Zwischen dem New Yorker Klimagipfel und dem Welttourismustag fand am 23. und 24.09.2014 in Potsdam die Internationale Fachkonferenz Tourismus und Klimawandel in Mitteleuropa -Wissenschaft trifft Praxis, zu der die Hochschule für nachhaltige Entwicklung sowie das Zentrum für nachhaltigen Tourismus einluden.
Der Tourismus ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig vom Klima und anderen natürlichen Gegebenheiten einer Region abhängig. Er gehört damit zu den von den Folgen der Klimaerwärmung potenziell am stärksten betroffenen Branchen. Gleichzeitig jedoch trägt er vor allem durch sein hohes Verkehrsaufkommen, insbesondere durch das dynamische Wachstum im Flugverkehr, selbst zum Treibhauseffekt bei.
Die Konferenz thematisierte speziell die Herausforderungen des Klimawandels, denen sich die Tourismusbranche in den kommenden Jahrzehnten weltweit stellen muss. Dabei gilt es Lösungsansätze zu finden, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht.
Prof. Dr. Manfred Stock vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung verwies auf den fünften Sachstandbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), der die aktuelle Weltklimalage sehr deutlich aufzeigt. Tourismusrelevante Auswirkungen sind vielfältig, beispielsweise gefährdet der steigende Meeresspiegel die Existenz ganzer Inselgruppen und zwingt ihre Einwohner zur Flucht. Vielfach wird auch strandnahe touristische Infrastruktur zerstört, die Reduzierung von Küstenbereichen als Pufferzone zwischen Wasser und Land erhöht die Exposition für Klimakatastrophen. Besonders verstärkt sich der Klimawandel durch die in den Ozeanen vor sich gehenden Veränderungen. Versauerung und Auswirkungen auf die Wetterbildung und damit die Zunahme von Extremwetterlagen sind nur einige Folgen. Stürme, Sturmfluten, Trockenheit, lange Regenzeiten und starke Hitzeperioden wirken sich negativ auf den Tourismus aus. Beispiele dafür kennen wir auch bereits in Deutschland, in anderen Teilen der Welt wird die Bevölkerung aber noch viel unvorbereiteter und extremer getroffen. Vulnerabilität im Tourismus bedeutet nicht nur Gefährdung der touristischen Infrastruktur, sondern auch die Verletzlichkeit der Menschen, die weltweit dafür Sorge tragen, dass Tourismus stattfinden kann.
Es ist es daher unumgänglich Klimaschutzmaßnahmen für den Tourismus zu entwickeln und Anpassungsstrategien zu fördern. Die Konferenz zeigte hierfür Beispiele auf. Prof. Dr. Stefan Gössling von der Universität Lund in Schweden stellte fünf Maßnahmen vor, mit denen Klimaschutz im Tourismus nachhaltig und erfolgreich umgesetzt werden kann.
Dabei sollte zunächst der uneingeschränkte Glaube in Technologieverbesserung, insbesondere im Flugverkehr aufgegeben werden, denn vor dem Hintergrund der steigenden Flugbewegungen werden durch technische Anpassungen keine Reduktionen erreicht werden. Im Gegenteil die absoluten Emissionen steigen. Weiterhin seien Negativbotschaften keine Lösung, Schuldzuweisungen führen maximal zu Konflikten. Es sei dagegen viel wichtiger über positive Botschaften Anregungen und Impulse zu setzen, die einen gesellschaftlichen Wandel einleiten. Ebenfalls kämen geeigneten Sensibilisierungsmaßnahmen, alternativen Technologien und Anreizsystemen zur effizienten Reduzierung von CO2-Emissionen eine hohe Bedeutung zu. Als unumgängliche Maßnahme nannte Gössling die Besteuerung bzw. Verteuerung endlicher, gemeinschaftlicher Güter, wie Energie oder Treib- und Kraftstoffe. Nur so würde ein sparsamerer Umgang mit sämtlichen Ressourcen bzw. eine Reduzierung von Treibhausgasemissionen erreicht werden.
Die Haupthebel zu Emissionseinsparungen im Tourismus liegen im Bereich von Mobilität, Infrastruktur und Beherbergung sowie den Aktivitäten die die Reisenden vor Ort durchführen. Dies spiegelten auch die Einblicke in Praxisbeispiele wieder, die von innovativen und nachhaltigen Mobilitätskonzepten und verschiedensten Energieeinsparmaßnahmen in den Destinationen geprägt waren.
Immer wieder wurde während der Veranstaltung die zentrale Rolle des Tourismus im Themenfeld des Klimawandels betont. Obwohl der Klimawandel nicht mehr negiert werden kann, seine damit verbundenen Gefahren und Auswirkungen bekannt sind und schon heute zahlreiche Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden, wächst der Tourismus scheinbar ungehemmt weiter. Mit ihm wächst der Flugverkehr, der den Ausbau seiner Infrastruktur nach sich zieht. Ebenfalls scheint der Trend zu mehreren Flugreisen im Jahr ungebrochen. Die Aufenthaltszeit in den touristischen Destinationen reduziert sich im gleichen Maße. Gewiss provokativ schloss daher Eke Eijgelaar von der Hochschule Breda in den Niederlanden den Vortragsteil der Konferenz mit der Aussage, dass Tourismusmarketing für globale Märkte in Sachen Klimaschutz kontraproduktiv sei.
Präsentationen und die Zusammenfassungen der Diskussionen werden zeitnah auf der Website der Veranstaltung abrufbar sein: