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Push-Back der Menschlichkeit nicht länger dulden

Immer wieder versuchen Menschen über die Balkanroute nach Mitteleuropa zu gelangen und stoßen dabei auf massive Widerstände der Bevölkerung und den örtlichen Behörden. Ein Appell für mehr Menschlichkeit und der Aufruf Verantwortung zu übernehmen.

Von Ilonka Boltze am
Menschliche Tragödien an europäischen Grenzen sind inzwischen die Regel, nicht mehr die Ausnahme.

Menschliche Tragödien an europäischen Grenzen sind inzwischen die Regel, nicht mehr die Ausnahme.

1.200 km von Berlin entfernt spielt sich ein Drama ab, das kein Ende kennt. Massive Widerstände der Bevölkerung und den örtlichen Behörden zwangen zum Jahreswechsel rund 700 Flüchtlinge, die auf Evakuierung in menschenwürdigere Unterkünfte hofften, zurück in das abgebrannte Lager Lipa in Bosnien-Herzegowina, ohne angemessene Versorgung, Wasser, Winterkleidung.

Wer sich auf dieser Route zu Fuß aufmacht, die EU-Grenzen zu überwinden, den erwartet kein EU-Asylverfahren, sondern Gefahr an Leib und Leben im scheinbar rechtsfreien Raum durch illegale „Push-Backs“- eine gewalttätig erzwungene Rückkehr hinter den Grenzzaun, die auf alle ein schlechtes Bild wirft- die kroatische Polizei, die deutsche Ausbildungsmission und die EU-Grenzschutzagentur Frontex.

Als ehemalige Referentin für den Westbalkan bin ich überzeugt - es muss uns gerade als Deutsche umtreiben, was mit den Flüchtlingen auf der Balkanroute passiert, denn wir – die Bundesregierung, aber auch Zivilgesellschaft und Kirchen - tragen im besonderen Maße Mitverantwortung: Die Geschichte dieser Länder nach dem Zerfall Ex-Jugoslawiens ist auch eine Geschichte deutscher Intervention im guten wie im schlechten Sinne.

Der Westbalkan - das deutsche Projekt

Nach einer überhasteten Anerkennung Kroatiens von 1991 (und später Kosovo) durch das frisch wiedervereinigte Deutschland war es im außenpolitischen Interesse, die multiethnisch geprägten, verfeindeten Länder zu stabilisieren und demokratische Werte zu vermitteln. Vielerorts erwarben sich deutsche Entsandte einen hohen Respekt. Am Frühstückstisch in Pristina hörte ich seinerzeit mit Interesse der deutschen Polizeimission zum Thema Gendermainstreaming im Kosovo zu.

Als kirchliche Werke krempelten wir auf unsere Weise die Arme hoch und halfen lokalen Kirchen in Ex-Jugoslawien, Albanien und der Ex-UdSSR, mit ihrer Rehabilitierung in die Gesellschaft hineinzuwirken. Ähnlich der Idee der runden Tische der Demokratiebewegungen der ehemaligen DDR schufen die Kirchen Initiativen mit breiter Beteiligung– für Trauma-Bewältigung, Integration von Minderheiten, ein Leben in Würde für alle. Einige davon sind jetzt 30 Jahre später noch aktiv.

Warum gibt es dort nicht mehr Kirchenasyl als Schutzraum, für das die europäischen und amerikanischen Kirchen die Asylpolitik viele Jahre zu mehr Menschlichkeit gezwungen haben?

Wo bleibt das Mitleid einer durch den Genozid von Srebrenica geprägten Gesellschaft von Bosnien-Herzegowina, die Barrikaden baut, um das Drama von Lipa fernzuhalten? Wie halten sich angesichts einer solchen politisch geförderten Diskursverschiebung zum Recht auf Würde nur für die eigene Bevölkerung die zarten Pflanzen, die wir mit aufgebaut haben?

Es gibt sie weiterhin - die Inseln des Engagements für Minderheiten und Geflüchtete. Das gilt selbst in Ungarn, wo die Hilfe für Flüchtlinge kriminalisiert und Mitarbeitende für ihr Engagement ausgegrenzt werden.

Rehabilitierung der Glaubwürdigkeit

Push-Backs sanktionieren Friedensarbeit und ein würdevoller Umgang mit Minderheiten dient der Stabilisierung von Staat und Gesellschaft, es braucht einen langen Atem und glaubwürdige Partner. Hier ist insbesondere Deutschland mit seiner historischen, aber auch ganz aktuellen Verantwortung gefragt. Es geht nicht nur um humanitäre Fragen und stärkere Positionierung Deutschlands gegen die EU-Abschottungspolitik.

Die Bundesregierung muss aufklären, in welchem Zusammenhang die deutsche Ausbildungsmission mit den Push-Backs der kroatischen Polizei steht. Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), mit dem wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten, führt seit 2016 verstärkt Klagen vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichthof gegen die Urheber der Push-Backs. Zunächst waren es militante Schlägertrupps, die damit begannen, mit Plünderung und Folter die Menschen zurückzutreiben. Inzwischen stehen die Grenzschutzbehörden und Frontex selbst in Verdacht. Und Kroatien empfiehlt sich mit kompromisslosem „Grenzschutz“ als guter Beitragskandidat für den Schengenraum.

Die Situation in Bosnien- Herzegowina und Kroatien ist der Moment für die Bundesregierung, ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und dazu beizutragen, dass Push-Backs EU-weit sanktioniert werden, dass Zugang zu fairen Verfahren und menschenwürdige Unterbringung sichergestellt werden und dass Hass auf Flüchtlinge keine Lösungen schafft- weder für die Bevölkerung, noch für die Politik.

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