Dazu zählen einige Staaten Ostafrikas, wie Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Südsudan ebenso wie die Sahelzone Westafrikas oder im Mittleren Osten. Extreme Wetterereignisse wie Dürren und darauffolgende Nahrungsmittelknappheit können Konflikte entstehen lassen oder verschärfen, die gewaltsam ausgetragen werden.
In vielen dieser Regionen herrscht Hunger. Am schlimmsten ist die Situation derzeit im Südsudan, Jemen, Nordnigeria und Somalia. In allen vier Ländern besteht eine schwere Hungerkrise, Millionen sind akut vom Tod bedroht. Am 20. Februar 2017 wurde für Teile des Südsudan von den Vereinten Nationen offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Die schwerste Form der Nahrungsmittelknappheit. Sie wird offiziell erklärt, wenn bereits viele Menschen derart unterernährt sind, dass sie nicht mehr gerettet werden können und sterben. In Somalia, Jemen und Nordnigeria bahnen sich weitere Hungersnöte an. Eine dramatische Häufung und Gleichzeitigkeit vieler sehr ernster Krisen.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass die Nahrungsmittelversorgung in 37 Staaten weltweit gefährdet und von ausländischer Lebensmittelhilfe abhängen oder bald von ihr abhängen wird. Das betrifft 28 afrikanische Staaten, acht Staaten in Asien und Haiti.
Hunger als Fluchtgrund
Hunger ist kein völkerrechtlich anerkannter Fluchtgrund. Menschen, die unter Hunger leiden, zur Flucht gezwungen sind und im Ausland Schutz suchen, können allerdings häufig Fluchtgründe geltend machen, weil auch Krieg oder Diskriminierung, die ihr Leben bedrohen. Denn die Ursachen für den Hunger sind häufig nicht allein die Folgen einer Politik, die die Landwirtschaft vernachlässigt oder schlechte Ernten, sondern gewaltsame Konflikte, in deren Folge viele Menschen von der Nahrungsmittelversorgung abgeschnitten sind. Auch die Folgen des Klimawandels verschlimmern die Lage. Sie zeigen sich derzeit an der schweren Dürre in Ostafrika, wo es keine verlässlichen Regenzeiten mehr gibt.
Unter Hunger und Mangelernährung leiden häufig Menschen, die in Konfliktregionen leben oder aus ihnen fliehen. Das liegt daran, dass sie ihre Einkommensmöglichkeiten nicht nutzen können. Krieg und Konflikt bedeuten vor allem Gefahr und extreme Unsicherheit. Ohne Einkommen wird es mit der Zeit immer schwieriger an Lebensmittel zu kommen. Die wiederum werden durch den Rückgang wirtschaftlicher Produktivität teurer. Felder werden nicht mehr bestellt, landwirtschaftliche Infrastruktur und Straßen werden belagert oder zerstört. In der Folge werden Saatgut, Dünger und Treibstoff ebenfalls knapp und teuer.
Die Verknappung von Lebensmitteln verschärft bestehende Konflikte. Sie können aber selten allein darauf zurückgeführt werden. Meist sind die Ursachen für Konflikte und ihre Eskalationen komplexer, weil unterschiedlichste Faktoren ineinandergreifen. Dazu zählen zum Beispiel Diskriminierung, Ungleichheit, Armut, schwache staatliche Strukturen oder der ungleiche Zugang Land und natürlichen Ressourcen.
Bei extremer Nahrungsknappheit können Haushalte häufig nur dann überleben, wenn sie ihr Saatgut aufbrauchen oder Vieh und landwirtschaftliche Güter verkaufen, die sie eigentlich benötigen, um in Zukunft Nahrungsmittel zu produzieren. Ohne umfassende und nachhaltige Unterstützung laufen extrem hungerleidende Menschen Gefahr, in eine noch schlimmere Situation abzurutschen und eventuell zu verhungern.
Das Frühwarnsystem für Hungersnöte FEWS NETschätzt, dass noch in diesem Jahr ungefähr 70 Millionen Menschen in 45 Ländern Nahrungshilfe benötigen werden. Etwa 40 Prozent mehr Menschen als im Jahr 2015.
