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50 Jahre Fairer Handel. Eine Bilanz.

Die Fair-Handelsbewegung in Deutschland wird dieses Jahr 50 Jahre alt. Sie ist eine Erfolgsgeschichte. Heute profitieren 2,5 Millionen Kleinbäuerinnen und Kunsthandwerker sowie deren Familien vom Fairen Handel. Doch der Klimawandel, das Erreichen existenzsichernder Einkommen und Löhne sowie Preisdumping von Supermärkten sind aktuell große Herausforderungen für die Handelspartnerschaften.

Von Teresa Hoffmann am
Fair gehandelte Kaffeepäckchen

Fair gehandelter Kaffee.

Die Anfänge des Fairen Handels

Vor 50 Jahren forderten christliche Jugend- und Studentenorganisationen während der sogenannten Hungermärsche in 70 deutschen Städten faire Handelsbeziehungen zu Produzentinnen und Produzenten im Globalen Süden. Etwa 30.000 Menschen nahmen 1970 in ganz Deutschland an den Kundgebungen teil. Die Hungermärsche gelten als bis dahin größte Solidaritätsaktion für Länder des Globalen Südens in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie bilden den Anfang der Fair-Handelsbewegung. In den folgenden Jahren gründeten Aktivistinnen und Aktivisten unterschiedliche Fair-Handelsorganisationen wie zum Beispiel El Puente. 1973 öffnete auch der erste deutsche Weltladen in Stuttgart. Ehrenamtliche trieben die Bewegung in den ersten Jahren voran. 1975 gründeten der Kirchliche Entwicklungsdienst (KED) und Misereor die GEPA-The Fair Trade Company. Sie ist heute Europas größtes Fair-Handelsunternehmen. Brot für die Welt ist einer von fünf Gesellschaftern.

Was der Fairen Handel leistet

Mit einem Umsatz von 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2018 hat sich der Faire Handel seit den 1970ern in Deutschland rasant entwickelt. Durch langfristige Handelsbeziehungen, die Vorfinanzierung der Ernte sowie der Bezahlung eines Mindestpreises und einer Prämie haben Fair-Handelsproduzentinnen und Produzenten bessere Planungssicherheit. Gerade in Zeiten extrem niedriger Weltmarktpreise, wie es beispielsweise seit etwa zwei Jahren bei Kaffee der Fall ist, und des Klimawandels ist die Zahlung eines Mindestpreises ein wichtiges Instrument zur Existenzsicherung. Der Faire Handel kann den derzeit extrem niedrigen Kaffeepreisen von teilweise unter einem US-Dollar pro amerikanischem Pfund zwar nicht entgegenwirken, aber diese durch den vom Weltmarktpreis unabhängigen Mindestpreis sowie der Bezahlung der Fair-Handels-Prämie zumindest abfedern. So erhielten peruanische Kaffeeproduzentinnen und -produzenten im Jahr 2017 für ihren Kaffee mit dem Fairtrade-Siegel 16,1 % vom Verkaufspreis eines 250 g Päckchens Kaffee – in Kolumbien lag der Anteil sogar bei 26,7%. Für konventionell produzierten Kaffee lag der Anteil lediglich bei 11,6%, wie die Organisation Basic im Jahr 2018 veröffentlichte.

Positive Bilanz, viele Herausforderungen

Auch wenn fair produzierende Bäuerinnen und Bauern einen größeren Anteil des Endpreises von einem Päckchen Kaffee erhalten, reicht dieser jedoch abhängig vom Erzeugerland trotzdem oft nicht aus, um die Lebenshaltungs- und die Produktionskosten zu decken. Das trifft auch auf andere klassische Fair-Handels Produkte wie Kakao oder Bananen zu. Auch ist der Mindestlohn, der laut Fairtrade-Standards an Arbeiterinnen und Arbeitern bezahlt werden muss, oft nicht existenzsichernd. Allerdings haben Arbeiterinnen und Arbeiter durch demokratisch gewählte Prämienkomitees die Möglichkeit mitzubestimmen für welche Maßnahmen oder gemeinschaftliche Investitionen, wie zum Beispiel Gesundheitsprogramme, die Fair-Handels-Prämie eingesetzt wird und können somit ihre Familien darüber unterstützen. Um existenzsichernde Einkommen und Löhne für Kleinbäuerinnen und Arbeiter zu erreichen, müssen neben der Bezahlung von höheren Preisen, einem strategischen Einsatz der Fairhandels-Prämie auch der Anteil der Ernte die unter Fair-Handels-Bedingungen verkauft werden können, erhöht werden. Bei Kakao liegt dieser laut Transfair e.V. im Durchschnitt bei lediglich einem Drittel. Der Rest der Ernte muss auf dem konventionellen Markt und somit weit unter dem Mindestpreis von 2,40 US-Dollar pro Kilo Kakao und ohne Erhalt der Fair-Handels-Prämie verkauft werden. Denn trotz steigendem Umsatz ist die Nachfrage nach fair produzierten Produkten immer noch relativ gering. Im Jahr 2018 gab jede/r Deutsche 20,50 Euro für fair gehandelte Lebensmittel und Handwerkserzeugnisse aus. In der Schweiz waren es zum Vergleich 94 Euro.

Was passieren muss

 Doch allein durch verändertes Verbraucherverhalten oder die Anhebung des Fairtrade-Mindestpreises können wir langfristig keine gerechten Handelsbeziehungen und existenzsichernde Einkommen und Löhne erreichen. Auch politische Maßnahmen sind notwendig und dafür macht sich der Faire Handel seit 50 Jahren stark. Dies unterscheidet den Fairen Handel von anderen Nachhaltigkeitsinitiativen, denn der Faire Handel ist mehr als ein Produktsiegel. Er versteht sich seit 50 Jahren als Bewegung, leistet Bildungs- und Aufklärungsarbeit sowie politische Lobbyarbeit für einen gerechteren Welthandel – und ganz aktuell für die Verankerung verbindlicher fairer und ökologischer Standards in der öffentlichen Beschaffung, für ein konsequentes Vorgehen gegen Dumpingpreise von Supermärkten und für ein Gesetz zur Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Außerdem stehen beim Fairen Handel Sozialstandards und somit der Mensch im Mittelpunkt. Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort und ein Partnerschaftsverständnis spielen dabei eine zentrale Rolle.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.

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