Die wirtschaftlichen und menschlichen Kosten des Konfliktes wachsen.
Die Spannungen zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten steigen. Der letzte Gaza-Krieg ist noch nicht bewältigt, da führt eine neue Welle der Gewalt zu großen Unsicherheiten. Die „Messer-Intifada“ ist keine organisierte und gesteuerte Auseinandersetzung. Meist sind es jugendliche palästinensische Einzeltäter, die offen mit Messern Israelis attackieren. Die Angst wächst und hat auch den Tourismussektor ergriffen: Um ein Drittel ist die Zahl der Besucher etwa in Jerusalem inzwischen gesunken.
Die israelische Gesellschaft streitet über den richtigen Weg im Umgang mit den palästinensischen Gebieten und den Sicherheitsproblemen. Die einen sehen genau wie die Regierung in einem harten Durchgreifen gegen Attentäter die einzige Garantie für den Schutz Israels. Die anderen sehen darin und in der Politik der fortwährenden Besatzung die Ursache für immer neue Gewalt.
Die unterschiedlichen Positionen werden in der israelischen Gesellschaft mit zunehmender Härte ausgetragen. Wechselseitige Anschuldigungen müssen exponierte Einzelpersonen genauso ertragen wie Organisationen der Zivilgesellschaft. Ihr Spiegelbild findet die Debatte auch in einer internationalen Bewegung, die mit Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen darauf abzielt, Israels Wirtschaft zu treffen, um so politische Änderungen zu erzwingen. Dies findet breiten Beifall in der palästinensischen Zivilgesellschaft, die darin ein probates Mittel der Politik sieht.
Derweil sehen sich sowohl die israelische Regierung als auch die palästinensische Autonomiebehörde dem Vorwurf ausgesetzt, sie schränkten aus unterschiedlichen Motiven den Handlungsspielraum ihrer Zivilgesellschaft ein. Dabei ist Israel zu Recht stolz auf seine Demokratie und seine Zivilgesellschaft. Doch auf beiden Seiten zeigen die Regierungen keinen ausgeprägten Willen, die versöhnungsbereiten Organisationen zu stützen und Handlungsmöglichkeiten zu gewähren.
In Israel droht die Polarisierung um den Konflikt die Gesellschaft zu zersetzen. Eine Lösung im Palästinenserkonflikt rückt so in immer weitere Ferne. Die menschlichen und wirtschaftlichen Kosten werden größer, das Risiko in der Region wächst. Israel ist zu wünschen, dass es eine offene Debatte um den richtigen Weg führen kann und der Stabilitätsanker in der Region bleibt: politisch und wirtschaftlich!
Der Beitrag erschien am 19. April 2016 in der Rubrik "Gastwirtschaft" der Frankfurter Rundschau (http://www.fr-online.de/gastwirtschaft/nahost-rettet-die-zivilen-kraefte,29552916,34105704.html).