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FfD4 – Ein Wendepunkt fürs Klima?

Was die 4. Internationale Konferenz für Entwicklungsfinanzierung (FfD4) in Sevilla für Klimagerechtigkeit bedeutet – und was jetzt folgen muss.

Von Sabine Minninger am
FFD4 mit Pedro Sánchez und António Guterres

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres bei der vierten Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla

Vom 30. Juni bis 3. Juli fand in Sevilla die vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) statt. Die Konferenz der Vereinten Nationen ist das wichtigste globale Forum, in dem Staaten über die Grundpfeiler einer gerechten Finanzarchitektur verhandeln. Die zentrale Frage: Wie lässt sich Finanzierung für nachhaltige Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz langfristig sichern – insbesondere für Länder des Globalen Südens? Unsere Erwartungen an den Gipfel finden sich hier.

Während die Klimakrise eskaliert und viele Länder kaum finanziellen Spielraum haben, bot FfD4 die Chance, strukturelle Lösungen in Sachen Schulden, Steuern und öffentlicher Finanzierung auf den Weg zu bringen. Zentral dafür ist die Sevilla Platform for Action (SPA), welche die Umsetzung des Abschlussdokuments von FfD4 – die „Verpflichtung von Sevilla“ – begleiten soll. Das bedeutet: Nur wenn Vorhaben konsequent weiterverfolgt werden, kann FfD4 ein Wendepunkt für die Klima- und Entwicklungsfinanzierung werden.

1. Klimagerechtigkeit braucht Lösungen für die Schuldenkrise

Die Verpflichtung von Sevilla liefert keine umfassende Antwort auf die Frage, wie verschuldete Länder aus der Zinsfalle befreit werden können, um in Klimaschutz und -anpassung investieren zu können. Zwar erwähnt das FfD4-Dokument sogenannte „Debt-for-Climate Swaps“, also Instrumente, bei denen Schuldenerlass im Gegenzug zu Klimainvestitionen erfolgt, jedoch sind diese bislang selten, komplex und oft nicht systematisch skalierbar. 

Was fehlt, ist ein globales Verfahren zur geordneten und gerechten Schuldenrestrukturierung, das auch Klimarisiken und Anpassungsbedarfe systematisch einbezieht. In Sevilla wurde ein Dialogprozess zur Weiterentwicklung der internationalen Schuldenarchitektur beschlossen – doch dieser bleibt unverbindlich. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland und andere Gläubigerländer die angestoßenen Initiativen im Rahmen der SPA proaktiv mitgestalten. Dazu zählt etwa die von Spanien initiierte „Debt Suspension Clause Alliance“, die Schuldner- und Gläubigerländer zusammenbringt, um Schulden-Aussetzungsklauseln institutionenübergreifend kohärenter und krisenfester zu gestalten. Außerdem wurde eine Schuldentausch-Fazilität unter dem Dach der Weltbank angekündigt, die eine breite Koalition von Schuldnern und Gläubigern versammeln soll, um Umschuldungsinstrumente zu fördern. Die deutsche Regierung sollte solche und ähnliche Initiativen proaktiv unterstützen und die Schuldenfrage nicht länger vertagen.

2. Solidarität durch gerechte Abgaben

Besondere Aufmerksamkeit erhielt in Sevilla das Thema Steuergerechtigkeit. Staaten sprachen ihre Unterstützung für die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen der Vereinten Nationen zur internationalen Steuerkooperation aus. Damit wird ein inklusives, demokratisches Forum unter dem Dach der Vereinten Nationen entscheidend gestärkt. Dies war ein großes Anliegen vieler Entwicklungsländer, insbesondere aus Afrika.

