Endlich ein erster Bericht aus Yorkin! Ein komplett anderer Lebensstil, ungewohnte Gewohnheiten, die Arbeit in der Organisation, viele neue Bekanntschaften und meine Erfahrungen von der Bribri-Kultur –es gibt zu viel zu erzählen, aber zu mindest ein kleiner Eindruck von meinem Leben hier soll es sein.
Nun bin ich schon fast ein Vierteljahr in Costa Rica, zwei Monate in Yorkín. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht, aber auch, wie viel ich bis jetzt erlebt habe.
Das Leben hier ist sehr einfach. Es gibt viel körperliche Arbeit zu tun, um genug Geld zu verdienen. Touristen sind die einzigen, die etwas mehr Geld ins Dorf bringen und so ist die Arbeit von Stibrawpa, meiner Organisation, sehr wichtig. Die meisten Bewohner leben mit einem Minimum an Monatseinkommen. Einiges verdienen sie sich durch Aufträge von anderen, wie beispielsweise ein paar überwucherte Hektar Land roden, damit dort Reis, Bananen, Kakao oder anderes angebaut werden kann. Die Arbeit ist hart, da es sehr warm ist. Selbst morgens kurz vor Sonnenaufgang und nach einer Nacht Regen ist es noch 20 Grad warm und die Sonne erhitzt die Luft sehr schnell. Abseits von solchen Aufträgen gibt es viel am eigenen Haus und Land zu tun: Holz holen, das Dach reparieren, sich um selbst angebautes Gemüse oder Kakao kümmern und vieles mehr. Hier wird generell sehr viel selbst angebaut. Bananen, Kochbananen, Reis, Yucca und Kakao, der in der Kultur der Bribri eine große Rolle spielt. Ein amerikanischer Anthropologiestudent, der hier an seinem Doktor arbeitet, hat das bereits feststehende Sprichwort geprägt: „Mucho trabajo, poco dinero“, viel Arbeit, wenig Geld. Es gibt kaum Einkommensquellen, aber durch den eigenen Anbau und eine sehr einfache Lebensweise reicht es aus.
Fließend Wasser gibt es hier und es ist auch trinkbar. Der Speiseplan besteht morgens, mittags und abends aus Reis, dazu gibt es sehr oft rote oder schwarze Bohnen, manchmal auch linsen, fast immer Bananen oder Kochbananen, auf unterschiedlichste Weise zubereitet und manchmal auch Ei. Mit dem Essen komme ich sehr gut zurecht, selbst der alltägliche Reis tört mich nicht. Zu besonderen Feiern oder wenn Besuch da ist, wird auch mal ein Huhn geschlachtet, was ich auch einmal übernehmen durfte. Gekocht wird über dem offenen Feuer. Gnerell ist die Ernährung hier sehr gesund, da es viele Früchte gibt. Darunter einige, die ich erst hier kennengelernt habe. Im Moment sind noch viele Mamones reif, Früchte verwandt mit der Litschi. Dieses Jahr hängen die Bäume so voll, dass wir schon ein paar mal 15-20kg auf einmal nach Hause gebracht haben. Und diese Menge Früchte hat gerade mal ein bis zwei Tage überlebt. Meistens haben wir schon an einem Abend alles aufgegessen.
Die Häuser werden hier aus Holz gebaut und stehen in der Regel auf Pfosten erhöht. Das Dach besteht traditionell aus den Blättern der Suita-Palme, einige sind aber auch mit Wellblech gedeckt. Gebaut werden die Häuser hier selbst. Bei meiner Gastfamilie hat Luis, mein Gastvater, vor kurzem ein weiteres Häuschen angebaut. Dort gibt es zwei Zimmer, die für Gäste oder Freiwillige wie mich bestimmt sind. Allerdings bin ich noch nicht dahin umgezogen, da noch ein Regal für Kleidung fehlt. Unter dem Haus leben die Haustiere. Die meisten haben Hunde und Hühner, die frei herumlaufen, einige haben auch ein Pferd, was als Lasttier und für größere entfernungen sehr praktisch ist. Wir haben eine Ziege und im Haus ein kleines Kätzchen, aber noch kein Pferd.
Für das Dach der Brücke, die das Haus mit den Gästezimmern verbindet, habe ich mit Luis das Dach gedeckt. Wir sind zusammen in den Dschungel gegangen, um die Suita zu schneiden, haben die Blätter an Stangen befestigt und diese auf dem Dachgerüst befestigt.
