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"Wir demonstrieren gegen TTIP, weil es die Armen ärmer machen wird!"

Redebeitrag von Jochen Cornelius-Bundschuh auf der Demonstration gegen TTIP am 10. Oktober 2015 in Berlin.

 

Von Online-Redaktion am

Redebeitrag von Jochen Cornelius-Bundschuh auf der Demonstration gegen TTIP am 10. Oktober 2015 in Berlin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter!

Wir haben uns heute hier versammelt, weil Handelspolitik keine Sache für geheime Verhandlungen ist. Handelspolitik verändert unser Leben, hier und weltweit. Deshalb müssen wir öffentlich darüber reden und streiten. Ich danke Ihnen allen, dass Sie sich auf den Weg nach Berlin gemacht haben, um gegen TTIP und für mehr Gerechtigkeit einzutreten!

Im September hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen 17 „Ziele nachhaltiger Entwicklung“ verabschiedet, die bis 2030 erreicht sein sollen: Das erste heißt: Armut in jeder Form und überall beenden; das zehnte: Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern. TTIP weist genau in die andere Richtung!

Wir demonstrieren heute gegen TTIP, weil es die Armen ärmer machen wird. Wir demonstrieren gegen ein Freihandelsabkommen, das die Ungleichheit zwischen den Ländern des Südens und den reichen Staaten der EU und den USA zementiert. Wir brauchen eine Handelspolitik, die Armut überwindet und den Menschen dient!

Ich spreche hier als Vertreter der Entwicklungsorganisationen, die diese Demonstration unterstützen, im Besonderen von Brot für die Welt, dem Hilfswerk der evangelischen Kirchen. Wir wollen den Blick auf die armen Bevölkerungsmehrheiten in Afrika, Asien und Lateinamerika lenken. Sie sind wie wir durch TTIP betroffen, das ja nicht nur besondere Zollbestimmungen betrifft, sondern nahezu alle Lebensbereiche verändern wird. Aber die Länder des Südens haben keine Möglichkeiten, ihre Interessen zu formulieren und mitzureden. Sie sitzen nicht mit am Tisch, nicht mal am Katzentisch!

Die Europäische Union hat sich verpflichtet, bei allen ihren Entscheidungen nicht nur an sich selbst, an ihre Bürgerinnen und Bürger und an ihre Nationen zu denken. Vielmehr hat sie sich verpflichtet, alle ihre Verträge daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung dienen, das heißt die Kluft zwischen armen und reichen Staaten und Menschen verkleinern und eine faire und ökologische Entwicklung fördern.

Im Blick auf TTIP tut die EU das bisher nicht! Dabei sehen schon erste, kleine Studien erhebliche negative Auswirkungen: Die Menschen in Bangladesch müssen einen Rückgang ihres Realeinkommens um 2 Prozent befürchten, weil unter anderem der Textilsektor dort schrumpfen wird. Was das für Menschen bedeutet, die schon jetzt in extremer Armut leben, wissen Hilfswerke wie Brot für die Welt und ihre Partnerorganisationen vor Ort. Ihnen wollen wir eine Stimme verleihen. Für sie und mit ihnen fordern wir eine faire, gerechte und nachhaltige Handelspolitik!

Genau das leistet TTIP nicht: Die Exporte der industrialisierten Landwirtschaft aus der EU und USA in die Entwicklungsländer werden steigen; die kleinbäuerlichen Produzenten im globalen Süden werden auf ihren einheimischen Märkten zurückgedrängt werden und die bisherigen Erleichterungen für Importe aus Entwicklungsländern in die USA und die EU werden an Bedeutung verlieren.

Wir fordern die EU auf zu prüfen: Welche Auswirkungen hat dieses Abkommen auf Armut und Hunger, auf Bildung und eine integrierte, nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens, besonders auf die Ärmsten der Armen? Wir fordern eine effektive Menschenrechtsklausel: TTIP darf die Menschenrechtslage in der Welt nicht verschlechtern!

Die EU und die USA bleiben mit TTIP dem alten Denken verhaftet. Sie setzen einseitig auf Wirtschaftswachstum und hoffen, dass davon schon irgendetwas auch bei den Armen ankommen wird. Sie versuchen ihre Machtstellung auszubauen und übersehen die Folgen der damit einhergehenden Ungerechtigkeit und Ungleichheit: Unfrieden, Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und fehlende Entwicklungsperspektiven zerstören die Lebensperspektiven von immer mehr Menschen und treiben sie in die Flucht. Wir brauchen nicht mehr Freihandel, sondern mehr Gerechtigkeit und mehr Freizügigkeit!

In diese neue Richtung weisen uns die 17 Ziele einer nachhaltigen Entwicklung: Armut besiegen, Ungleichheit überwinden! Daran werden wir alle politischen Entscheidungen der nächsten 15 Jahre messen!

Oft heißt es: wenn die USA und die EU die Regeln nicht vorgeben, werden es andere Länder wie China tun. Das mag stimmen. Aber TTIP bietet gerade nicht die Standards, die wir wollen und brauchen, wenn unsere Welt als Ganze und für alle lebenswert sein soll: Standards im Blick auf Menschenrechte, auf nachhaltige Entwicklung, auf soziale Dienstleistungen, auf Verbraucher- und Umweltschutz, auf Arbeitnehmerrechte. All diese inhaltlichen und positiven Standards gelten TTIP eher als Handelshemmnisse!

Dagegen treten die entwicklungspolitischen Organisationen wie Brot für die Welt klar für die Rechte der Armen ein und für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung. Wir leben in einer Welt, die nicht uns gehört! Sie ist uns gemeinsam anvertraut, damit wir sie bewahren, für unsere Kinder und Enkelkinder, für die Vielfalt des Lebens auf dieser Erde. Wir sollen und können sie so gestalten, dass alle genug haben!

Das ist unsere Perspektive für eine globale Handelspolitik: Sie ist nur zukunftsfähig, wenn Gerechtigkeit und Menschenwürde für alle ihre Grundlage bilden, wenn sie den Schwachen eine neue, bessere Lebensperspektive eröffnet und wenn sie dazu beiträgt, die Schöpfung Gottes für alle Menschen zu bewahren!

Jochen Cornelius-Bundschuh ist badischer Landesbischof und Vorsitzender des Ausschusses für Entwicklungsdienst und Humanitäre Hilfe von Brot für die Welt.

 

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