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Auf der Strecke geblieben

Im September wird in New York der „Summit of the Future“ stattfinden, der die Vereinten Nationen fit für die Bewältigung der aktuellen multiplen globalen Krisen machen soll. Im ersten Entwurf des Gipfeldokuments kommen Menschenrechte aber nur am Rande vor.

Von Dr. Johannes Icking am
Das UN-Hauptgebäude in New York

In New York findet im September der Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen statt.

Der für den 22. und 23. September terminierte Zukunftsgipfel wird in New York Staats- und Regierungschefs zusammenbringen und hat sich eine nicht ganz einfache Aufgabe gesetzt: Wie können die Vereinten Nationen und das multilaterale System so reformiert werden, dass sie für die Bewältigung der vielfältigen globalen Krisen – von Armut, Ungleichheit und Hunger über die Klimakatastrophe zu Kriegen, Gewalt und Vertreibung – gerüstet sind, denen sich die Menschheit im 21. Jahrhundert ausgesetzt sieht? Der Gipfel soll der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (SDG) einen Schub geben, der dringend nötig ist – denn zur Halbzeit erscheint die Erreichung der Ziele in weiter Ferne. Das Themenspektrum des Gipfels reicht aber weit über die SDGs hinaus: Diskutiert werden eine Reform der globalen Finanzarchitektur, eine neue Agenda für den Frieden, die Auswirkungen neuer Technologien und digitale Zusammenarbeit sowie die Interessen zukünftiger Generationen bis hin zur Transformation der Globalen Governance.

Leerstelle Menschenrechte

Diese Themen sollen auch Gegenstand eines Zukunftspakts („Pact for the Future“) sein, der auf dem Gipfel verhandelt und beschlossen werden soll. Dazu haben die beiden Ko-Fazilitatoren des Gipfels, Deutschland und Namibia, Anfang des Jahres einen ersten Entwurf („Zero Draft“) vorgestellt, der mindestens eine beunruhigende Leerstelle hat: Den Menschenrechten wird kein eigenes Kapitel gewidmet. Dies sah am Anfang des Prozesses noch anders aus. Von der UN-Generalversammlung dazu anlässlich des 75. Jubiläums der Vereinten Nationen beauftragt, hatte UN-Generalsekretär António Guterres 2021 einen Bericht mit dem Titel „Our Common Agenda“ vorgestellt, der nicht nur die Einberufung eines Zukunfsgipfels vorschlug, sondern auch für eine Erneuerung des Gesellschaftsvertrags zwischen Regierungen und Bürger:innen auf Basis eines umfassenden Verständnisses der Menschenrechte warb.

“Our founders gathered in San Francisco promising to save succeeding generations from the scourge of war; to reaffirm faith in fundamental human rights, in the dignity and worth of the human person, in the equal rights of men and women and of nations large and small.” (Our Common Agenda – Report of the Secretary-General)

Das klingt zugegebenermaßen etwas hochtrabend. Aber der Bericht erinnert noch einmal an die Bedeutung, die die Menschenrechte bei der Gründung der Vereinten Nationen gespielt haben. Die Charta der Vereinten Nationen definierte 1945 den Einsatz für Menschenrechte, neben Frieden und Entwicklung, als eine der drei Säulen ihrer Arbeit. Heute sieht sich das UN-Menschenrechtssystem nicht nur politischen Angriffen einzelner Staaten ausgesetzt, es hat auch gegenüber den anderen Arbeitsbereichen an Bedeutung eingebüßt. Das zeigt sich unter anderem am mageren Anteil von nur knapp fünf Prozent, den das Menschenrechtssystem aus dem gesamten UN-Budget erhält.

Konkret forderte Guterres in „Our Common Agenda“ deswegen eine ausreichende Finanzierung der UN-Menschenrechtssäule. Zudem enthält der Bericht noch andere konkrete Anliegen, insbesondere zur Stärkung von Rechtsstaatlichkeit, der Förderung zivilgesellschaftlicher Partizipation und der Bekämpfung von Diskriminierung. Davon ist im Zero Draft nicht mehr viel zu finden. Zwar betont der Entwurf, dass die drei UN-Säulen miteinander verbunden seien und sich gegenseitig verstärken würden. Zudem orientiere sich jede Vereinbarung des Pakts an den Menschenrechten und solle zu ihrer Verwirklichung beitragen. Aber jenseits dieses abstrakten Bekenntnisses sind kaum konkrete Umsetzungsschritte zu finden.

Was fehlt?

Wenn der Zukunftspakt seinem eigenen Anspruch gerecht werden will, muss das Dokument dieses vage Bekenntnis mit Leben füllen. Dazu muss der Pakt erstens anerkennen, dass sich die vielfältigen Krisen des 21. Jahrhunderts nicht ohne die Partizipation der globalen Zivilgesellschaft als entscheidendem Motor gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Entwicklung überwinden lassen werden. Seit Jahren nimmt aber weltweit der Druck gerade auf jene zivilgesellschaftlichen Kräfte zu, die sich für Menschenrechte, Frieden, Umweltschutz und gerechte Entwicklung einsetzen. Insbesondere die Bedeutung der wichtigen Arbeit von Menschenrechtsverteidiger:innen muss im Pakt gewürdigt, ihre weltweite Bedrohung verurteilt und die Verpflichtung aller Staaten, sie zu schützen, genannt werden.

Im Kapitel zu Technologie und digitaler Zusammenarbeit müssen die schon heute beobachtbaren Verletzungen von Menschenrechten im digitalen Raum klar benannt werden. Dazu gehören insbesondere die systematische digitale Überwachung, die Kontrolle von Informationszugängen und Kommunikationswegen, die Verbreitung von Desinformationen und das Schüren von Hass und Verleumdung. Bisher sind menschenrechtliche Aspekte der digitalen Transformation an einen separaten Prozess ausgelagert, der in einem Global Digital Compact münden soll, der auch auf dem Zukunftsgipfel beschlossen werden soll. Die zivilgesellschaftliche Partizipation im digitalen Raum ist für die Erreichung der weiteren Ziele des Pakts aber so bedeutend, dass Menschenrechte im digitalen Raum auch hier Platz finden müssen.

Der Zero Draft betont zwar die Bedeutung des Menschenrechtssystems als dritter Säule der Vereinten Nationen und verspricht dessen Stärkung, bleibt dabei aber äußerst vage. Der Pakt muss mindestens ein Bekenntnis zu einer ausreichenden Finanzierung aller UN-Menschenrechtsinstitutionen enthalten, deren Arbeitsfähigkeit derzeit durch fehlende Mittel erheblich eingeschränkt ist.

Zur Stärkung des Menschenrechtssystems gehört auch eine engere Verzahnung mit den anderen Arbeitsbereichen der Vereinten Nationen. Insbesondere die Ergebnisse der Untersuchungen des Menschenrechtsrats und seiner Mechanismen müssen endlich regelmäßig in die Beratungen des Sicherheitsrats einfließen. Dies könnte zum Beispiel über institutionalisierte Briefings durch den Hohen Kommissar für Menschenrechte geschehen.

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