Jährlich beschreibt CIVICUS die Situation der Zivilgesellschaft und stellt die Herausforderungen dar, vor der sie derzeit steht. Im diesjährigen Bericht nutzt CIVICUS die Zahlen des CIVICUS Monitor, auf die sich auch der Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt und CIVICUS bezieht.
Der „State Civil Society Report“ macht deutlich, dass es eine neoliberale Politik versäumt hat, dem Wohl der Menschen zu dienen. Gleichzeitig haben autoritäre Entwicklungsmodelle Konjunktur, wie sie China oder Indien vertreten, bei welchen Wachstum ohne zivilgesellschaftliche Beteiligung erreicht werden soll. CIVICUS betont, dass die Rolle der Privatwirtschaft im Rahmen der Einschränkung von Zivilgesellschaft analysiert werden muss. Mehr und mehr übernehme die Privatwirtschaft Aufgaben des Staates und könne dabei nicht ausreichend durch verbindliche Regeln zur Rechenschaft gezogen werden. Als Trend erkennt CIVICUS außerdem, dass besonders Journalistinnen und Journalisten im letzten Jahr verfolgt wurden, die sich als Watchdog für Korruption des Staates hervortaten. Die wachsende digitale Überwachung wirkt sich nach Auffassung von CIVICUS für die Zivilgesellschaft einschränkend aus. Als bedrohlich für die Situation der Zivilgesellschaft sieht CIVICUS darüber hinaus einen wachsenden Fundamentalismus und einer Polarisierung der Gesellschaften. Die Zunahme von einer „uncivil civil society“, die sich menschenfeindlich äußert und mit diesen Positionen auf die Straße geht, sieht CIVICUS als gefährlichen Trend. Nach Auffassung von CIVICUS müssen wir mehr tun, um uns diesen Bewegungen entgegen zu stellen.
In dem Bericht legt CIVICUS Wert darauf darzustellen, dass in vielen Bereichen die Zivilgesellschaft dem Trend des Shrinking Space etwas entgegen setzt. Beispiele, die CIVICUS nennt, finden sich im letzten Jahr bei der Ablösung der Regierung in Südkorea, die durch die Proteste vieler Menschen gegen die Korruption der alten Regierung zustande gekommen ist. Gleichzeitig beschreibt CIVICUS, welchen enormen Einsatz die Zivilgesellschaft beim Einsatz für mehr Menschlichkeit in Krisensituationen wie in Syrien, dem Jemen und anderswo, beispielsweise beim Erdbeben in Mexiko trotz großer Schwierigkeiten leistet. Mit phantasievollen und innovativen Methoden stelle sich die Zivilgesellschaft den repressiven Bewegungen entgegen.
Zum ersten Mal bezieht der Civil Society Report sich in diesem Jahr auf die Zahlen des CIVICUS Monitor, die graphisch ansprechend aufgearbeitet werden. Gleichzeitig hat der CIVICUS Monitor bei der Berechnung der Zahlen eine minimal modifizierte Methode angewandt. Diese hat dazu geführt, dass einige Länder, die zuvor als eingeengt bewertet wurden, nun als offen gelten, inzwischen 4 %. Ausdrücklich weist CIVICUS darauf hin, dass diese Veränderung nicht zustande gekommen ist, weil die Situation sich in den Ländern verändert habe, sondern beinahe ausschließlich auf der neuen Methodik basiert. Besonders betroffen sind die Staaten, die sehr knapp zwischen zwei Einteilungen lagen. Die veränderte Methodik, die CIVICUS sehr ausführlich beschreibt, bezieht sich insbesondere auf die mathematische Berechnungsformel der unterschiedlichen Grunddaten des Monitors, die auf verschiedenen weltweiten Berichte und auf eigene CIVICUS Recherchen basieren. Außerdem hatten sich in der Vergangenheit bei Auf- und Abrundungen Ungenauigkeiten ergeben, die nun behoben wurden. In einer Vergleichsgraphik, die CIVICUS vorstellt, wird deutlich, dass sich durch die neue Berechnungsmethode die deutlichsten Veränderungen in den Kategorien zwischen offen, eingeengt und beschränkt ergeben haben. Leider hat sich der Trend zu einer Welt, in der nur noch wenige Menschen in einer offenen Gesellschaft leben, nicht umgekehrt. Dazu braucht es noch mehr mutige, phantasievolle, mobilisierende Ansätze mit einer klaren Haltung für eine lebendige, kritische, menschenrechtsorientierte und diverse Gesellschaft.