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AU-EU-Gipfel: Blockade gegenüber Zivilgesellschaft

Rund 600 Aktivistinnen und Aktivisten aus 16 afrikanischen und 7 europäischen Ländern waren zum Alternativforum zum AU-EU-Gipfel nach Abidjan gereist. Doch am Tag des Abschlusses der zivilgesellschaftlichen Konferenz erwartete sie eine böse Überraschung: Die Polizei versperrte den Veranstaltungsort.

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Rund 600 Aktivistinnen und Aktivisten aus 16 afrikanischen und 7 europäischen Ländern waren zum Alternativforum zum AU-EU-Gipfel nach Abidjan angereist. Doch am Tag des Abschlusses der zivilgesellschaftlichen Konferenz erwartete sie eine böse Überraschung: Polizei Pick-ups versperrten das Haus der Gewerkschaften in Treichville, damit wurde die friedliche und zivile Veranstaltung von offizieller Seite aufgehoben. Auf Erläuterungen dafür, warteten die Veranstalter vergeblich. Es hieß nur, der Befehl sei von weit oben gekommen. Es wird vermutet, dass die geplante Demonstration zum Abschluss des Gipfels der Auslöser sein könnte, obwohl diese im Vorfeld genehmigt wurde und nicht wie ursprünglich geplant zur lybischen Botschaft gehen sollte. Für ein derartiges Vorgehen kann es aber keine Entschuldigung geben. Es ist ein Vorgehen gegen Zivilgesellschaft im Allgemeinen und macht umso deutlicher, wie wichtig es ist, die Teilnahme von Zivilgesellschaft vehement einzufordern. Ganz besonders in der Gestaltung der AU EU Beziehungen.

Gegenwärtig werden die Beziehungen zwischen Afrika und Europa von der europäischen Politik vorgegeben, und reflektieren nicht ausreichend die Interessen und Bedarfe afrikanischer Gemeinschaften nach Frieden, Demokratie und Entwicklung. Das Gegenteil ist der Fall: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und Investitionspartnerschaften treiben Verschuldung - in machen Ländern monetäre Abhängigkeit - voran und verhinderten damit souveräne Investitionen in die Zukunft künftiger Generationen. Dies betrifft auch den nun vorgeschlagenen Externen Investitionsplan der EU (EIP). Bis zum Jahr 2020 sollen mit dem EIP vier Milliarden Euro an europäischen Steuergeldern zur Mobilisierung zusätzlicher Investitionsvolumina privater Akteure investiert werden, um damit den Zugang privater Investoren zu Märkten und Agrarressourcen in den EU-Nachbarländern und in Afrika zu verbessern. Die neuen Investitionspartnerschaften sollten sich in erster Linie an den Forderungen und Entwicklungsbedarfen lokaler Gemeinden und nationaler Volkswirtschaften orientieren. Daher forderten die TeilnehmerInnen des Alternativgipfels eine effektive Teilhabe von Bauernorganisationen und betroffenen Gemeinden an den Verhandlungen und Ausgestaltungen der neuen Investitionspläne im Rahmen des EIP und seinen nationalen Versionen wie dem deutschen Marshallplan für Afrika. Massa Koné Sprecher der Convergence und Mitveranstalter des Alternativgipfels fordert dazu: "Die Partnerschaft zwischen der EU und der AU muss die Rechte lokaler Gemeinden respektieren. Die erfolgreiche und gerechte Entwicklung ihres Landes baut als aller erstes auf Schutz und Förderungen der nachhaltigen Bewirtschaftung von Agrarressourcen und Ernährungssouveränität auf."

