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Wenn nur noch ein Traum vom Leben bleibt

Ein Blog über irreguläre Migranten in Marokko.

In den letzten Monaten wurde Marokko häufig als jenes Land herangezogen, in dem eine beispielgebende Zusammenarbeit zu den Themen Flucht und Migration Richtung Europa bereits erfolgreich greife.

Von Ehemalige Mitarbeitende am

In den letzten Monaten wurde Marokko häufig als jenes Land herangezogen, in dem eine beispielgebende Zusammenarbeit zu den Themen Flucht und Migration Richtung Europa bereits erfolgreich greife. Eine Zusammenarbeit, an der sich zukünftige europäische Abkommen mit anderen Transit- und Herkunftsstaaten von Migrantinnen orientieren sollten.

Tatsächlich ist es heute zumindest medial relativ ruhig geworden, um das Transitland, das geographisch durch die Straße von Gibraltar gerade mal vierzehn Kilometer von Spanien, von Europa getrennt ist. Die spanischen Exklaven Melilla und Ceuta befinden sich auf marokkanischem Festland.  Zahlreich waren noch vor zehn Jahren die Meldungen, die von hunderten Migrantinnen berichteten, die sich irregulär, schwimmend, kletternd oder versteckt in Lieferwagen in die Europäische Union brachten, auf der Suche nach Sicherheit, Arbeit, Perspektiven. Mit der militärischen Aufrüstung der Grenzanlagen nahm die Zahl derjenigen zu, die elend im Natostacheldraht verbluteten oder unter Beschuss im Meer ertranken. Brutal gehen Polizei und Militär gegen die meist jungen Männer vor, die aus unterschiedlichsten Ländern West- und Zentralafrikas über Marokko den Weg nach Europa suchen. Inhaftierungen, Deportationen und Razzien gegen irreguläre Migrantinnen sind immer noch an der Tagesordnung, auch wenn es gleichzeitig ernsthafte Bemühen gibt, die menschenrechtliche Situation zu verbessern. So hat der König erst vor knapp zwei Jahren ein erstes Programm durchführen lassen, durch das knapp 20.000 Personen legalisiert werden konnten.

Über Abkommen mit der Europäischen Union und einzelnen ihrer Mitgliedsländer, insbesondere Spanien, wird Marokko zusehends in die Pflicht genommen, als strenger Grenzwächter durchzugreifen und die zumeist jungen Männer spätestens hier von einer Weiterreise gen Europa abzuhalten. Heute heben die europäischen Politiker stolz hervor, wie gut ihnen dies geglückt sei. Über Marokko versuchten es nur noch wenige – zu aussichtslos sei das Unterfangen mittlerweile. Doch die International Organisation for Migration (IOM) berichtet, dass allein im Jahr 2016 mindestens 69 MigrantInnen vor den Küsten Spaniens zu Tode kamen. Und im Jahr davor mindestens 195 Personen. Andere Quellen gehen von wesentlich mehr Todesfällen aus. Auch über die Zahl der irregulär in Marokko lebenden Migrantinnen und Migranten gibt es unterschiedlichste Schätzungen. In informellen Lagern in der Nähe der spanischen Enklaven, warten sie zu Hunderten auf eine günstige Gelegenheit, die lebensgefährlichen Zäune zu überwinden oder sie leben in einer der größeren Städte, wenn sie den Traum von Europa aufgegeben haben. Dann gehen sie oft schlecht bezahlter, informeller Arbeit nach oder sind auf Almosen anderer angewiesen. In der nördlichen Stadt Fes sammeln sich glücklose Migranten direkt neben dem Bahnhof. Ein informelles Lager ist hier entstanden, in dem mehrere hundert Menschen versuchen Kraft zu sammeln, sich von gescheiterten Versuchen erholen, die europäischen Grenzen zu überwinden. Wenige Habseligkeiten, in dürftigen Holz- Müll- und Plastikverschlägen vor dem winterlichen Regen versteckt. Es gibt kein fließendes Wasser hier, die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Doch die jungen Männer sind froh, dass sie hier sein können. In der Nähe der Grenzstädte Melilla und Ceuta werden sie regelmäßig vertrieben, ihre Lagerstätten mutwillig von Polizeikräften zerstört. „In Fes kann ich mich erholen.“ berichtet Zari, ein junger Mann, der vor vier Jahren aus Sierra Leone über Mali und Algerien nach Marokko kam und sich mehrfach schwer verletzt hat, als er die Zäune um das spanische Melilla bezwingen wollte. Seine Hände und Füße weisen tiefe Narben auf. „Ich möchte nach Deutschland, denn dort kann ich glücklich sein.“ sagt er, der in Sierra Leone nur eine Grundschule besuchen und danach von der Arbeit auf dem Feld nicht leben konnte. Er habe gesehen, wie andere junge Männer die Gegend verlassen haben, er sei ihnen gefolgt. Bekannte haben ihm die Schlepper vorgestellt, die ihn nach Mali brachten. Wenn er von Deutschland spricht, leuchten die Augen des jungen Mannes. „Hier gibt es keine Hoffnung, in Algerien werden wir ausgebeutet, in Sierra Leone herrscht überall Armut und Korruption. Auch in Marokko sind wir nicht gern gesehen. Wenn ich wieder bei Kräften bin, werde ich es wieder versuchen. Eines Tages werde ich von der anderen Seite des Zauns nach Marokko winken.“ Mit dieser Zuversicht ist er nicht alleine. Etwa vierzig junge Männer, teilweise noch Kinder, sitzen auf Plastikstühlen neben der Küche des Gemeindehauses der evangelischen Kirche in Marokko in Fes. Hier, in Marrakesch, Rabat und Casablanca bieten die Gemeinden den Migrantinnen eine Anlaufstelle. Zweimal in der Woche können sie eine warme Mahlzeit, medizinische Versorgung und manchmal auch Kleiderspenden erwarten. Zum Gottesdienst am Sonntag sind auch die undokumentierten Migranten willkommen. Sie kommen aus Mali, Nigeria, der Elfenbeinküste, manche aus Zentralafrika. Viele berichten von großer Unsicherheit, Kriegen und Perspektivlosigkeit, die sie aus der Heimat vertrieben haben. Sie wünschen sich nicht viel vom Leben. Arbeit, ein Dach über dem Kopf, Gesundheit und, dass sie mit dem Geld, dass sie in Europa verdienen werden, ihren Familien in den Herkunftsländern helfen können, das Elend zu lindern. Viele von ihnen haben keine berufliche Ausbildung, geschweige denn eine Schule besucht. Sie haben nur diesen einen Traum und auch den dürfen sie nicht haben, wenn es nach der Europäischen Union geht.

 

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