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Zerstörte Krankenhäuser und fehlende Ärzte

Eindrücke der Reise durch Zentralsyrien von Dr.h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. Teil 4: Ist die medizinische Versorgung gesichert?

Von Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel am

Viele Gebäude sind stark beschädigt oder komplett zerstört, so wie diese Wohnung. Auch viele Krankenhäuser sind nicht mehr funktionstüchtig.

Viele Menschen in Syrien sind auf medizinische Versorgung und Unterstützung angewiesen: Menschen mit körperlichen Einschränkungen, angeborenen oder chronischen Erkrankungen, Schwangere und Gebärende. Aber auch Opfer von Krieg oder Unfall, also Menschen, die unter akuten Erkrankungen leiden. Gerade die Zahl letzterer ist dramatisch angestiegen.

Das haben wir an drei verschiedenen Orten erfahren. Wir sprachen mit Patienten und Patientinnen, die von unserer syrischen Partnern Unterstützung für medizinische Behandlung erhalten. Das Risiko zu erkranken ist infolge der Traumatisierungen, der Depressionen und der teils mehrfachen Vertreibungen signifikant gestiegen. Infolge des großen psychischen und physischen Stresses, den dieser Krieg besonders für Frauen und ältere Menschen bedeutet, leiden deutlich mehr Menschen an Bluthochdruck, erleiden einen Herzinfarkt oder Schlaganfall oder erkranken an Krebs. Gleichzeitig können die meisten Menschen die notwendigen Operationen und Medikamente aus eigener Kraft nicht mehr bezahlen: Die Regierung hat die Subventionen für Medikamente gestrichen und kostenlose Behandlungen an Krankenhäusern massiv eingeschränkt.

Zerstörte Krankenhäuser und fehlende Ärzte schüren die Not

Ohnehin sind viele Krankenhäuser und -stationen zerstört, weniger als die Hälfte ist noch funktionsfähig. Außerdem gibt es zu wenig Ärzte: viele wurden zum Kampf eingezogen, andere sind, wie ihre wehrfähigen Altersgenossen, ins Ausland geflohen. Die noch funktionsfähigen öffentlichen Krankenhäuser sind mit verwundeten Soldaten überlastet. Wartezeiten für Untersuchungen und OPs sind deshalb unrealistisch lang. Die Behandlungspreise der noch funktionierenden Privatkliniken liegen weit über dem, was Privathaushalte sich leisten können. Eine Frau mit kleinen Kindern erzählte mir, dass allein die Untersuchungen für ihre Brustkrebsdiagnose 150.000 syrische Pfund gekostet haben. Bei einem Einkommen von 45.000 Pfund monatlich habe sie beschließen müssen, sich nicht weiter behandeln zu lassen, da sie weder das Geld für eine OP, noch für Nachbehandlungen habe, wenn sie gleichzeitig ihre Kinder durchbringen will. Die Kosten für Herzuntersuchungen wurden uns gegenüber mit 200.000 Pfund beziffert. Wir erfuhren, dass Blutdruck- und Herzmedikamente monatlich zwischen 20.000 und 40.000 Pfund kosten – je nach Schwere der Erkrankung. Dem stehen Renten und unregelmäßige Einnahmen aus Gelegenheitsarbeiten von monatlich 35.000 – 50.000 Pfund gegenüber.

Eine Geburt per Kaiserschnitt stellt ein kriegsbedingtes Todesrisiko dar oder kann – wenn überhaupt eine Privatklinik zur Verfügung steht - mindestens eine Familie unter das Existenzminimum drücken. Familien, in denen ein Mitglied auf eine teure Behandlung oder OP angewiesen ist, müssen sich entweder noch höher verschulden – was ohnehin viele schon tun mussten, um in Kriegszeiten zu überleben. Oder sie sind auf Überweisungen der ins Ausland geflohenen Verwandten angewiesen – sofern diese arbeiten dürfen!! Wenn alle Ressourcen aufgebraucht sind und niemand ihnen mehr Geld leihen will, müssen sie als Familie manchmal die harte Entscheidung treffen, ob die Kinder mit Nahrung oder die schwer Kranken mit Medikamenten am Leben erhalten werden sollen.

Kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser

Dazu kommt das deutlich gestiegene Risiko, an mangelndem Zugang zu sicherem Trinkwasser und schlechter Hygiene zu erkranken: Besonders in den stark umkämpften Gebieten ist die gesamte Infrastruktur zerstört: Brunnen, Wasser- und Abwasserleitungen und Kläranlagen. In den Gebieten, in denen sich IS- und Al Nusra-Rebellen eingenistet haben, sind in nahezu jedem Haushalt, der nicht kollaboriert hat, die sanitären Anlagen zerstört oder mitgenommen worden und die Leitungen aus den Wänden gerissen. Zugang zu sauberem, also sicherem Trinkwasser ist durch den Vandalismus der Kriegsakteure, durch Strafaktionen und durch Kriegszerstörungen für den größten Teil der Bevölkerung ein Problem geworden – schwere Magen-Darm-Erkrankungen sind die Folge.

Die enorme Wohraumverknappung hat natürlich auch die Mietpreise drastisch ansteigen lassen. Auch das – wie auch die kriegsbedingte Erhöhung der Energiepreise - trägt zur Verarmung der Menschen bei. Insgesamt sind 13,1 Millionen Syrer und Syrerinnen im Land auf akute humanitäre Hilfe angewiesen. Es fehlt ihnen an allem und sie können sich kaum etwas leisten – angefangen von Winterkleidung bis zur Babynahrung, sicherem Trinkwasser und der grundlegendsten Medizin. Und so Vielen fehlt ein Dach über dem Kopf!

Es gibt viele Formen mangelnder Sicherheit und der Krieg fordert auf unterschiedlichste Weise Todesopfer. Die allgemein bekannte Tatsache, dass ein großer Teil der Toten, die auf das Konto eines Krieges gehen, nicht an Gewalteinwirkung, sondern an den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Krieges sterben, ist auch in Syrien augenfällig. Ob und in wie vielen Regionen Syriens es keine Gewalthandlungen mehr gibt und auch nicht mehr geben wird, ist kein ausreichender Indikator für Sicherheit.

 

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