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Die Ungewissheit nimmt kein Ende

Im Projektgebiet von Sunbird-/Addax-Bioenergy in Sierra Leone droht 300 Menschen die Umsiedlung aufgrund von Umweltverschmutzung sowie Risiken durch die Bioethanol—Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Gegebenheiten sind unklar, die Menschen beunruhigt und ihre Lebenssituation ist bedroht.

Von Caroline Kruckow am

Hintergrund

Im Jahr 2016 verkündete „Addax Bioenergie“, ein Tochterunternehmen der Schweizer „Addax-Oryx Group“, das Ende ihres Großprojektes zur Bioethanol-Produktion in Sierra Leone. Ende des Jahres wurden die Mehrheitsanteile von Addax-Bioenergy an das britisch-chinesische Unternehmen „Sunbird Bioenergy“ abgegeben. Wir berichteten darüber und veröffentlichten die Studie „The Weakest should not bear the Risk“ - gemeinsam mit unserem Partner vor Ort, dem zivilgesellschaftlichen Netzwerk für das Recht auf Nahrung („Sierra Leone Network on the Right to Food/SiLNoRF“) und dem Schweizer Hilfswerk „Brot für Alle“ forderten wir mehr Verantwortungsübernahme von den Unternehmen und ihren Investoren wie auch von den sie unterstützenden Banken. Seitdem hat sich weiter einiges vor Ort verändert, aber leider wenig zum Besseren. Weiterhin sind die Menschen zum größten Teil arbeitslos, können nur einen Teil der ehemaligen, vor dem Beginn des Addax-Projektes für die Selbstversorgung genutzten Flächen bewirtschaften und blicken einer unsicheren Zukunft entgegen. Zugleich werden negative Folgen des ehemaligen Addax-Projektes immer deutlicher.

Die Tonka-Gemeinde erlebt die negativen Auswirkungen

So ist derzeit akut die Dorfbevölkerung von Tonka, einem Dorf in unmittelbarer Nähe der Fabrikanlage, durch Wasserverschmutzung bereits seit längerem gefährdet. Schon in früheren Jahren wurde die Wasserbelastung aus Pestiziden und Düngemitteln des Zuckerrohranbaus auf den Addax-Flächen sowie durch die Verarbeitung in der Fabrikanlage bekannt. Da im Addax-Projekt Umsiedlungen vermieden werden sollten, wurden der Gemeinde Wassertanks geliefert, über die sauberes Trinkwasser gesichert werden sollte. Die Tanks alleine reichten aber nicht aus. Jetzt kommen auch noch Luftverschmutzung, Lärm sowie Explosionsgefahr von Biogas-Behältern am Rande der Fabrik dazu.

Das Dorf soll, so hieß es plötzlich im März, umgesiedelt werden. Die Aufregung war groß, denn lokale Behörden und das Unternehmen Sunbird/Addax Bioenergy informierten gar nicht oder unzureichend und unklar. So wusste keiner wann, wohin, wie und mit welchen Mitteln umgesiedelt werden würde. Dagegen kündigte der Paramount-Chief unvermittelt eine Zwangsumsiedlung innerhalb von 3 Tagen an. Einige Dorfbewohner reagierten sofort mit der Ankündigung von gewaltsamer Gegenwehr, sollte so eine zwangsweise Umsiedlung stattfinden. Durch Vermittlung von SilNoRF und rechtliche Beratung durch NAMATI (ebenfalls eine sierra-leonische Nichtregierungsorganisation, die sich auf juristische Beratung und Landrechte spezialisiert hat) konnte die Situation entspannt und die unmittelbare Umsiedlung erstmal verhindert werden.

Inzwischen wird, so berichten unsere Partner von vor Ort, eine Umsiedlung für 2020 angekündigt. Aber weiterhin ist es für die Dorfbevölkerung unklar, wie es weiter gehen wird. Weder die neuen Örtlichkeiten noch der Rechtsrahmen, auf dessen Grundlage die Umsiedlung stattfinden soll, sind geklärt. Auch Entschädigungsfragen für gesundheitliche Schädigungen aber auch für materielle Verluste und das Verlassen des angestammten Landes und der traditionellen Orte, die für die Gemeinschaft soziale und kulturelle Bedeutung haben, sind ungeklärt.

Die Einschätzung der früheren Unterstützer

Die Bundesregierung und verschiedene Entwicklungsbanken, darunter auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungs-Gesellschaft/DEG, die niederländische FMO und die schwedische Entwicklungsbank Swedfund u.a., haben das damalige Addax-Vorhaben stark gefördert. Seit 2014 sind alle Kredite zurück bezahlt und damit sehen sich die Entwicklungsbanken nicht mehr in der Verantwortung. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zu „KfW-Auslandsgeschäften im Agrarbereich“ vom 14.02.2019 stellt die Bundesregierung fest, sie teile die Auffassung der Fragestellenden, dass „die Lebenssituation der Menschen vor Ort durch das Addax-Projekt und sein Scheitern Schaden genommen hat“ nicht.

Wir sehen das anders und erwarten weiterhin von der Bundesregierung wie auch von den Entwicklungsbanken, dass auch langfristig Verantwortung übernommen werden muss für Projekte, die negative Nebenwirkungen für die lokale Bevölkerung zeigen.

Was jetzt getan werden sollte:

Um weiteren negativen Entwicklungen für die lokale Bevölkerung entgegen zu wirken, weitere Unsicherheiten zu vermeiden und Gewalt zu verhindern, sollte von den lokalen Behörden, dem Unternehmen Sunbird/Addax Bioenergy  und nationalen und internationalen Akteuren alles getan werden um

  •  Umfassende und rechtzeitige Information und Aufklärung der Sachlage vor Ort sicherzustellen und die Betroffenen an der Entscheidungsfindung teilhaben zu lassen
  • Den rechtlichen Rahmen sowie auch die Örtlichkeiten für eine anstehende Umsiedlung mit den Betroffenen zu erklären und einen inklusiven Prozess und Zeitplan zu gestalten
  • alle Multistakeholder-Formate und – Dialoge regelmäßig fortzusetzen
  • Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten/ Due dilligence im Sinne der UN-Leitprinzipien „Business&Human Rights“ von dem Unternehmen einzufordern und einzuhalten
  • Lokale zivilgesellschaftliche Akteure wie SiLNORF und NAMATI als Mediatoren und rechtsberatende Kräfte zu unterstützen und zu stärken
  • Bei unvermeidbarer Umsiedlung die Landrechts- und Entschädigungsfragen unter Anwendung der UN-Landleitlinien („Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests/VGGT“) zu regeln
  • Umfassende Entschädigungsprogramme aufzulegen, die sowohl für die Tonka-Gemeinde im Falle ihrer Umsiedlung, aber auch für andere Betroffene die Gesundheits- und Umweltschäden, die durch die Flächenbewirtschaftung sowie die Firma entstehen, kompensieren
  • Umfassende Entwicklungsmaßnahmen in der Makeni-Region zu fördern, die eine nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation sichern und friedliche, menschenrechtskonforme Entwicklung für die Menschen vor Ort ermöglichen

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Lachender Junge

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