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Hinter dem letzten Baukran von Phnom Penh

Tess arbeitet die meiste Zeit bei einer NGO für ländliche Entwicklung in Phnom Penh. Aber manchmal besucht sie auch die Außenbüros und erlebt hautnah die Unterschiede zur Millionen-Metropole.

Von Klaus Ehrlich am

Battambang Provinz

Die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh, hat etwa zwei Millionen Einwohner – Tendenz steigend. Um 3,9 % (laut tourismcambodia.com). Nicht verwunderlich also, dass in alle Himmelsrichtungen gebaut wird.

„Phnom Penh ist..“ ist ein schwieriger Satzanfang, da die eine Ecke der anderen widerspricht und zwei Erlebnisse scheinen nicht aus einer Stadt stammen zu können. Passende Adjektive sind meiner Meinung nach grau und bunt, dreckig und schön, stinkend und duftend. Man weiß nie, was einen erwartet, wenn man unsere WG verlässt. Man kann genauso gut die freundlichste Begegnung der Woche erleben, sein Handy aus der Hand geklaut bekommen, ein neues Restaurant entdecken, einen Klapps auf den Allerwertesten kassieren oder ein schönes Gespräch mit dem netten TukTuk Fahrer an der Ecke führen. Ja, ich spreche aus Erfahrung und natürlich überwiegen die positiven Erlebnisse.

Auf den Straßen ist es unmöglich allen Geschehnissen um einen herum gleichzeitig zu folgen. Es wuselt nur so von Motorrädern, dicken Autos und TukTuks. Am Straßenrand warten TukTuks oder Straßenstände auf Kunden, es wird gehandelt, verkauft und Päuschen gemacht. Das Leben in Phnom Penh ist so spontan und aufregend, dass es einem manchmal Recht ist, zu entfliehen und alles für ein paar Tage hinter sich zu lassen.

National Road 4. Einige Kilometer östlich von Phnom Penh. Die Straße wird breiter. Laster mischen sich vermehrt unter die Verkehrsteilnehmer. Je nach Tageszeit fließt der Verkehr. Zwischen Straße und Häusern ist ein breiter Streifen Sand, der manchmal Platz für einen Markt hergibt. Bunte Schirme versuchen die Ware vor der Sonne zu schützen. Dann reißt die endlose Häuserreihe ab, der Ausblick weitet sich. Statt bunten Ladenschildern, wird grün zur dominanten Farbe. Erste Reisfelder und Palmen bedecken den Boden. Dann doch wieder eine große Textilfabrik auf der rechten Seite, auf der linken und ein paar weitere bis wieder Grün in Sicht ist. Verkaufsstände stehen davor, es gibt Snacks, Mittagessen aus schiebbaren Glaskästen und Kleidungsstücke, die offen aufgereiht werden. Felder. Der Verkehr wird ruhiger. Ohne, dass ich Abzweigungen gesehen habe, müssen ein paar Transportmittel die Straße verlassen haben. Ein Kilometer Ortschaft. Der Bekleidung der Einwohner nach zu urteilen, lebt hier ein Teil der muslimischen Minderheit in Kambodscha. Brautmode, geschnittenes Obst im Glaskasten, ein kleiner Markt. Alles ganz gewöhnlich, bis eine prunkvolle Moschee hinter zwei Häusern hervorblitzt. Die Straße ist gut ausgebaut, weitere derer, die einen Teil des Weges mit uns gefahren sind, bleiben zurück. Wir fahren nicht langsamer und trotzdem fühlt es sich an wie Entschleunigung. Links und rechts: Reisfelder, mehr und mehr Palmen. Von nun an teilen sie sich die Landschaft mit Gebäuden, die sich deutlich entzerrter zu einem Ort formen.

Wir sind da. Angekommen an einem Außenbüro in der Provinz Kampong Speu („Spö“). Es gibt in Kampong Speu insgesamt drei; zwei davon sind von Mitarbeitern unter der Woche bewohnt. In einem Haus wird gearbeitet, im anderen geschlafen.

Hinter mir schließe ich die Tür des weißen Jeeps mit breitem dunkelblauen Längsstreifen. Einatmen. Gute Luft, bessere Luft als in Phnom Penh. Keine bemerkbaren Abgase liegen in der Luft, kein Geruch von Müll oder gebratenem Fleisch.

Ehrlicherweise sind diese „Ausflüge“ nicht der Großteil meines Freiwilligendienstes bei der lokalen Nichtregierungsorganisation „Life with Dignity“ (LWD). Auch wenn solche Büros, wie in Kampong Speu noch in vier weiteren Provinzen Kambodschas vorhanden sind, ist meine Einsatzstelle im Headquarter in Phnom Penh. Die meiste Zeit korrigiere ich Reports an meinem Schreibtisch. Diese handeln von Projekten, wie zum Beispiel Brunnen-, Schulen- oder Straßenbauten. Im Verlauf ihrer Umsetzung müssen Berichte darüber verfasst werden, die uns aus den Büros in den Provinzen zugesendet werden. Ich passe sie unseren Vorlagen an und mache sie damit bereit für die Versendung an einen von LWD’s Geldgebern. Name des Programms: Village Partnership Program, kurz VPP.

Das Arbeitsziel von LWD ist ländliche Entwicklung. Denn da, wo die Luft in Kambodscha am besten ist und die Palmen Schatten werfen, fehlt es an ganzjährlicher Wasserversorgung, Bildungsstätten, zuverlässigem Straßensystem und grob gesagt an Unterstützung für benachteiligte Menschen. Das hat sich LWD durch verschiedenste Herangehensweisen zur Aufgabe gemacht.

Der zuletzt anstehende Final Report des VPPs beinhaltet Interviews mit den Menschen, die von den konkreten Projekten profitiert haben. In den ersten sieben Monaten meines Freiwilligendienstes bin ich dadurch schon in vier Provinzen Kambodschas gefahren und habe manchmal mit und manchmal ohne meine Mentorin an meiner Seite diese Interviews miterlebt und sie gegen Ende sogar mitgeführt. Warum ich diesen Teil mit euch teilen möchte? Weil es für mich jedes Mal ein kostbares Erlebnis ist. Die Welt hinter Phnom Penh nicht nur zu sehen und zu bewundern, sondern auch kennenzulernen und zu verstehen. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung leben außerhalb der Städte. Die große Mehrheit bewirtschaftet Reis-, Obst- oder Gemüsefelder oder züchtet Vieh. Es ist großartig, so viel über Landwirtschaft zu lernen und zu sehen, welche Auswirkung die Arbeit von LWD hat; inwiefern sie die Menschen bei ihrer täglichen Arbeit unterstützt. Im Schatten einer hölzernen Hütte frage ich nach den Familienmitgliedern der Interviewten, wir wollen ihre „Geschichte“. Am baldigen Ende meiner Khmer-Kenntnisse übernimmt meine Mentorin oder ein Kollege. Ich erfahre, wie eine Mutter erzählt, dass die neue Straße den Schulweg ihrer Tochter sicherer macht, wie sich der Weg eines Bauern zu seinem Feld halbiert, weil er keinen Umweg mehr fahren muss und wie ein ganzes Dorf durch das neue Staubecken beginnt, mehr anzupflanzen und gemeinsam zu verkaufen, um mal drei Beispiele zu nennen.

Den Menschen zu begegnen, ist der von mir wohl am meisten geschätzte Teil meiner Arbeit und meines Freiwilligendienstes. Es bringt mich näher zu verstehen, was Kambodscha „ist“.

Bilder und Text: Tess Maurus

 

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