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Die Luft aufbrechen - Zeremonie der Bribri

Ein Haus nur aus Naturmaterialien in Mitten der Dunkelheit der Nacht, erleuchtet durch ein Feuer, gemeinsamer Tanz und Gesang in einer unbekannten Sprache: Ende April durfte Michael an der Einweihungszeremonie eines traditionellen Hauses in Yorkín teilnehmen. Einblick in die Traditionen der Bribris.

Von Ehemalige Freiwillige am

Heute gibt es zwei Blogeinträge auf einmal, da ich einige Zeit lang wegen wenig Strom und schlechtem Empfang nicht die Möglichkeit hatte, einen Eintrag hochzuladen.

Das „Úsule“ ist das traditionelle Haus der Bribris, rund, konisch in einer Spitze zusammenlaufend, mit Erdboden und einem auf den Sonnenaufgang hinzu gerichteten Eingang. Dieses Haus repräsentiert für die Bribris das gesamte Universum und ist erfüllt mit Geschichten, Weisheit und Geheimnissen. Das vor kurzem in Yorkín eingeweihte Haus ist das erste in Yorkín, dass alle Regeln des traditionellen Úsule entspricht und wurde von Rolando, meinem Arbeitskollegen gebaut. Es werden nur Materialien aus dem Urwald verwendet, Rundhölzer als tragende Pfosten, Lianen zum Befestigen und Blätter einer bestimmten Palme um das Dach zu decken. Ich habe Rolando geholfen, Lianen für den Bau zu suchen und konnte den Bau in den verschiedenen Etappen sehen. Alle die zum Bau beigetragen haben waren auch zur Zeremonie eingeladen.

Úsule: Ein Kosmos im Kleinen

Das Úsule ist von sehr großer Bedeutung, da es darstellt, wie Sibö (Gott) alles geschaffen hat, wie die Gesellschaft der Bribris strukturiert ist und was nach dem Tod geschieht. Da dieses Haus im Kleinen also den gesamten Kosmos enthält, muss es mit einer Zeremonie eingeweiht werden. In der Bribri-Kultur gibt es acht verschiedene traditionelle Berufe oder Aufgaben, von denen vier vertreten sein sollten, aus mir unbekannten Gründen hat eine Person gefehlt, aber die Zeremonie konnte trotzdem stattfinden.

Die vertretenen Traditionellen Berufe waren der awá, der „Schamane“, spezialisiert in der traditionellen Medizin und Spiritualität, der okur, spezialisiert für die Reinigung lebender und toter Personen und mehrere tsökur, Männer und Frauen, die für Gesänge bei Zeremonien spezialisiert sind. Es fehlte die Frau, die dafür spezialisiert ist, bei Zeremonien Schokolade herzustellen. Kakao ist den Bribris heilig und wird bei den Zeremonien zur Reinigung getrunken und darf daher eigentlich bei keiner Zeremonie fehlen. Allerdings fand die Zeremonieauf Anweisung des awá auch ohne der Kakao-Spezialistin statt.

Tag der Einweihung

Am Morgen des festgelegten Tages hatte ich die Ehre, einige der Besucher mit traditionellen Berufen im nächsten Ort abzuholen, die die Zeremonie leiten sollten. Ich wusste, wie ich sie zu grüßen hatte und wer der awá ist, wer also den höchsten Respekt verdient. Ich hatte den awá schon mal bei einem kulturellen Fest in einem anderen Ort gesehen. Alle fünf besondere Besucher, die ich nach Yorkín führen durfte, waren ziemlich jung. Ich schätze den awá auf etwa 40 Jahre. Nach der Zeremonie wurde mir gesagt, dass auch ein awá in „Ausbildung“ dabeigewesen sei. Wie mir vorher gesagt wurde, sprach ich wenig mit ihnen, sie unterhielten sich die meiste Zeit lang auf Bribri. Allein die Sprache so flüssig zu hören ist für mich immer wieder eine Freude, da ich sehe, wie lebendig die Kultur noch ist.

In Yorkín angekommen half ich dabei, das Essen vorzubereiten, die Blätter zu falten, in denen es dann serviert wurde und etwas später ging es los. Ein okur trank aus den Händen jedes einzelnen, um ihn vor dem Betreten des Hauses zu reinigen. Innen sprach der awá zu allen auf Bribri, übersetzte aber auch auf Spanisch, da nicht alle fließend Bribri sprechen.

