Vom 17. bis zum 20. Oktober kommen in Quito, der am höchsten gelegenen Hauptstadt der Welt, ca. 40.000 Teilnehmende der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zusammen, um sich mit Fragen des Wohnungswesens und der nachhaltigen Stadtentwicklung zu befassen. Dies ist die dritte Habitat-Konferenz, die letzte fand vor 20 Jahren in Istanbul/Türkei und die Habitat I 1976 in Vancouver/Kanada statt.
Weltweit steigende Urbanisierungsraten
Mit den Konferenzen stieg auch die Dringlichkeit, sich mit dem Thema Urbanisierung zu beschäftigen. Spielte bis zur Habitat I das Thema kaum eine Rolle, da noch zwei Drittel der Weltbevölkerung im ländlichen Raum lebten, war bei der Habitat II die weltweite Verschlechterung der Lebensbedingungen von Menschen in Städten zentrales Thema.
Heute schätzen Wissenschaftler, dass 2050 mehr Menschen in Städten leben werden als heute auf unserem gesamten Planeten. Folglich werden die Städte in kürzester Zeit sehr groß werden. Weiterhin wird prognostiziert, dass in den kommenden 35 Jahren die derzeit existierenden urbanen Infrastrukturen verdoppelt werden müssen. Vor diesen Entwicklungen dürfen wir uns nicht verschießen. Im Gegenteil, wir sollten sie annehmen und aktiv mitgestalten. Damit wir unverzüglich die Weichen für sozial gerechte, umweltfreundliche und allem voran zukunftsfähige Städte stellen, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht.
Die New Urban Agenda
Hier in Quito soll nun eine „Neue Urbane Agenda“ (NUA) unter Beteiligung von Regionalregierungen, Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie der Zivilgesellschaft beschlossen werden. Eine Agenda, die den Herausforderungen der stark zunehmenden Urbanisierung gerecht wird und gleichzeitig global bestehende Vereinbarungen, allen voran die Agenda 2030 mit ihren Sustainable Development Goals (SDGs) und das Weltklimaabkommen von Paris ernsthaft angeht und langfristig umsetzt.
Die NUA beansprucht ein zukunfts- und handlungsorientiertes Dokument zu sein, welches globale Standards für nachhaltige städtische Entwicklung setzt und nationalen, regionalen und lokalen Regierungen sowie relevanten Interessensvertretern als Instrument dient. Die Agenda soll weiterhin beim Überdenken etablierter Muster etwa im Bauwesen, beim Energiekonsum oder beim Mobilitätsverhalten hilfreich sein. Letztlich sollen mit ihr neue Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Städte und Siedlungen geplant, finanziert, entwickelt und regiert werden können, mit dem Ziel Armut und Hunger zu beenden, soziale Ungleichheit zu reduzieren und ein kontinuierliches, inklusives und nachhaltiges Wachstum zu unterstützen.
Zu den wesentlichsten Themen, die hier in Quito in zahlreichen Foren diskutiert werden gehören Migration und Flüchtlinge in urbanen Gebieten, das Recht auf Stadt, Klimaschutz, Wohnungsbau, Transport und Mobilität, Energieversorgung und ein nachhaltiges Ressourcenmanagement.
Initiative zur Unterstützung einer nachhaltigen Verkehrswende
Gleich am ersten Tag launchte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die angekündigte Initiative zur Unterstützung einer nachhaltigen Verkehrswende in Metropolen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Im Mittelpunkt der TUMI (Transformative Urban Mobility Initiative) „steht eine sichere und erschwingliche städtische Mobilität, um insbesondere den ärmsten Bevölkerungsschichten Zugang zu Arbeit, Gesundheitsfürsorge und Bildung zu ermöglichen. Denn sie müssen meist in Slums am Stadtrand leben, während Krankenhäuser, Schulen und gut bezahlte Jobs überwiegend in den besser erschlossenen städtischen Bereichen zu finden sind – für Menschen aus Armensiedlungen ohne öffentliche Nahverkehrssysteme oder zumindest sichere Fuß- und Radwege kaum erreichbar“, heißt es in einer Pressemitteilung des BMZ. Auf dem Podium der gut besuchten Veranstaltung saßen Entwicklungsbanken, Capacity-Building-Institutionen, Städte-Netzwerke und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vertreten durch BMZ und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Ob jedoch die Initiative auch bei der eben benannten Zielgruppe ankommt, wird sich zeigen.
Häufig kann beobachtet werden, dass genau die bedürftigen Gruppen der Zivilgesellschaft an Prozessen der Planung solcher Infrastrukturprojekte nicht oder nicht ausreichend beteiligt werden und teure Projekte im schlimmsten Falle zur Umsiedlung und Vertreibung von Slumbewohnerinnen führen können.