Über die Kultur der Bribris habe ich auch auf anderem Wege vieles erfahren und habe einige ihrer Geschichten gehör, auf einem Kulturfest habe ich gesehen, wie früher mit 150 Leuten zwei Mahlsteine in ein Dorf geschleppt wurden. Ich war bei der Reisernte dabei, habe Reis gedroschen und nach und nach lerne ich auch Bribri, ihre Sprache. Dabei ist es unterschiedlich, wie gut ddie Menschen Bribri beherrschen. Manche sprechen es fließend, da sie nur Bribri als Muttersprache gelernt haben, andere sprechen kaum Bribri. Das hängt aber nicht nur vom Alter ab. Ich habe einen jungen Touristenguide aus einem anderen Reservat kennengelernt, der fließend Bribri spricht. Der Vater meiner Gastmutter aber spricht relativ wenig Bribri. In Yorkin ist ie Umgangssprache Spanisch, allerdings begrüßt man sich oft auch auf Bribri. In anderen Orten wird Bribri noch fließend gesprochen und als Alltagssprache verwendet.
Stibrawpa, meine Organisation existiert schon seit über 25 Jahren und ist daher sehr weit entwickelt und stabil. Ich helfe im Büro mit, arbeite momentan an der Buchhaltung, die im November fertig sein muss und es gibt immer noch viel zu tun. Darüberhinaus habe ich die Verhaltensregeln für Touristen auf Deutsch übersetzt und wenn die Buchhaltung abgeschlossen ist, sind andere Aufgaben geplant. Nebenbei habe ich auch angefangen, den Umgang mit Excel beizubringen. Bis jetzt lediglich einem Mitarbeiter, der öfter im Büro arbeitet, aber auch andere sind daran interessiert. Ich denke, diese Computerkurse wären das Nachhaltigste, das ich hier machen kann. Bis jetzt wird die Buchhaltung nämlich mit Papier, Stift und Taschenrechner gemacht und da würden ein paar Excel-Kenntnisse natürlich sehr helfen.
Deutschkurse würde ich auch gerne für die Tourguides geben, aber hier dauert es immereine Weile, bis etwas anläuft. Auch einen Umfragebogen für Touristen habe ich vorbereitet, bald werde ich also meine Arbeit etwas mehr aus dem Büro auslagern. Eine weitere Aufgabe, die aber noch mehr Vorbereitung braucht, sind Interviews mit den Mitarbeitern. So arbeite ich zwar die meiste Zeit im Büro, aber die Aufgaben werden immer Vielfältiger. Dazu kommt, dass ich manchmal einen halben Tag meinem Gastvater bei irgendeiner Arbeit helfe. So bekomme ich sehr viel von der Kultur mit und es wird nicht langweilig.
Natürlich muss ich mich auch an vieles Ungewohnte gewöhnen und anpassen. Nicht nur das komplexe Wegnetz lerne ich erst nach und nach kennen. Wenn man jemanden grüßen möchte oder nachsehen will, ob derjenige im Haus ist, wird hier ein kurzer Ruf oder Schrei verwendet. Dieser Ruf wird dann von der anderen Person beantwortet. So kann man anhand der Stimme auch herausfinden, wer gerade zu Hause ist oder wer gerade vorbeikommt. Zuerst war diese Gewohnheit für mich sehr ungewohnt und es hat mich einige Zeit und auch etwas Überwindung gekostet, diese Gewohnheit zu übernehmen. Aber nach und nach kann ich mich immer besser anpassen.
Ich schreibe im Moment von San José aus, da wir für ein Seminar ein paar Tage hier sind. Das Internet meiner Organisation geht immer noch nicht, da es Probleme mit dem Internetstick gibt. Ich hoffe, dass sie das bald geregelt bekommen und dass ich mich dann auch etwas häufiger melden kann.
Es gäbe noch vieles zu erzählen und vieles habe ich nur benannt oder kurz angerissen. Es ist ein komplett anderes Leben hier, an das ich mich schon sehr gut gewöhnt habe. Da es so unterschiedlich ist, vermisse ich auch weniger das Leben in Deutschland. Eher vermisse ich mein kleines Örtchen ohne Verkehrslärm, wenn ich wie jetzt in San José bin.
Ich bin gespannt, was ich noch alles erleben darf!