Es wurden im Laufe des Nachmittags und der Nacht viermal der sorbón getanzt und viermal am Morgen. Der sorbón ist ein traditioneller Tanz, der in vielen Zeremonien getanzt wird. Bei der Einweihung des úsure wird in den acht Tänzen an acht der Tiere erinnert, die sibö bei der Erschaffung des kosmischen Hauses geholfen haben. Der Tanz wird im Kreis getanzt, die Männer beginnen, sich an den Armen gegenseitig festhaltend. Danach haken sich die Frauen jeweils zwischen den Männern ein.

Tanz der Gemeinschaft

Man spürt die Gemeinsamkeit und den Zusammenhalt, es ist ein freudiger Tanz. Die Zeremonie zur Einweihung des úsure ist eine freudige Zeremonie und es kann der beschriebene Austausch über die Kultur und Bedeutung stattfinden. Bei anderen Zeremonien ist das nicht unbedingt so. Bei der Begräbniszeremonie beispielsweise darf man als Nicht-Bribri nur zusehen und nicht teilnehmen und die Atmosphäre ist ganz anders. Es wird fast kein sorbón getanzt.

Zwischen den Tänzen fand verschiedenes statt. Zwischen dem ersten und zweiten sorbón wurde über die Bedeutung des Úsules gesprochen und jeder der wollte, konnte etwas sagen, wichtig waren natürlich die Worte der Älteren, aber auch einer US-amerikanischen Freiwilligen und mir wurde das Wort gegeben. Es entstand ein Austausch über die Bedeutung der eigenen Kultur, Tradition und Sprache. Viele hatten noch nie an einer Zeremonie teilgenommen und ich hoffe und denke, dass dies allen Anwesenden den Ansporn und den Mut gegeben hat, die eigene Kultur mehr wertzuschätzen und zu bewahren. Zwischen dem zweiten und dritten sorbón wurde Schokolade getrunken und das traditionelle Getränk bro, auf Spanisch chicha verteilt. Der bro ist ein alkoholisches Getränk aus Mais.

Essen aus dem Wald

Zwischen dem dritten und vierten wurde Abendessen verteilt. Bei Zeremonien muss bestimmtes Essen vorbereitet werden, das traditionell angebaut oder im Wald gesucht wird. Es muss so viel gesucht werden, dass es für alle ausreicht und alles muss am selben Tag zubereitet werden. Was übrig bleibt, wird nach der Zeremonie an alle verteilt, sodass nichts verloren geht.

Ich wusste nicht, dass die Zeremonie morgens weitergeht, sodass ich nachts nach Hause gegangen bin und morgens ausgeschlafen habe. Am nächsten Tag erfuhr ich, dass ich einen Teil der Zeremonie verpasst habe. Aber auch wenn ich quasi nur die halbe Zeremonie mitbekommen habe, war es doch ein sehr beeindruckendes Erlebnis und ich habe viel der Kultur aus erster Hand erfahren. Es bedeutet mir sehr viel, so weit in die Kultur mit hineingenommen zu werden und an dieser Zeremonie teilgenommen zu haben.

Die Luft aufbrechen

In der zeremoniellen Sprache der Bribris (siehe Beitrag Patriarchal und matrilinear) heißt es nicht, „eine Zeremonie machen“, sondern es gibt einen Ausdruck, den man wörtlich mit „die Luft aufbrechen“ übersetzen kann. Dieser Ausdruck ist in der zeremoniellen Sprache viel zu geladen mit Bedeutung, als dass man ihn genau und treffend übersetzen könnte. Siwa, Luft oder Wind, in Form einer leichten Brise, ist für die Bribris das Wissen sibös und in einer Brise, die über das Land zieht schaut sibö, ob die Bribris seine Schöpfung respektieren.

Mir gefällt der Ausdruck, „die Luft aufbrechen“ oder „das Wissen zum explodieren bringen“, da er bildlich beschreibt, wie in einer Zeremonie die uralte Weisheit der Bribris, das Wissen sibös berührt wird und alle Anwesenden erfüllt. Diese Worte beschreiben ein Gefühl oder Ereignis, das in der Zeremonie stattfindet, die Tradition und das Wissen, das nicht abreißt, sondern weitergeführt wird.

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Lachender Junge

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