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Ein Plädoyer für Umdenken im Tourismus

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Robin Wood, Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) setzen sich seit Jahren für nachhaltige Mobilität und die Begrenzung der klimaschädlichen Wirkung insbesondere des Luftverkehrs ein. Dabei steht auch der Tourismus im Fokus. Anlässlich des 18. Tourismusgipfels des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) formulieren die Verbände und Organisationen nachfolgendes Plädoyer.

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Ein Plädoyer für Umdenken im Tourismus

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Robin Wood, Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) setzen sich seit Jahren für nachhaltige Mobilität und die Begrenzung der klimaschädlichen Wirkung insbesondere des Luftverkehrs ein. Dabei steht auch der Tourismus im Fokus. Anlässlich des 18. Tourismusgipfels des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) formulieren die Verbände und Organisationen nachfolgendes Plädoyer.

Wachstumstreiber Tourismuswirtschaft

Nicht nur die Deutschen sind ein reisefreudiges Volk. Bereits heute werde über eine Milliarde Auslandsreisen jährlich durchgeführt. Die Welttourismus-Organisation (UNWTO) erwartet für das laufende Jahr eine weitere Zunahme um etwa 4,5 Prozent. Unter diesem Szenario gehen UN-Organisationen davon aus, dass mit einer Steigerung der Emissionen durch den Tourismus von über 150 Prozent bis zum Jahr 2035 im Vergleich zu 2005 zu rechnen ist. Die große Herausforderung liegt in den enormen Wachstumsraten des Flugsektors und der Tatsache, dass der Flugverkehr als die am schnellsten wachsende Quelle klimaschädlicher Emissionen gilt. Der Luftverkehrsbericht des Instituts für Flughafenwesen und Luftverkehr am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Jahr 2013 zeigt auf, dass der globale Passagierverkehr während der letzten drei Jahren um 21 Prozent auf 3,1 Mrd. Passagiere gestiegen ist. Der Flugverkehr ist nach dem fünften Sachstandbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) für 5 Prozent der globalen anthropogenen Klimaerwärmung verantwortlich. Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Umweltverbände machen gleichwohl darauf aufmerksam, dass die tatsächliche Klimawirkung aufgrund der über die CO2 Emissionen hinausgehenden negativen Klimawirkung durch Wolkenbildung und andere umweltschädliche Gase und Staub in hohen atmosphärischen Schichten noch deutlich größer ist.

Tourismus als Täter und Opfer des Klimawandels

Der Tourismus ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine intakte Umwelt und gutes Klima in den Reiseländern angewiesen. Nicht nur durch seinen mobilitätsbedingten Beitrag zum Klimawandel, sondern auch durch die gewählten Unterbringungsformen und Aktivitäten am Urlaubsort, ist er nicht nur ein Opfer, sondern auch Täter des Klimawandels. Gleichzeitig ist Reisen ein Privileg für Menschen, die es sich leisten können: in allen Teilen der Welt ist es vor allem die Mittel- und Oberschicht, die reist. Die Folgen des Klimawandels treffen aber besonders die Menschen, die selbst nicht reisen können und oft kaum oder gar nicht vom Tourismus profitieren. Es sind die Menschen in Entwicklungsländern, die von der Landwirtschaft leben und bei Starkwetterereignissen wie Dürren oder Stürmen ihre Nahrungsgrundlage verlieren und Fischerfamilien an den Küsten, deren Lebensgrundlage sich klimabedingt verändert und die vom steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Vulnerabilität im Tourismus bedeutet nicht nur Gefährdung der touristischen Infrastruktur und Verlust von Stränden, sondern auch die Verletzlichkeit der Menschen, die weltweit dafür Sorge tragen, dass Tourismus stattfinden kann.

Zukunftsfähigkeit – auch die der Tourismuswirtschaft – hängt davon ab, dass Emissionen effektiv reduziert werden und sich die Branche mit ihren Unternehmen nachhaltig und klimaschonend entwickelt. Nur so können der Klimawandel und seine Folgen eingeschränkt werden. Dabei ist es nicht nötig, den „Motor abzuwürgen“. Vielmehr ist entscheidend, alternative und faire Mobilitätskonzepte zu stärken und eine Politik zur Emissionsreduzierung und Energieeffizienz einzufordern.

Abbau umweltschädlicher Subventionen

Während umweltschädigende Privilegien, wie etwa die über 10 Mrd. Euro Subventionen für den Luftverkehrssektor vollkommen unerwähnt bleiben, schaltet die Luftverkehrswirtschaft teure ganzseitige Anzeigen, um gegen die ihrer Meinung nach wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen der Luftverkehrsteuer vorzugehen.

Der Subventionsabbau ist eines der Ziele des Koalitionsvertrags der Bundesregierung. Mit der Luftverkehrsteuer und dem europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) existieren zwei ökonomisch sowie umwelt- und klimapolitisch ausgerichtete Instrumente, die durchaus zukunftsweisend sind. Beide gemeinsam helfen derzeit, die Steuerprivilegien des Luftverkehrs um etwa 1 Mrd. Euro zu reduzieren. Dieser kleine aber richtige erste Schritt wird von Umwelt- und Entwicklungsverbänden grundsätzlich begrüßt. Voraussetzung ist jedoch eine grundlegende Reform des EU-ETS, die den gewaltigen Überschuss an Emissionszertifikaten dauerhaft abbaut und einen angemessenen CO2-Preis erzeugt. Erfolgt dies nicht, können nur Maßnahmen wie CO2-Abgaben und Kerosinsteuer eine Lenkungswirkung erzeugen. Ziel sollte ein international verbindliches Abkommen mit klaren Reduktionszielen für den Flugverkehr sein.

