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Im Tal der Stille

Mara hat sich daran in ihrer Einsatzstelle bei Asomobi in Costa Rica schon völlig gewöhnt: sehr früh aufstehen. Und wenn es dann mal noch viel früher wird, genießt sie es sehr, in den aufziehenden Morgen hinein im Nationalpark zu wandern.

Von Freiwilligendienst Nord-Süd am

Sicht von Cerro Quemado. 2250 Meter über dem Meeresspiegel.

Um drei Uhr dreißig klingelt mein Wecker. Ich hatte sehr unruhig geschlafen. Wenn ich weiß, dass ich früh aufstehen muss, habe ich immer Angst, dass ich den Wecker nicht höre und verschlafe, sodass ich nachts immer hochschrecke und dann panisch auf die Uhr schaue, um zu schauen wie spät es ist. So war es auch in jener Nacht.

Ich habe Cornflakes gefrühstückt und gleichzeitig mir ein Sandwisch mit Ei vorbereitet, was mein zweites Frühstück auf dem Weg sein sollte. Zum Glück ist meine Gastmutter dann doch aufgestanden, obwohl ich am Abend zuvor gesagt habe, dass sie ruhig weiterschlafen sollte und hat mir geholfen. Pünktlich um 4 Uhr kam ich bei meiner Organisation an, da war ich aber die einzige, die schon abfahrtsbereit war. Die beiden costa-ricanischen Touristinnen, die die Tour gebucht hatten, ließen sich erst um vier Uhr fünfzehn blicken. Während des Wartens im Haus meiner Chefin, die Kaffee gekocht hatte, habe ich mehrmals überlegt, noch zurück zu gehen, um Schokolade, die ich im Kühlschrank vergessen hatte, doch noch zu holen. Aber da ich jedoch die Abfahrt nicht noch weiter verzögern wollte, bin ich nicht zurück gegangen und wir mussten den Weg ohne Schokolade beschreiten.

So um halb fünf fuhren wir dann endlich los, mit dem Transporter des Mannes meiner Chefin. Hinten drauf hatten wir eine super Sicht auf die Sterne, die noch zahlreich am Himmel zu sehen waren.  Auf dem Weg gabelten wir noch Emmanuel, der die zwölf Kilo Essen hochtragen werden würde, und Josué, den Guide für diese Tour, auf. Ich liebe es, wenn sich ein Sternenhimmel während des Morgengrauens über orange, rosa, dunkelblau in ein hellblau verwandelt. Als wir an der Nationalparks Station ankamen, war die Sonne noch nicht über den Bergen aufgegangen, aber es war schon hell genug, dass wir ohne zusätzliches Licht losmarschieren konnten.

Ich war super motiviert, hatte unglaublich Lust, endlich diese Tour zu machen, von der mir schon so viele vorgeschwärmt hatten. 14 Kilometer Weg bis zur Herberge lag vor uns, die meiste Strecke sollte es bergauf gehen. Wir sind im mittleren Tempo losgegangen, nur Emmanuel mit dem Schweren Rucksack ging schneller los, um schneller anzukommen. Auf dem Weg unterhielten wir uns ein bisschen, aber ich mag es lieber, ohne zu reden zu wandern. Nach ca. zwei Stunden erreichten wir ein Haus namens „Casa Coca“, dort frühstückten wir. Der Weg führt die meiste Zeit durch den Wald, die Luft war frisch und angenehm. An diesem Punkt spaltete sich unsere Gruppe, eine der beiden Touristinnen ging zusammen mit Emmanuel vorne weg, ich blieb bei meinem mittleren Tempo und die andere Touristin und Josué führten den Weg in einem langsameren Tempo fort. Ich liebe es, in Stille zu wandern. Das ist auch ganz passend, denn das Tal, in das diese Wanderung geht heißt „Valle del Silencio" (Tal der Stille).

Vögel zwitscherten, Grillen zirpten, der Wind raschelte in den Bäumen, Licht der Sonne schien durch die Blätter. Einfach paradiesisch. Nach zwei weiteren Stunden Wanderung erreichte ich den Berg „Cerro Quemado" (Verbrannte Spitze). Von dort hat man eine unglaubliche Sicht hinab auf das Tal, wo die Dörfer liegen. Man kann leider sogar erkennen, wo die Ananasplantagen liegen.

Immer weiter bergauf ging es. Nach knappen weiteren zwei Stunden erreichte ich die offizielle Grenze der Provinzen Puntarenas und Limon, die gleichzeitig die Linie zwischen der pazifischen und karibischen Seiten ist, der Weg und die Herberge sind jedoch immer noch auf der pazifischen Seite.  Beim Schild, das diese Linie markiert, holte ich Emmanuel und die schnellere Touristin ein, was für mich überraschend kam, ich hatte mich schon darauf eingestellt, die ganze Strecke alleine zu gehen. Schon etwas vorher hatte ich das Gefühl, dass auf der Seite rechts von meinem Grad andere Pflanzen wachsen als links. Außerdem kam von rechts her ein Wind rüber geweht, den ich vorher nicht so gespürt hatte. Dieser Ort ist magisch. Es gibt eine Passage, die führt durch Bambus und wenn der karibische Wind durch ihn durch weht, bekomme ich Gänsehaut.

