Der tragische Tod von fünfzehn Migranten, die am 6. Februar von Marokko aus versucht hatten, die spanische Enklave Ceuta zu erreichen, macht erneut deutlich, dass Menschenleben immer noch hinter Grenz-Sicherheitsinteressen zurückstehen müssen.
Rund 400 Migrantinnen und Migranten hatten in einer gemeinsamen Aktion versucht, über den mit Stacheldraht umrankten Grenzzaun bei El Tarajal nach Ceuta zu gelangen. Als die Sicherheitskräfte sie davon abhielten, ertranken die Migranten bei dem Versuch, die Enklave und damit europäisches Territorium schwimmend zu erreichen. Sowohl gegen die marokkanische wie auch gegen die spanische Grenzpolizei besteht der begründete Verdacht der unrechtmäßigen, massiven Gewaltanwendung und völkerrechtswidrigen Zurückdrängung von Migranten, die bereits spanischen Boden erreicht hatten.
Viele überwiegend junge Migranten, die sich ohne Papiere in Marokko aufhalten und auf eine Zukunft in Europa hoffen, hausen in provisorischen Lagern in Wäldern nahe der Grenze zum Mittelmeer. Regelmäßig werden sie Opfer polizeilicher Gewalt, die ihre inoffiziellen Unterkünfte zerstört und auch vor direkter Gewaltanwendung gegen die oft Schutzlosen nicht zurückscheut. Im ganzen Land beklagen Menschenrechtsorganisationen den fehlenden Zugang zu Gerichten, zu medizinischer Versorgung und zu schulischer Bildung für die Kinder von Migrantinnen und Migranten.
Unterstützung von Brot für die Welt
Brot für die Welt unterstützt Partner in Marokko dabei, die prekären Lebensbedingungen der Migrantinnen und Migranten zu verbessern und ihre Not zu lindern. In Rabat, Casablanca und Tanger werden rechtliche und medizinische Beratung angeboten. Und es gibt die Möglichkeit für Migrantinnen, mithilfe von Mikrokrediten ein Kleinstunternehmen aufzubauen und so ein Auskommen und Überleben zu sichern. Denn aufgrund der rigiden und brutalen Außengrenzpolitik Europas und zahlreicher afrikanischer Krisen ist Marokko in den vergangenen Jahren auch zu einem Einwanderungsland für Migrantinnen und Migranten geworden.
Zwar gibt es tatsächlich Anzeichen dafür, dass sich das Land mittlerweile um eine humanere Migrations- und Flüchtlingspolitik bemüht. Der radikale Kurswechsel, der notwendig wäre, um die menschenrechtliche Situation für die oft in unsicheren Verhältnissen lebenden Menschen tatsächlich zu verbessern, ist jedoch nicht abzusehen und wird auch von der EU bisher nicht eingefordert. So profitiert beispielsweise nur ein kleiner Teil, der sich irregulär in Marokko aufhaltenden Migrantinnen und Migranten, von einer im Januar beschlossenen Legalisierungsinitiative.
Übergriffe kommen in Marokko häufig vor
Menschenrechtsverletzungen und rassistisch motivierte Gewalt werden weiter an Migranten und Migrantinnen verübt, unter ihnen viele Schutzbedürftige und Flüchtlinge, die vorwiegend aus anderen afrikanischen Ländern stammen. Die Europäische Union schweigt zu den Berichten über völkerrechtswidrige Abschiebungen von Schutzbedürftigen in die algerische Wüste oder der brutalen Übergriffe gegen Migrantinnen und Migranten.
EU-Mobilitätspartnerschaft mit Marokko – eine Chance für Migrantinnen und Migranten?
Während die im letzten Jahr vereinbarte Mobilitätspartnerschaft zwischen der EU und Marokko von den Vertragsparteien als ein Mittel zur Erleichterung von Mobilität und Migration gepriesen wurde, wird deutlich, dass sich die menschenrechtliche Situation für Migrantinnen und Flüchtlinge in dem nordafrikanischen Land eher verschlechtert, denn verbessert. Zu diesem Schluss kommt auch eine vor Kurzem veröffentlichte Analyse des Menschenrechtsnetzwerks „Euro-Mediterranean Human Rights Network“ (EMHRN), in der aufgezeigt wird, dass Flüchtlinge und Migranten in Marokko erheblichen Risiken ausgesetzt sind.
Die Mobilitätspartnerschaft zielt auf vier Bereiche: die Verbesserung legaler Migrationsmöglichkeiten marokkanischer Bürger in die Europäische Union, die effektive Bekämpfung irregulärer Migration; Maximierung positiver Effekte von Migration auf Entwicklung, sowie schließlich die Förderung und Respektierung der Rechte von Flüchtlingen.Tatsächlich belegen die Analyse und der tragische Tod der fünfzehn Migranten, dass die Mobilitätspartnerschaft bislang lediglich der Vorverlagerung der europäischen Grenzsicherung dient.