Eine weitere Möglichkeit der Steuerung und zum Subventionsabbau bietet die Anhebung der Steuersätze der Luftverkehrsteuer unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten, beispielsweise durch die Besteuerung des gesamten Flugzeuges und nicht einzelner Tickets. Darin sehen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen einen zusätzlichen Anreiz zur effizienten Auslastung der Maschinen. Auch für den Flugverkehr muss das Verursacherprinzip gelten: Wer viel Platz, beispielsweise in den großzügigen Sitzbereichen von Business und First Class, beansprucht und dadurch mehr Treibstoff verbraucht, sollte auch mehr zahlen.

Die Erhebung der Energiesteurer auf Kerosin bei gewerblicher Nutzung oder die Abschaffung der Mehrwertsteuer-Befreiung für internationale Flüge zumindest auf EU-Ebene sind ebenso überfällige Schritte, um die umweltschädliche Subventionierung des Luftverkehrs zu reduzieren. Bei letzterer Maßnahme wäre zudem eine deutliche Lenkungswirkung zu erwarten. Mit einer angemessenen Steigerung der Flugpreise, die unter anderem auch auf die Endverbraucher umgelegt würde, gelänge es, die Wachstumsraten im Kurz- und Mittelstreckenbereich zu reduzieren und Anreize für die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu geben. Bei einer Erhöhung des Aufkommens der Luftverkehrsteuer sollte ein Teil der zusätzlichen Mittel für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Die Verwendung der Steuermehreinnahmen für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern würde einen Beitrag zur globalen Gerechtigkeit bedeuten: Schließlich leiden besonders Menschen in den Ländern des globalen Südens unter den Folgen des Klimawandels – ohne selbst jemals geflogen zu sein. Dies könnte auch die Akzeptanz und Glaubwürdigkeit der Luftverkehrsteuer weiter erhöhen.

Länder wie Frankreich, Großbritannien und Österreich erheben ebenfalls eine Luftverkehrssteuer, so dass auch nicht von einem nationalen Alleingang die Rede sein kann. Die Bundesregierung könnte bei einer differenzierteren Ausgestaltung der Luftverkehrssteuer deutlich mehr als die bisherigen 1 Mrd. Euro generieren. Damit würde zusätzliches Geld zur Verfügung stehen, um neben der Haushaltskonsolidierung auch Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen gegen den fortschreitenden Klimawandel einsetzen zu können.

Die aus dieser ökologischen Lenkungswirkung zu erwartende Emissionsreduktion stützt gleichzeitig das nationale Klimaschutzziel, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Stand 1990 zu reduzieren.

Befürchtungen der Luftverkehrswirtschaft unbegründet

Maßnahmen zum Klimaschutz werden die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrt- und Tourismuswirtschaft nicht gefährden. Entsprechende Studien von Prof. Friedrich Thießen belegen dies. Die Luftverkehrsteuer, die in Deutschland seit 2011 entfernungsabhängig erhoben wird,

  • führt dennoch keineswegs – wie häufig behauptet - zur Abwanderung von Passagieren zu ausländischen Flughäfen oder zu Arbeitsplatzverlusten bei den Luftfahrtunternehmen. Sowohl in 2011 als auch in 2012 nahm die Zahl der Passagiere zu.
  • Erneut konnte die Behauptung, dass die Luftverkehrsteuer zur nachweisbaren Abwanderung von grenznahen deutschen Flughäfen hin zu ausländischen Airports führen würde, empirisch nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, es zeigt sich eine sehr heterogene Entwicklung, teils schon seit Jahren.
  • Die wirtschaftliche Entwicklung von Flughäfen ist abhängig von Größe und Preissegment – es können keine Einbußen durch die Steuer nachgewiesen werden.

Die Entwicklung deutscher Flughäfen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie wurden durch die Steuer nicht beeinträchtigt und folgen langjährigen internationalen Trends.

Mehr politischer Einfluss bedeutet auch mehr Verantwortung

Die Tourismuswirtschaft trägt eine große Verantwortung, hat aber auch eine große Macht. Alljährlich feiert sie sich auch auf dem Tourismusgipfel des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft, der in diesen Tagen in Berlin zum 18. Mal als Branchentreff stattfindet. Berechtigterweise fordert die Tourismuswirtschaft dabei wegen ihrer hohen wirtschaftlichen Bedeutung mehr Aufmerksamkeit von der Politik. Doch gilt es nicht nur ihre wirtschaftliche Bedeutung anzuerkennen, sondern auch ihre ökologische und gesellschaftliche Verantwortung ernst zu nehmen. Hierbei muss die Politik ihre Steuerungskompetenz unter Beweis stellen, um nachweisbare und starke CO2-Reduktionen zu erreichen und klimaschädliche Effekte im Tourismus abzubauen.

 

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