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Nachhaltige Entwicklungsziele oder „Global Goals“?

In diesem Gastbeitrag beschäftigt sich Barbara Adams, Entwicklungsexpertin des Global Policy Forums, mit der Frage, inwieweit die Verkürzung des SDG-Begriffes auf den Begriff der Global Goals problematisch ist.

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Gastbeitrag von Barbara Adams, Global Policy Forum, editiert von Daniel Jüttner, Brot für die Welt:

Die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs), die mühsam im Verlauf von zwei Jahren von allen UNO-Mitgliedern unter Beteiligung  von hunderten zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgehandelt worden sind, die ihre Ressourcen und ihre Expertise beisteuerten, wurden urheberrechtlich geschützt. Und zwar von wem, fragen Sie sich? Von der UNO etwa? Aber nein. Sie wurden umbenannt in private Globale Ziele (Global Goals, GGS), und das Copyright besitzt Project Everyone, eine private Gesellschaft mit Sitz in London.

Auf der Webseite www.globalgoals.org beansprucht Project Everyone die 17 Symbole, die nun ihr Eigentum sind und die sie, mit aktiver Mitarbeit von Prominenten und dem UN-Sekretariat, bekannt macht, für sich. Diese Symbole repräsentieren jedes der 17 Ziele, die von den Staats- und Regierungsoberhäupter Ende September als gemeinsame Ziele der Menschheit von heute bis zum Jahr 2030 verabschiedet wurden.  

Eine politische Erklärung aller UNO-Mitgliedsstaaten sollte ein öffentliches Gut darstellen, das von jeder und jedem nutzbar ist. Aber das Kleingedruckte auf der Webseite des Project Everyone erklärt ausdrücklich: “ All Content included on Our Site and the copyright and other intellectual property rights subsisting in that Content, unless specifically labelled otherwise, belongs to or has been licensed by Us.” Dieser Copyright-Schutz schließt klar sowohl die Symbole als auch die Inhaltszusammenfassungen, die zu jedem Ziel verfügbar sind, mit ein.

Die Global Goals Webseite benennt Aviva, Getty Images, Pearson, Sawa, Standard Chartered und Unilever als “Gründungspartner”. Etwa 60 weitere Großunternehmen und Medien werden als sogenannte “delivery partners” aufgeführt, auch 22 Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen gedankt (http://www.globalgoals.org/partners/). Unter diesen 22 sind die Bill und Melinda Gates-Stiftung und die UNO-Stiftung die einzigen Stiftungen, die viele weitbekannte Nichtregierungsorganisationen (wie Oxfam, Amnesty International und Save the Children) neben prominenten UNO-Agenturen (z.B. UNDP, UNICEF, UN Women, UNESCO, UN Department of Public Information), welche seltsamerweise als Nichtregierungsorganisationen aufgeführt werden, auflistet.

Wenn es um mediale Aufmerksamkeit geht, erscheint diese Strategie erfolgreich. Die internationale Presse spricht schon vom “Global-Goals-Gipfel” an der UNO, und die Globalen Ziele (GGs) werden schlicht als vereinfachende Abkürzung und Spitzname betrachtet für die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), der Titel in den offiziellen UNO-Dokumenten. Durch die Verkürzung des Titels geht jedoch das Konzept der “nachhaltigen Entwicklung” völlig verloren.

Aber noch viel mehr geht verloren: Was als notwendige Vereinfachung für Kommunikationszwecke erscheint, führt dazu das noch andere wichtige Konzepte, die für die Universalität der Agenda wichtig sind, unter den Tisch fallen: Bei Ziel zwölf, das laut offizieller Agenda “nachhaltige Verbrauchs- und Produktionsmuster” fordert wird die Überschrift in “Verantwortlicher Verbrauch und verantwortliche Produktion” umgeschrieben. Ziel 16, (Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen), wurde vereinfacht zu “Frieden und Gerechtigkeit, starke Institutionen”. Zugegebenermaßen ist der UNO-Jargon manchmal recht holprig, aber wenn das Wort “inklusiv” zweimal im Titel vorkam, warum soll es nun mit “stark” ersetzt werden? Weckt der Ruf nach “starken Institutionen” dieselben Vorstellungen wie der Ruf nach “inklusiven Institutionen”?

Und in dem viel diskutierten Ziel 17, das sich auf die Mittel zur Umsetzung und den Ruf nach Stärkung “der globalen Partnerschaft  für nachhaltigen Entwicklung” bezieht, also der Partnerschaft zwischen reichen und armen Regierungen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele, wurde überschrieben mit “Partnerschaften zur Erreichung der Ziele”, ohne Erwähnung von “Durchführungsmitteln”, man beachte den Plural ‘, so dass dieser Begriff nun auch viele verschiedene ungleiche und nur lose verantwortliche Verbindungen mit dem privaten Sektor und anderen “Stakeholdern” einschließt.

Natürlich steht es jedem und jeder frei, ein kompliziertes Dokument zu nehmen und es zu “übersetzen”, so dass es von seinem Publikum verstanden werden kann. Aber diese Vereinfachung der Titel ist eine falsche Repräsentation der SDGs an sich. Hochrangige UNO-Vertreter ließen dies nicht nur zu, sondern sie unterstützten es aktiv und nutzten die Ressourcen der Organisation, um die Symbole zu erstellen, und das offizielle UN-Kommunikationsbüro unterstützt ihren Gebrauch und regt an diese zu verwenden.

Sind sich die Mitgliedstaaten bewusst, dass sie eine Kampagne unterstützen, die nicht von der UNO gesteuert wird, wenn sie sich auf Globale Ziele beziehen statt auf die Nachhaltigen Entwicklungsziele?

Sind sich die vielen Nichtregierungsorganisationen und Prominenten, die die Global Goals und die damit verbundenen Aktivitäten unterstützen und sponsern, bewusst, dass es sich dabei um eine private Initiative handelt und nicht um ein globales öffentliches Gut? Selbstverständlich ist es wichtig, dass jeder weiß, worum es sich bei den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) handelt. Eine riesige Kampagne mit Unterstützung durch den privaten Sektor könnte ein Weg sein, der Weltöffentlichkeit die 17 Ziele Nahe zu bringen. Aber diese Ziele gehören der Öffentlichkeit, und die UNO sollte ihren Gebrauch schützen. Weltweite Herausforderungen übermäßig zu vereinfachen entspricht nicht dem Zweck der UNO und spiegelt nicht das delikate und politisch komplexe Gleichgewicht wider, das zur Erstellung der neuen Agenda 2030 nötig war.

Viel mehr als nur ein Buchstabe steht auf dem Spiel bei der Wahl zwischen SDGs oder GGs.  

 

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