allem aus rechten Kreisen, Textbeiträge und Bildsprache, gerade auch auf den sozialen Medien unserer Kinder, die von israelbezogenem Antisemitismus und blinder Parteinahme nur so strotzen. Das hilft niemandem, auch nicht der palästinensischen Zivilbevölkerung! Hier können, hier müssen wir alle etwas tun!!

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Lachender Junge

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