Aus Anlass des vierten Gipfeltreffens afrikanischer und europäischer Staats- und Regierungsspitzen am 2. und 3. April in Brüssel fordert Brot für die Welt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, mit den afrikanischen Ländern faire Partnerschaften einzugehen. Das Thema des Gipfels „In Menschen, Wohlstand und Frieden investieren“ sollte in Taten umgesetzt werden. Das evangelische Hilfswerk erwartet von der Kanzlerin, die in Brüssel sein wird, Initiativen zu unterstützen, damit Afrika sich tatsächlich zum Chancen-Kontinent entwickelt, wie es die Afrikastrategie des Bundesentwicklungsministeriums nennt.
Viele afrikanische Länder haben langanhaltende Wachstumsraten und stabile politische Verhältnisse. Die Lebensbedingungen der Menschen verbessern sich. Wachsende Mittelschichten werden zu Abnehmern der Produkte lokaler Kleinerzeuger und der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. „Die EU muss damit aufhören, Afrika Wirtschaftsabkommen aufzudrücken, die den wachsenden lokalen Markt gefährden. Die EU-Staaten sollten auf dem Gipfel einen Neustart der EU Handelsbeziehungen wagen. Die über ein Jahrzehnt andauernden Verhandlungen um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) sollten beendet werden“, so Pfarrer Tolbert Jallah aus Liberia, Generalsekretär des Zusammenschlusses Westafrikanischer Kirchenräte. Er bringt auf dem EU-Afrika-Gipfel die Stimme der afrikanischen Kirchen und Zivilgesellschaft ein.
Die Staats- und Regierungschefs Westafrikas haben erst am 28.März ein zweimonatiges Moratorium vor einer Vertragsunterzeichnung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen beschlossen. Man möchte zunächst die Auswirkungen, die die EPAs auf die westafrikanische Wirtschaft haben werden, gründlich prüfen. Brot für die Welt teilt die Kritik und fordert von der Bundeskanzlerin, sich für einen vorläufigen Stopp der EPA-Verhandlungen einzusetzen.
„Drei Maßnahmen könnten die Chancen für eine lokale Wirtschaftsentwicklung Afrikas sichern: faire Handelsbeziehungen durch eine Öffnung des EU-Marktes auch für verarbeitete Produkte, Schutz von Kleinindustrie und Landwirtschaft vor EU-Billigprodukten und Förderung des innerafrikanischen Handels“, sagt Claudia Warning, Vorstand Internationale Programme und Inlandsförderung von Brot für die Welt. Zudem muss die Zollfreiheit für Länder, die nicht zur Gruppe der ärmsten Staaten gehören, aufrechterhalten bleiben. Sie soll ab Oktober 2014 wegfallen, wenn die Parlamente bis dahin nicht die Handelsabkommen mit der EU ratifiziert haben. Damit würden unter anderem Blumen aus Kenia, Obst aus Ghana oder Fleisch und Fisch aus Namibia mit neuen Zöllen belegt werden. Das würde zwar über 500 Millionen Euro an Zolleinnahmen für die EU bringen, aber die Wirtschaft dieser Länder schwächen und Arbeitsplätze gefährden. Damit würden die Staaten bestraft, die die besten Wirtschaftsprognosen in Afrika haben.
„Die EU nimmt scheinbar nicht wahr, dass auch afrikanische Staatsführer sich immer öfter gegenüber ihren Gesellschaften für ihr Handeln rechtfertigen müssen. Die größere Wachsamkeit von Medien, Gewerkschaften, Kirchen und Zivilgesellschaft zwingt afrikanische Politiker, in ihren Gesprächen mit ihren europäischen Kollegen auch diese Interessen zu berücksichtigen“, so Tolbert Jallah. Die EU sollte also zum Beispiel die westafrikanischen Staatschefs nicht zwingen, die Abkommen de facto ohne Konsultation mit Bevölkerung und Parlamenten zu unterzeichnen.
Brot für die Welt erwartet von der Bundesregierung, dass sie beim EU-Afrika-Gipfel sich dafür stark macht, dass die EU den Ländern Afrikas wirklich langfristig hilft. Das heißt Erreichung der Klimaziele, zivile Konfliktprävention und Unterstützung für Investitionen in Bildung und Arbeitsplätze für Millionen Jugendliche.