Interview

„Es ist noch nicht zu spät, das Ruder rumzureißen“

Am 26. September 2021 wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt. Ein Standpunktepapier fasst die Erwartungen zusammen, die Brot für die Welt an die neuen Abgeordneten und die kommende Bundesregierung hat. Klaus Seitz, Leiter der Abteilung Politik, spricht über die zentralen Forderungen.

Von Redaktion am
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Klaus Seitz; Abteilungsleiter Politk; BfdW

Warum hat Brot für die Welt ein Standpunktepapier formuliert?

Wir möchten die Auseinandersetzung um die großen internationalen Fragen unserer Zeit in den Wahlkampf hineintragen. Die öffentlichen Schlagzeilen zur Wahl skandalisieren derzeit vor allem Nebensächlichkeiten wie Wahlkampfpannen, misslungene Wahlspots oder peinliche Patzer der Kandidat:innen. Wo bleibt dabei die Debatte über den Kampf gegen den wachsenden Hunger, über die weltweite Vertiefung der sozialen Kluft, über die verheerenden Folgen des Klimawandels oder die fortschreitende Verletzung der Menschenrechte? Wir erwarten von den Parteien Antworten darauf, welche Strategien sie haben, um dergleichen drängende Herausforderungen für die Zukunft unseres Planeten anzugehen. Und deshalb machen wir deutlich, wie wir uns als kirchliches Entwicklungswerk in diesen Fragen positionieren und was wir, auch vor dem Hintergrund unseres weltweiten Partnernetzwerks, von einer künftigen Bundesregierung erwarten.

Beschränken sich die Forderungen nur auf Entwicklungszusammenarbeit?

Nein. Die Entwicklungszusammenarbeit ist zwar ein für uns besonders wichtiges Politikfeld. Aber sie ist nur eines unter vielen Ressorts, die heute verstärkt internationale Verantwortung wahrnehmen müssen. Auch die Art und Weise, wie wir hier Landwirtschaft betreiben, wie wir Energie erzeugen oder welche Migrationspolitik wir verfolgen, hat Einfluss auf die Lebensbedingungen von Menschen in anderen Teilen der Welt. Daher halten wir es auch für notwendig, dass sich alle politischen Ressorts an den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung und am Pariser Klimaabkommen orientieren. Die gesamte Regierung muss die Ziele und Prinzipien, die in diesen beiden wegweisenden Vereinbarungen der Staatengemeinschaft verankert sind, zur Richtschnur ihres Handelns machen.

Was muss die neue Bundesregierung nach der Wahl besonders dringend angehen?

Die Eindämmung des Klimawandels und die Bewältigung seiner Folgen haben höchste Priorität. Denn das Zeitfenster, in dem es uns noch gelingen kann, die menschengemachte Erderwärmung unter den kritischen 1,5 Grad zu halten, schließt sich noch schneller als angenommen. Das bedeutet für uns, dass die Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemission in Deutschland deutlich verschärft werden müssen. Vor allem aber muss die Bundesregierung ihr Engagement für die internationale Klimafinanzierung erhöhen. Ärmere Länder, die durch Dürren, Extremwetterlagen, Hitzewellen oder Meeresspiegelanstieg besonders vom Klimawandel betroffen sind, müssen in die Lage versetzt werden, sich an diese Veränderungen anzupassen und gleichzeitig selbst für die eigene Bevölkerung eine nachhaltige Energieversorgung gewährleisten zu können. Klimagerechtigkeit ist das Gebot der Stunde. Wir brauchen eine solidarische Lastenteilung im Umgang mit der Klimakatastrophe und einen konsequenten Umbau zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaftsweise.

Was erhoffen Sie sich an konkreten Fortschritten für die kommende Legislaturperiode?

Die Corona-Pandemie hat vielen Menschen vor Augen geführt, wie sehr wir in dieser Weltgemeinschaft miteinander verbunden und zugleich voneinander abhängig sind. Grenzüberschreitende Krise brauchen auch grenzüberschreitende und solidarische Lösungen. Mit der Solidarität hat es allerdings im Umgang mit der Pandemie erheblich gehapert, wenn man bedenkt, wie ungleich nach wie vor die Impfstoffe weltweit verteilt sind. Aber ich hoffe, dass eine neue Bundesregierung sich verstärkt um Impfgerechtigkeit bemühen wird, und bin guter Dinge, dass die Pandemie-Erfahrung ein Umdenken anstoßen kann. Viel Geld wurde in die Hand genommen, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Wenn wir es richtig anstellen, kann der Wiederaufbau nach der Pandemie bei uns wie weltweit auf einen sozial-ökologischen Pfad führen, der es ermöglicht den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die Überwindung von Hunger und Armut gleichermaßen einzulösen. Das ist das große Versprechen der Ziele für eine global nachhaltige Entwicklung. Die Staatengemeinschaft will sie bis 2030 verwirklichen. Davon sind wir derzeit noch weit entfernt. Doch ist es nicht zu spät, das Ruder herumzureißen. Die neue Bundesregierung kann und muss dazu einen Beitrag leisten.

 

Dieses Interview ist ein Beitrag in der Reihe #brotfürdiewahl im Vorfeld der Bundestagswahl 2021. Alle weiteren Beiträge finden Sie hier.

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