Doch zusätzlich zu gerechteren Steuerregeln braucht es neue und innovative Einnahmequellen, um die großen Lücken in der internationalen Klimafinanzierung zu schließen. Frankreich, Spanien und weitere Länder setzten sich in Sevilla für Abgaben auf besonders klimaschädliche Sektoren ein – darunter eine Abgabe auf Flugtickets im Premiumsegment und für jene, die Privatjets fliegen. Die Einnahmen daraus sollen in die Klimafinanzierung fließen. Auch wenn diese Vorschläge es nicht in die Verpflichtung von Sevilla geschafft haben, sind sie Teil der SPA. Deutschland muss sich daran beteiligen, da diese Abgaben nach dem Verursacherprinzip dringend benötigte Mittel mobilisieren können, ohne nationale Haushalte zu belasten.

Eine ernsthafte Anwendung des Verursacherprinzips bedeutet auch, dass Superreiche künftig einen größeren Beitrag leisten müssen. Denn die Ultrareichen sind auch die größten Emittenten – das reichste 0,01 Prozent der Weltbevölkerung verursacht jährlich 2.300 Tonnen CO₂ pro Kopf, das ist über 1.600-mal mehr als die ärmsten 50 Prozent. Bei FfD4 haben Brasilien, Spanien und Südafrika nun eine Koalition ins Leben gerufen, die globale Maßnahmen zur Besteuerung von Superreichen koordinieren will – mit einem konkreten Fahrplan für die nächsten drei Monate. Dies ist der nächste Schritt, nachdem sich bereits unter der brasilianischen G20-Präsidentschaft 2024 Staats- und Regierungschefs erstmals zu koordinierter Besteuerung von Ultrareichen bekannt hatten. Aufbauend auf der Selbstverpflichtung innerhalb der G20 sollte Deutschland sich eng mit Brasilien, Spanien und Südafrika koordinieren und eigene Schritte vorbereiten.

3. Öffentliche Klimafinanzierung: Jetzt kommt es auf das „Wie“ an

Die FfD4-Konferenz hat zudem erneut betont, dass öffentliche Finanzmittel – insbesondere Zuschüsse und andere stark vergünstigte Finanzmittel – das Rückgrat internationaler Klimafinanzierung bleiben müssen. Gerade für Bereiche wie Anpassung an den Klimawandel oder den Umgang mit Schäden und Verlusten reicht privates Kapital allein nicht aus. Der Fokus auf private Hebelmechanismen darf die Verantwortung öffentlicher Haushalte nicht verdrängen. Deutschland hat sich verpflichtet, jährlich mindestens sechs Milliarden Euro für internationale Klimafinanzierung bereitzustellen. Dies muss nun mit transparenter Umsetzung unterfüttert und langfristig abgesichert werden.

4. Was jetzt zu tun ist: Sevilla als Lackmustest

FfD4 war kein Selbstzweck. Die teilnehmenden Staaten haben die SPA als Folgeinstrument geschaffen, um die wichtigsten Reformbaustellen bis zur nächsten Finanzkonferenz konkret voranzutreiben. Diese dynamische Plattform muss nun fortgehend mit Leben gefüllt werden. Es darf nicht nur bei der Vielzahl an Ankündigungen bleiben. 

Für Deutschland bedeutet das:
 

  • die aktive Mitgestaltung einer ambitionierten Schuldenagenda, welche Klimarisiken als Schuldenrisiken anerkennt
  • die Unterstützung der Verhandlungen der UN-Steuerkonvention, um faire und klimagerechte Steuerregeln global durchzusetzen
  • die Initiierung von Solidaritätsabgaben und Milliardärsbesteuerung im Rahmen der SPA
  • die Umsetzung der Klimafinanzierungszusagen

FfD4 hat gezeigt: Der Multilateralismus lebt – doch seine Kraft bemisst sich an der Umsetzung. Wenn Deutschland und andere Staaten die vereinbarten Prinzipien mit politischem Willen zur Umsetzung beflügeln, kann die Konferenz in Sevilla zum Wendepunkt für globale Klimagerechtigkeit werden. Die Welt hat einen Kompass – jetzt braucht es Bewegung in die richtige Richtung.

Der Blog wurde gemeinsam mit Nouhaila Zaki und Christian Gröber von Germanwatch erstellt.

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