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Für eine differenzierte Debatte

Antisemitismus bekämpfen – aber mit den richtigen Mitteln. Warum eine differenzierte Debatte über BDS nötig ist.

 

Von Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel am

Brot für die Welt lehnt jegliche Form von Antisemitismus und jede Infragestellung des Existenzrechts Israels entschieden ab und beobachtet den Anstieg antisemitischer Straftaten mit großer Sorge. Brot für die Welt unterstützt keine Projekte, die BDS (Boykott, Deinvestition, Sanktion) zum Ziel oder Inhalt haben und lehnt Aufrufe zum Boykott "gegen Israel, israelische Waren und Dienstleistungen, Künstlerinnen und Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Sportlerinnen und Sportler" ab.

Die heute beschlossene Bundestags-Resolution macht BDS jedoch in einer Weise für Antisemitismus verantwortlich, die stark verkürzt ist. Wir sehen die Gefahr, dass nun alle Organisationen, die ein Ende der völkerrechtswidrigen Besatzung fordern, verunglimpft werden und ihnen damit die Finanzierungsgrundlage entzogen wird.

Es gehört zur DNA von Brot für die Welt, Antisemitismus, den Hass auf Juden,  scharf zu verurteilen und entschieden abzulehnen und sich weltweit für Menschenrechte und Gewaltfreiheit einzusetzen. Antisemitismus in Deutschland ist ein ernstes Phänomen mit abscheulichen Auswüchsen und wir sehen - wie der Bundestag – mit großer  Sorge seine Zunahme in den letzten Jahren. Die Ursachen sind komplex und haben eine lange Geschichte in unserem Land.

Intensive Auseinandersetzung mit eigener Vergangenheit

Eine der Ursachen des Antisemitismus ist der Jahrhunderte alte christliche Antijudaismus. Die evangelischen Kirchen in Deutschland haben sich in den vergangenen  Jahrzehnten intensiv damit auseinander gesetzt und Konsequenzen für Verkündigung und Lehre daraus gezogen. Genauso sind u.a. Fremdenfeindlichkeit, religiöser und politischer Fanatismus,  Intoleranz und Rassismus Ursachen für Antisemitismus. 

Wir stehen hinter dem entschiedenen Eintreten des Bundestages gegen den Antisemitismus. Ich wünschte mir aber, dass sich die demokratischen Parteien und die Bundesregierung der Bekämpfung der o.g. Ursachen entschiedener annehmen und sich deutlicher davon abgrenzen, als wir es in den vergangenen Jahren erlebt haben. Wenn nun  in dem Beschluss des Deutschen Bundestags unter der Überschrift ‚Antisemitismus bekämpfen‘ ausschließlich von BDS die Rede ist, als sei dies die einzige Ursache für Antisemitismus, wird dies der Tragweite des Themas nicht gerecht.

Fehlende Abgrenzung problematisch

BDS wird als eine homogene Bewegung dargestellt, die sie nicht ist. Sie ist von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt und motiviert – dem jeweiligen Kontext geschuldet. Dass heute von Teilen der BDS-Bewegung generell zum Boykott israelischer Handelsgüter und israelischer Künstlerinnen und Künstler aufgerufen wird, erinnert an die schrecklichste Phase der deutschen Geschichte und ist scharf  zu verurteilen. Warum es innerhalb der sehr breit gefächerten BDS-Bewegung, keine Abgrenzung  gibt von gewaltbereiten, rassistischen und fundamentalistischen Kräften, ist fragwürdig und hochproblematisch. Es gibt keine Legitimation für Antisemitismus.

Brot für die Welt unterstützt die BDS-Bewegung in keiner ihrer Ausformungen und unterstützt auch keine BDS-Projekte. Der interfraktionelle Bundestagsantrag wirft jedoch alles in einen Topf  und drückt den Stempel Antisemitismus drauf. Das halten wir für verkürzt und politisch irreführend.

Als der BDS-Aufruf 2005 in den Palästinensischen Gebieten gestartet wurde, stellte er einen so verzweifelten wie ernsthaften Versuch der Bevölkerung dar, von nun an gewaltfrei gegen die Besatzung zu protestieren - gerade auf Grund der Erfahrungen mit massiver Gewalt, vielen Toten und Verletzten – auf beiden Seiten - im Zuge der sogenannten zweiten Intifada. Zahlreiche palästinische NGOs, Gewerkschaften und auch Kirchen und kirchliche Organisationen haben sie unterzeichnet. Dieser historische und politische Kontext gehört wahrgenommen.

Differenzierte Debatte nötig

Die Resolution des Bundestages setzt pauschal BDS und Antisemitismus gleich. Eine Differenzierung zwischen Antisemitismus und legitimer Kritik an der konkreten  Besatzungspolitik der gegenwärtigen Regierung Israels fehlt. Ein dahingehender Passus in einem Vorentwurf des interfraktionellen Antrages, der dies ausdrücklich differenzieren wollte, wurde gestrichen mit der Begründung, dies sei so selbstverständlich, dass man das nicht eigens sagen müsse. An diese Selbstverständlichkeit wird in den folgenden Monaten zu erinnern sein!

Mittelfristig könnte die Resolution dazu genutzt werden, öffentlich Druck zu machen mit dem Ziel, dass alle deutschen Förderungen für palästinensische Organisationen einschließlich des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge  UNWRA  einzustellen sind, die sich 2005 BDS angeschlossen haben  – und nicht nur die von BDS-Projekten, wie es jetzt in der Resolution heißt.

Leid der Bevölkerung nicht vergessen

Die palästinensische Bevölkerung leidet jetzt schon massiv darunter, dass es immer weniger humanitäre Hilfe und soziale Dienstleistungen gibt, nachdem US-Präsident Trump die weitere Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde für den Betrieb von Krankenhäusern  unterbunden hat. UN-Organisationen, EU-Finanzierungsmechanismen, die Kirchen und die NGOs, die dann von der Streichung deutscher Fördermitteln betroffen wären, gehören zu den wenigen, die Gesundheitsversorgung, Ausbildung, humanitäre Hilfe und Ernährungssicherung leisten.

Hilfe weiter nötig

Deutschland ist eines der größten Geberländer für humanitäre und Entwicklungshilfe weltweit, so auch in den palästinensischen Gebieten. Der Wegfall deutscher Unterstützung würde die palästinensische Bevölkerung in den besetzten Gebieten ohne Aussicht auf und ohne Zugang zu irgendeiner Form sozialer Dienstleistung lassen, sie neben den politischen auch noch  ihrer wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte berauben. Das ist ein gefährlicher Nährboden für Gewalt und könnte das Aus für Friedensbemühungen in der Region bedeuten.

Brot für die Welt und die evangelischen Kirchen in Deutschland setzen sich an der Seite ihrer Partner vor Ort seit Jahrzehnten für eine friedliche Lösung des Nahostkonfliktes ein, die die legitimen Interessen beider Seiten und die Menschenrechte berücksichtigt und im Interesse beider Völker ist. Der Spielraum dafür wird gegenwärtig in gefährlicher Weise durch polarisierende Debatten,  pauschalierende Vorwürfe und möglicher Weise auch durch die Delegitimation von sozialen Akteuren immer weiter geschmälert. Wer kann das wollen?

 

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