Das letzte Stück des Weges, welcher durch das besagte Tal der Stille führt, ging sehr schnell vorüber, in Gesellschaft der beiden schnellgehenden Mitwanderer. Das Tal der Stille ist feuchter, es wachsen viele Moose und Farne dort. Etwas gespenstisch, wenn weiße Moosfäden durch den Wind ins Gesicht geweht werden. Wir passierten Baumriesen, die so hoch sind, dass es schwer ist, ein Foto von ihnen zu machen. Als wir bei der Herberge ankamen, so ca. nach siebeneinhalb Stunden Wanderung, waren wir erschöpft, aber glücklich. Die anderen beiden, der Guide und die andere Touristin brauchten noch etwas länger, in der Zwischenzeit haben wir schon unser mitgebrachtes Mittagessen, eingepackt in ein Bananenblatt, aufgegessen und uns ein paar Sekunden unter das eiskalte Wasser gestellt.

Am Nachmittag machte ich mit Emmanuel einen kleinen Ausflug zum Fluss, wir unterhielten uns gut, es war das erste Mal, dass ich mit dem Sohn meiner Mentorin mehr als ein paar Worte wechselte - er wohnt zum Studium in einer Stadt etwas weiter weg. Wir konnten jedoch nicht so lange bleiben, schon um drei Uhr nachmittags fing es an, ziemlich kalt zu werden, wir gingen ins Haus und fingen an zu kochen, um uns aufzuwärmen. Es war auf jeden Fall unter acht Grad kalt und dazu kam noch ein Wind, der durch die Ritzen der Wände auch durch das Haus wehte. Ich habe kaum mit den Touristinnen gesprochen, sie waren sehr ruhig und haben sich in ihr Zimmer zurückgezogen.

Die Tour ist als 3-Tages-Tour geplant, das heißt, man schläft normalerweise zwei Nächte dort oben. Der erste Tag ist zum Aufstieg, am zweiten Tag besucht man einen natürlichen Garten, von dem man nochmal einen guten Ausblick hat, und der dritte Tag ist zum Abstieg gedacht. Bei der Vorbereitung des Abendessens hat eine der beiden Touristinnen mitgeholfen. Zu der Frage des Guides, wann es denn morgen los zum Garten gehen soll, erklärte die Touristinnen, dass die beiden nicht gedacht hätten, dass der Weg so lang und anstrengend sein würde und da sie in drei Tagen arbeiten müssten, wollen sie doch schon lieber gleich am nächsten Tag absteigen.

Josué ist ein sehr professioneller Guide und deswegen akzeptierte er die Wünsche der Touristinnen und am nächsten Morgen ging es schon wieder bergab, nachdem wir gefrühstückt und alles aufgeräumt haben. Ich habe mich nicht gut gefühlt, ich war sehr enttäuscht, dass ich nicht den Garten sehen und nicht zwei Nächte bleiben konnte. Nach dem Abstieg, bei dem sich meine Laune durch Gespräche mit Emmanuel und Josué aufheiterte, sprachen die Touristinnen mit meiner Chefin Giselle. Sie hatten diese Tour über ASOMOBI gebucht. Sie erklärten, dass mehrere Aspekte nicht gut erfüllt worden wären, z.B. sei Josué kein zertifizierter Guide, hätte keine Machete mit auf dem Weg gehabt, die Herberge sei in schlechtem hygienischem Zustand gewesen, es gab kein Rattengift usw.… Das war der wahre Grund, warum sie schon früher hinab gehen wollten. Sie haben sich einfach nicht wohl in der Herberge und mit dem Guide gefühlt.

Ich verstehe bis heute nicht, dass diese beiden Touristinnen erwartet haben, von einem Haus, was die meiste Zeit leer in einem Wald steht. Meine Organisation beschreibt immer die Konditionen der Herberge und hat angekündigt, wie es sein wird. Josué geht seit 15 Jahren diesen Weg als Guide und dass er kein Zertifikat hat, liegt nur daran, dass es teuer und sehr zeitaufwändig ist. Er hatte die Machete oben in der Herberge gelassen, als er drei Tage vorher dort war, um den Weg freier zu schneiden. Es gab andere Fälle, in denen Tourist*innen Angst hatten, gerade WEIL der Guide eine Machete dabeihatte. Sehr schade, dass sie nicht bleiben wollten. Sie haben ja auch drei Tage Eintritt in den Nationalpark und für zwei Nächte Gas und Wasser bezahlt. So wie ich übrigens auch. Eine der beiden Touristinnen hat jedoch nicht alles bezahlt und in einer E-Mail erklärt, dass nicht den Rest bezahlen will. Für mich war dieser Ausflug sehr lehrreich. Ich habe dabei gelernt, dass man es nie allen recht machen kann und dass man das akzeptieren muss. Außerdem soll man jeden Moment genießen, dieser Ort da oben ist einfach wunderbar. Gerade plane ich zusammen mit meiner Chefin eine weitere Tour in das Tal, diesmal ohne Touris sondern nur mit Bekannten. Ich freue mich schon sehr darauf und hoffe, dass ich dieses Mal mindestens zwei Nächte im Wald schlafen kann.

Text und Bilder: Mara Gerhards

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