Hunger auf der Flucht
Es gibt keine globale Statistik darüber, wie viele Flüchtlinge und intern Vertriebene an Mangelernährung oder Hunger leiden und ob das bereits vor der Flucht der Fall war. Faktisch sind aber in vielen aktuellen Krisen Flüchtlinge und Vertriebene davon betroffen. Die Folgen schaffen noch schwierigere Lebensumstände:wer schwach und krank ist, kann die Strapazen der Flucht schlechter ertragen, verliert die körpereignen Ressourcen und Reserven, um lange Strecken unter großer Hitze zurückzulegen oder sich gegen gewaltsame Übergriffe und Missbrauch zu verteidigen.
Schutzsuchenden fehlen häufig wichtige Mikronährstoffe. Sie leiden unter dem "versteckten Hunger". Dieser wird erst erkannt, wenn erhebliche Mangelzustände eintreten oder wenn Infektionen wie Durchfall, Malaria oder Tuberkulose dauerhaft auftreten. Dieser stille Hunger herrscht oft in Flüchtlingslagern, weil es zu wenig oder zu einseitige Nahrungsmittelrationen gibt. . Das gilt auch für viele Flüchtlingsunterkünfte innerhalb Europas. Die Versorgungslage für viele tausend Schutzsuchende auf den griechischen Inseln, in Bulgarien oder Serbien ist immer noch desaströs!
In Bama, einem Flüchtlingslager im Nordosten Nigerias, wo Menschen auf der Flucht vor Boko Haram Schutz suchen,sind in den vergangenen Jahren über 1200 Menschen an Mangelernährung und Krankheiten gestorben. Im Januar 2017 musste das Welternährungsprogramm die Nahrungsrationen für 1,4 Millionen irakische Binnenflüchtlinge halbieren. Im Sommer 2015 war eine ähnlich dramatische Entwicklung in den Flüchtlingslagern um Syrien ausschlaggebend für viele Flüchtlinge, die Flucht nach Europa zu wagen.
Rücküberweisungen schützen von Hunger: Gerade in Konfliktgebieten wie dem Horn von Afrika sind viele Menschen auf Unterstützung von außen angewiesen. Zahlreiche Flüchtlinge und Migranten aus Somalia, Äthiopien und Kenia, die im Ausland leben, unterstützen ihre Familien und Gemeinden durch Rücküberweisungen. Auf diese Weise wird der Bedarf an Nahrungsmitteln und anderen Grundbedürfnissen oft effektiver gedeckt, als die humanitäre Hilfe von internationalen Organisationen es leisten kann. Es sind die Rücküberweisungen, die Familien vor den Folgen lokaler Krisen, vor dem Einbruch des Handels und vor steigenden Lebensmittelpreisen schützen können. In Somalia machen die Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten- und migrantinnen aus den USA, Europa oder anderen afrikanischen Staaten mehr als 23 % des Bruttonationalprodukts aus.
Hunger entgegenwirken durch Klimawandelanpassung und Konfliktprävention
Es sind große Anstrengungen erforderlich, damit sich Krieg und Hunger in Teilen Afrikas, dem Mittleren Osten und andernorts nicht weiter gegenseitig verstärken. Es ist mehr als dringlich, die Humanitäre Hilfe aufzustocken und langfristige Bemühungen zu intensivieren, um die lokale Nahrungsmittelproduktion zu verbessern.
Die Menschen darin zu unterstützen, Folgen des Klimawandels wo möglich abzuwenden oder sich anzupassen und die Ernährungssituation zu verbessern, ist auch für die Prävention von Konflikten eine wichtige Strategie.
Statt also die Verteidigungs- und Sicherheitsetats zu erhöhen und Migrationsmanagement in Krisenregionen zu betreiben, muss es für die europäischen Staaten darum gehen, Armut zu überwinden, Ungleichheit abzubauen und die Landwirtschaft zu stärken. Dafür spielt der Auf- und Ausbau der ländliche und soziale Infrastruktur eine Schlüsselrolle, um die Ursachen von Hunger und bewaffneten Konflikten an der Wurzel zu packen.