Am Morgen des 3. Tages ging es den Veranstaltern aber erst einmal darum, schnell einen Alternativort zu organisieren, damit die Abschlusserklärung zumindest von allen Teilnehmenden abgenommen werden und der Gipfel so einen gemeinsamen Abschluss finden konnte. Die Mitorganisatorin Kadidja Koné, zeigte sich im Anschluss zufrieden: „Wir haben eine gemeinsame Erklärung und einen Forderungskatalog geschaffen. Und wir haben uns nicht das Recht nehmen lassen, diese Erklärung laut vorzulesen und gemeinsam zu verabschieden.“

Das Alternativforum, organisiert von der Convergence Globale des Luttes communes pour la Terre, l’Eau et les Semences, der CSCI (Convention de la Société Civile Ivorienne) und dem Sommet Citoyen hat vom 26. bis zum 28. November ca. 600 TeilnehmerInnen von NGOs, Bauernverbänden, sozialen Bewegungen und Interessierten aus ganz Afrika und Europa versammelt. Es sind deutlich mehr TeilnehmerInnen gekommen als vermutet, allein rund 100 Aktivistinnen waren in Minibussen und öffentlichen Verkehrsmitteln aus den Nachbarländern – Mali, Guinea, Burkina, Ghana, Senegal, Togo – angereist. Während des Alternativgipfels diskutierten sie abwechselnd im Plenum und in Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Themen. So heterogen die Themen und Diskussionen auch waren, gemein war allen, dass sie die aktuelle Partnerschaft zwischen Afrika und Europa kritisch entlang der aktuellen Probleme bewerteten und klare Empfehlungen erarbeiteten.

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass bei der Abschlusserklärung deutlich wurde, dass sich die Lebensbedingungen des afrikanischen Kontinents nur positiv verändern können, wenn sich die Einstellung Europas zu Afrika radikal wandelt und die afrikanische Zivilgesellschaft nicht an ihrem Recht, sich zu äußern gehindert wird. Die TeilnehmerInnen des Alternativgipfels riefen die Vertreterinnen der EU und AU dazu auf, bei den neuen Partnerschafts- und Investitionsinitiativen die Erkenntnisse  und Fehler vergangener Initiativen zu berücksichtigen So hat sich gezeigt, dass internationale Investitionspartnerschaften mit der Privatwirtschaft, wie die Neue Allianz für Ernährungssicherheit der G8 oder die Neue Allianz für die Grüne Revolution in Afrika, AGRA, die Deregulierung von Rechtsrahmen und Investmentstandards fördern, was vor Ort zu zunehmender Landlosigkeit von Subsistenzbäuerinnen („Paysanne sans terre“), Verteilungskonflikten und Umweltzerstörung führt.

„Die Partnerschaft der AU-EU muss die Empfehlungen der UN-Organe und zivilgesellschaftlicher Akteure beachten. Außerdem müssen im Vorfeld klare Zielsetzungen und Mechanismen für die gemeinsame Schaffung von Arbeitsplätzen aufgestellt werden; es müssen auch klare Kosten-Nutzen-Analysen dazu vorliegen, ob sich Anreize für Investoren für die lokale Entwicklung rechnen“ fordert daher die Abschlusserklärung.

Am Ende hat der Alternativgipfel durch die Schließung mehr Aufmerksamkeit bekommen als es im Interesse der ivorischen Regierung gewesen sein kann.

Binnen kurzer Zeit ist das Geschehen bis zum deutschen Außenminister Gabriel vorgestoßen, der wie es der Zufall wollte, gerade beim ivorischen Finanzminister im Gespräch war und das Thema gleich angesprochen hat. Eine Antwort ist der ivorische Finanzminister schuldig geblieben. Das Signal aber ist angekommen: Zivilgesellschaft hat das Recht sich zu einzubringen, hat das Recht sich zu äußern und das Recht diese Dinge einzufordern. In Zeiten, in denen diese Räume immer begrenzter werden, ist es umso wichtiger, dass wir unsere PartnerInnen dabei unterstützen, gegen die shrinking spaces vorzugehen.

Die offizielle Erklärung des 5. AU EU Gipfels liegt nicht noch nicht vor. Angekündigt war sie für gestern. Die Annahme, dass die Kontroversen doch größer sind, ist naheliegend. Das Ergebnis des Gipfels ist aber in jedem Fall enttäuschend und hat nichts von dem versprochenen Aufbruch zu einer neuen Partnerschaft gehalten.

Für unsere PartnerInnen geht die eigentliche Arbeit jetzt erst los. Es geht darum, aus dem Forderungskatalog Aktivitäten für die lokale Ebene zu formulieren und diese in die Breite zu bringen.

Blogbeitrag von Imke-Friederike Tiemann-Middleton und Andrea Müller-Frank

 

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