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GETI 17: Visionen für die Integration in Europa

In Zeiten von Populismus, einem fragilen Europa und Fluchtbewegungen sind Migrantengemeinden wichtig für die Integration. Dafür müssen sie und die hiesigen Kirchen sich interkulturell öffnen. GETI17, eine Konferenz mit 150 Theologiestudierenden, startet bei Brot für die Welt und bereitet darauf vor.

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Wie lässt sich GETI 17 einordnen?

Dietrich Werner, Referent Theologische Grundsatzfragen bei Brot für die Welt: In unserer Welt verändert sich die religiöse Landschaft rapide: Nach Daten der Pew Foundation sind weltweit fast die Hälfte aller Migrantinnen und Migranten Christen verschiedener Konfessionen. Es entstehen immer mehr christliche Gemeinden anderer Sprache und Herkunft in Europa und in Deutschland. Darum brauchen wir ein interkulturelles Sensibilisierungs- und Bildungsprogramm, um Kirchen weltweit durch Führungskräfteschulungen zu stärken und zu öffnen. So werden sie zum Motor für Integration.

Darum wurde GETI auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan 2013 ins Leben gerufen. GETI steht für Global Ecumenical Theological Institute. Zu der zehntägigen GETI 17-Konferenz in Berlin, die von Brot für die Welt eröffnet und begleitet wird, kommen hundertfünfzig Studierende und junge Dozenten der Theologie. Sie sind in asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Migrantenkirchen in Europa aktiv. Zusammen mit dreißig hochrangigen Professoren soll eine Vision von Ökumene in Europa entwickelt werden, die sich über alle Grenzen von Konfessionen und Milieus erstreckt. Es nehmen Angehörige der orthodoxen, der römisch-katholischen und der evangelischen Kirchen teil, aber auch Evangelikale und Mitglieder der Pfingstkirchen.


Warum ist das gerade jetzt so wichtig?

Dietrich Werner: Kirchen, die hier zusammen kommen, halten an der europäischen Vision und den Gemeinsamkeiten der verschiedenen christlichen Traditionen in Gesamteuropa fest. Damit positionieren sie sich klar und stellen sich dem anti-europäischen Populismus entgegen. Deshalb hat das GETI-Projekt eine so aktuelle Bedeutung.

Welche Probleme müssen die Migrationsgemeinden angehen?

Dietrich Werner: Ohne Kenntnisse der deutschen Sprache und ohne Wissen  über die deutsche Kirchentradition und Diakonie gibt es keine Chance für Einwandererkirchen, hier Fuß zu fassen und sich einzubringen. Es gibt zum Beispiel afrikanische Gemeinden in Berlin, deren Leiter überhaupt kein Deutsch sprechen. Wie können sie verstehen, wie evangelische Kirchen ihren Glauben praktizieren – die Geschichte der protestantischen Reformation, der Aufklärung und der Professionalisierung der Diakonie? Sie kommen aus einem anderen kulturellen Kontext. Das ist eine Herausforderung für beide Seiten und neue Modelle interkultureller ökumenischer Bildung sind der Schlüssel für ein besseres gegenseitiges Verständnis. Darauf zielt GETI mit seinem „Training of Trainers“- Ansatz ab und  ist ein internationales Pioniermodell.

Welche Anstöße kann GETI geben?

Dietrich Werner: Ein Theologie- oder Sozialpädagogik-Studium können die meisten Mitglieder oder Leiter der Migrantenkirchen nicht ohne Weiteres machen. Die Teilnahme an GETI  befähigt sie aber, eigene Leute in ihrer Gemeinden auszubilden, sodass diese stärker ökumenisch sensibilisiert werden,  ihre interkulturelle Kompetenz erhöhen. Und dadurch später auch in Arbeitsstellen der Diakonie einsetzbar sind.

Was müssen einheimische Kirchen lernen und wie können sie sich öffnen?

Dietrich Werner: Die evangelischen Landes- und Freikirchen müssen Ressourcen, Glaubenstraditionen und diakonische Verantwortung  teilen und Gastfreundschaft lernen. Denn die Einwanderergemeinden sind nicht an das Kirchensteuersystem angeschlossen, alle arbeiten meist ehrenamtlich, auch die Pastoren. Wir sind herausgefordert, gemeinsam Kirche zu sein. Das heißt, dass man sich besucht und eine Kultur der gegenseitigen Fürbitte und gemeinsamen diakonischen Verantwortung entwickelt. Nicht zuletzt brauchen wir eine interkulturelle Sensibilisierung der Mitarbeiter von Migrations- und Sozialberatungsstellen in den Diakonischen Werken. Viele wissen gar nicht, welche Vitalität des Glaubens und jahrhundertelanger christlicher Traditionen wir mitten unter uns haben.

Können Sie Beispiele nennen?

Dietrich Werner: In Hamburg gibt es fast einhundert afrikanische Gemeinden, die Mehrzahl stammt aus Westafrika. In Berlin treffen sich seit 2015 jeden Sonntag 400-600 eritreische Christen. Sie haben die älteste christliche Tradition des afrikanischen Kontinentes. Das sind kleine, aber sehr vitale Gemeinden. Hier finden Flüchtlinge und Migranten Verwurzelung, Unterstützung und Rituale, die Hoffnung und Freude spenden.

Was passiert, wenn diese interkulturelle Öffnung nicht klappt?

Dietrich Werner: Wenn das schiefgeht, entsteht eine Zwei- oder Drei-Klassengesellschaft: Die Kirchen in der oberen Etage, die Zugang zu Finanzen, Bildung und diakonischen Kapazitäten haben. Und die armen Migrantengemeinden, die davon ausgeschlossen sind. Wir wollen diese Form der Apartheid in der Ökumene nicht. Denn das ist ja genau das Gegenteil von dem, was Ökumene eigentlich heißt. Dabei geht es auch um ganz praktische Anliegen, wie etwa die Frage, unter welchen Bedingungen sich Migrantengemeinden bei den Kirchen einmieten können, ob sie fair oder unfair sind. Wir dürfen unser Augenmerk nicht nur auf die fernen Partner in Afrika richten  und dabei vergessen, dass wir ganz nahe Partner auf der Schwelle unserer Haustür haben.

Ist dieses ökumenische Miteinander auch ein politisches Signal?

Dietrich Werner: Solidarität zwischen Mehrheits- und Einwandererkirchen ist ein entscheidender Schritt gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus. Und es ist ein Beitrag zur Integration, wenn entwurzelte Christen hier in Kirchen anderer Sprache und Herkunft eine Heimat finden. Die Geschichte von Einwandererkirchen in Deutschland ist überwiegend eine von erfolgreicher Integration. Sie leisten diakonische Arbeit in sozialen Milieus, zu denen wir keinen Zugang haben.  Und sie engagieren sich mit Rücküberweisungen finanziell in ihren Herkunftsländern, fördern Projekte vor Ort  und werden entwicklungspolitisch aktiv. Sie haben ein Bedürfnis zu Helfen, das  über ihre familiären Clans hinausgeht. Hier schließt sich der Kreis zwischen Migration und Entwicklung: Und auch das wollen wir den GETI-Studierenden in Berlin mit auf den Weg geben.

 

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